2. Mai 2012
Kartellrecht

Demnächst alles einfacher beim Unternehmenskauf in Polen? Aktuelle Änderungspläne zum Kartellrecht

Mit fünf Jahren hat man die ersten Kinderkrankheiten hinter sich. Das gilt nicht nur für Menschen, sondern dann und wann auch für Gesetze. Das polnische Kartellamt („Urzqd Ochrony Konkurencji i Konsumentów″ – oder kurz ″UOKiK″) scheint beim nationalen Kartell- und Verbraucherschutzgesetz von 2007 da und dort noch Behandlungsbedarf entdeckt zu haben und hat jetzt entsprechende Änderungen angeregt – auf dass das Kind eine gesunde Jugend erlebe. Für Unternehmen mit kartellrechtlich relevanten Geschäftsinteressen in Polen sollen die erforderlichen Prüfungen in Zukunft schneller und einfacher werden, und auch das Sanktionensystem bei Kartellverstößen soll an einigen wesentlichen Punkten reformiert werden.

Die vom UOKiK angeregten gesetzlichen Änderungen befinden sich noch in einer frühen Bearbeitungsphase und  es bleibt abzuwarten, ob (und gegebenenfalls in welchem Umfang) sich das polnische Parlament auf das fachkundige Votum der Behörde einlässt. Derzeit stellt sich das Kartellamt folgende Reformbereiche vor:

1. Fusionskontrolle in zwei Phasen

Anträge auf Genehmigung eines Unternehmenserwerbs sollen künftig in zwei Phasen geprüft werden: Unkomplizierte Fälle sollen in einer ersten Phase geprüft werden, bei der das Genehmigungsverfahren maximal 30 Tage dauert. Komplizierte Fälle werden in einer zweiten Phase geprüft, die bis zu vier Monaten dauern kann. Dieser Ansatz wird überwiegend positiv bewertet – derzeit dauert ein Genehmigungsverfahren (auch in den mehrheitlich unkomplizierten Fällen von Fusionen in Polen) mindestens zwei Monate. Von den neuen Regelungen erwartet man eine erhebliche Beschleunigung von Unternehmensübernahmen und Fusionen.

2. Bedenken und Vorbehalte während des Genehmigungsverfahrens

Eventuelle Vorbehalte bezüglich einer Fusion sollen in Zukunft einem Antragsteller schon während des Verfahrens mitgeteilt werden. Zur Zeit kann ein Antragsteller erst nach der Beendigung des Verfahrens erfahren, ob und welche Bedenken seitens UOKiKs gegen eine geplante Fusion bestanden.  Durch die geplanten Änderungen sollen eventuelle Bedenken und Vorbehalte früher kommuniziert werden. Der Antragsteller hätte dadurch die Möglichkeit, eine „Verteidigungsstrategie“ auszuarbeiten oder sogar die Transaktionsstruktur (z.B. durch Modifizierung eines Unternehmenserwerbvertrages) zu verändern.

3. Strafreduzierung für Unternehmen, die kartellrechtliche Verstöße dem UOKiK selbst mitteilen („Kronzeugenregelung″)

Ferner ist geplant, die Strafen für die Unternehmen, die dem UOKiK kartellrechtliche Verstöße anzeigen, zu reduzieren. Nach den heutigen Vorschriften können sich die Unternehmen, die dem UOKiK bei der Feststellung von kartellrechtlichen Verstößen behilflich sind, um eine Reduzierung der eigenen Strafe bewerben. Diese Regelung wurde von den Unternehmen jedoch als unbefriedigend empfunden, zumal in den letzten 8 Jahren in lediglich 35 Fällen Strafen tatsächlich reduziert wurden. Die neuen Regelungen sollen dem UOKiK nun eine effizientere Feststellung von unzulässigen Vereinbarungen und sonstigen Verstößen gegen das Kartellrecht ermöglichen. Zudem wird erwartet, dass die Unternehmen in Zukunft häufiger mit dem UOKiK zusammenarbeiten werden, um Strafen für eigene kartellrechtliche Verstöße zu mindern.

4. Freiwillige Unterwerfung unter eine Strafe

Eine weitere Neuerung stellt die Möglichkeit einer freiwilligen Unterwerfung unter eine Strafe dar. Die Strafen für die Unternehmen, die diese Möglichkeit in Anspruch nehmen, werden um 10% reduziert. Gleichzeitig wird allerdings ein Widerspruch gegen Entscheidung des UOKiK ausgeschlossen. Es wird erwartet, dass die neuen Regelungen die Verfahrensdauer bei kartellrechtlichen Verstößen erheblich verkürzen.

5. Finanzielle Strafen für Management

Nach bisher geltendem Recht werden ausschließlich Unternehmen mit Geldstrafen für kartellrechtliche Verstöße belangt. Strafen für einzelne Personen aus dem Management sind  selten und kommen nur dann vor, wenn die betroffene Person dem UOKiK z.B. falsche Auskünfte gibt bzw. Anordnungen des UOKiK nicht erfüllt. Dies soll nun geändert werden, um die Möglichkeit zur Bestrafung einzelner Personen zu schaffen.

Die vom UOKiK gewünschten gesetzlichen Änderungen befinden sich in einer frühen Bearbeitungsphase – sie müssen noch durch das polnische Parlament und den Präsidenten verabschiedet und veröffentlicht werden.

CMS Warschau ist mit rund 150 Anwälten eines der großen internationalen Büros in Polen, Mittel- und Osteuropa. Unser Autor Bogdan Duda ist Mitglied des dortigen German Desk mit 10 Rechtsanwälten und Juristen, der Mandanten in nahezu allen Bereichen des Wirtschaftsrechts auch in deutscher Sprache berät.

In unserer Serie „CMS in Central and Eastern Europe“ berichten unsere Büros aus Mittel- und Osteuropa regelmäßig über aktuelle Themen vor Ort.

Tags: CEE Fusionskontrolle Gesetzgebung Kartell- und Verbraucherschutzgesetz Kartellamt Kronzeugenregelung Polen UOKiK