30. Juni 2017
LSG Baden-Württemberg CGZP
Arbeitsrecht

Tarifunfähigkeit der CGZP: Verjährung von Nachforderungen

LSG Baden-Württemberg folgt der Entscheidung des BAG zur Verjährung von Nachforderungen der DRV. Kein bedingter Vorsatz des Geschäftsführers des Personaldienstleisters.

Die Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) lässt die Gerichte auch über 6 Jahre nach dem berühmten Beschluss des BAG vom 14. Dezember 2010 (Az.: 1 ABR 14/10) nicht los.

In einer jüngeren Entscheidung musste sich das LSG Baden-Württemberg mit der Verjährung der von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) für den Zeitraum von Dezember 2015 bis Dezember 2016 per Bescheid festgesetzten Nachforderung befassen. Deren Höhe betrug stattliche EUR 469.000 (Urteil v. 17. Mai 2017 – L 5 R 1109/14).

Berufungsinstanz hebt Bescheid der DRV auf

Im Gegensatz zur Vorinstanz bejahte das Gericht diese Frage und hob den Bescheid der DRV auf. Das LSG Baden-Württemberg lehnte ein vorsätzliches Vorenthalten der Beiträge und damit auch die Einschlägigkeit der verlängerten 30-jährigen Verjährungsfrist ab.

Es sei – so das Gericht – der DRV nicht gelungen, dem Geschäftsführer als der für den Personaldienstleister verantwortlichen Person nachzuweisen, dass dieser zum Zeitpunkt des Ablaufs der regulären vierjährigen Verjährungsfrist zu der sicheren Erkenntnis (bedingter Vorsatz) gelangt sei, dass equal pay auch für die Zeit von Dezember 2005 bis Dezember 2006 zu zahlen gewesen wäre.

Übermitteltes Standardschreiben begründet keinen bedingten Vorsatz

Nach Ansicht des BSG (Urteil v. 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R), der sich das LSG Baden-Württemberg anschließt, begründet insbesondere das im Nachgang zur CGZP-Entscheidung des BAG an die der DRV bekannten Anwender der Tarifverträge der Tarifgemeinschaft übermittelte Standardschreiben keinen bedingten Vorsatz.

Diese sei lediglich geeignet, dem Empfänger das Wissen um die (bloße) Möglichkeit einer Beitragsabführungspflicht für equal pay-Ansprüche zu verschaffen. Dies gelte insbesondere auch für Zeiträume vor dem Beschluss des BAG vom 14. Dezember 2010.

Die gewählten Formulierungen vermittelten selbst aber schon nicht einmal das eigene sichere Wissen der DRV um die rückwirkenden Folgen des BAG-Beschlusses. Vielmehr rücke die Äußerung einer eher abwartenden und zurückhaltenden Tendenz, die Gesichtspunkte der Wahrung eigener Rechte in den Vordergrund.

Nach Auswertung zahlreicher Indizien – kein bedingter Vorsatz

Das LSG Baden-Württemberg greift in seiner aktuellen Entscheidung diesen Gesichtspunkt heraus, geht im Weiteren aber auch auf zahlreiche weitere „Indizien″ ein. Allerdings seien diese allesamt nicht geeignet gewesen, einen bedingten Vorsatz zu begründen.

Das Urteil liest sich insgesamt wie eine „Blaupause″. Diese kann – natürlich immer unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls – herangezogen werden, um zu begründen, dass bis in das Jahr 2011 kein bedingter Vorsatz vorgelegen hat. Dieser wäre aber für die Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist notwendig gewesen.

Insbesondere für Personaldienstleister, die sich nach wie vor in einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit der DRV über die Nachzahlungspflicht von Sozialversicherungsbeiträgen wegen der Tarifunfähigkeit der CGZP befinden, dürfte die Entscheidung aus Baden-Württemberg interessant sein. So kann eine Verjährung der Nachforderung für die Jahre 2005 und 2006 begründet werden.

DRV beruft sich nur noch in Ausnahmefällen auf bedingt vorsätzliches Verhalten des Personaldienstleisters

Freilich ist in der Praxis ebenfalls zu erkennen, dass die DRV im Nachgang zum Urteil des BSG und den dortigen Festlegungen die Frage der Verjährung für die Jahre 2005 und 2006 in der Regel „abschenkt″. Sie scheint sich nur in Ausnahmefällen darauf zu berufen, dass tatsächlich ein bedingt vorsätzliches Verhalten des Personaldienstleisters bzw. der entsprechenden (Vertretungs-)Organe bzw. Entscheidungsträger bis zum 31. Oktober 2010 vorgelegen haben soll.

Vor diesem Hintergrund sind bereits zahlreiche CGZP I-Verfahren einvernehmlich – unter Anerkennung der Verjährung der Nachforderung für die Jahre 2005 und 2006 – beendet oder verglichen worden.

Dieser Beitrag ist angelehnt an einen Artikel der Juni-Ausgabe des „Infobriefs Zeitarbeit“, in dem der Autor jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informiert. Sollten Sie Interesse haben, diesen zu beziehen, schreiben Sie bitte eine kurze E-Mail an: alexander.bissels@cms-hs.com.

Tags: LSG Baden-Württemberg CGZP Tarifunfähigkeit