Die steuerliche Belastung durch Grunderwerbsteuer wird im Rahmen der Vermögensnachfolge nicht selten unterschätzt. Eine sorgfältige Planung ist zur Vermeidung von steuerlichen Doppelbelastungen entscheidend.
Im Rahmen der Vermögensnachfolge ist den Beteiligten eine mögliche Belastung durch Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer wohl bewusst. Weniger im Fokus der Überlegungen steht häufig eine weitere mögliche steuerliche Belastung – die Grunderwerbsteuer bei Übertragung des Vermögens. Jedoch ist diese durchaus wirtschaftlich von Bedeutung: Der Grunderwerbsteuersatz beträgt bis zu 6,5 Prozent des Immobilienwerts.
Auch stellen in vielen Nachlässen (bzw. Vermögensübertragungen zu Lebzeiten) Immobilien einen wichtigen wertbildenden Faktor dar. Zu bedenken ist insbesondere, dass nicht nur unmittelbarer Immobilienbesitz von einer etwaigen Grunderwerbsteuerpflicht betroffen sein kann, sondern auch Immobilien, die mittelbar über Gesellschaften gehalten werden. Gerade in diesen Fällen ist eine wirtschaftliche Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer (oder Schenkungsteuer) und Grunderwerbsteuer möglich und sollte im Rahmen der Nachfolgeplanung berücksichtigt werden.
Grunderwerbsteuerentstehung im Rahmen der Vermögensnachfolge
Die Grunderwerbsteuer ist eine Verkehrssteuer. Sie besteuert den Erwerb eines in Deutschland belegenen Grundstücks (oder auch eines Erbbaurechts oder eines Gebäudes auf fremden Grund und Boden). Im Falle des Vererbens oder Verschenkens einer Immobilie unterliegt dieser Vorgang somit zunächst einmal der Grunderwerbsteuer.
Im Falle eines Eigentumsübergangs von Todes wegen ist dies regelmäßig nach § 1 (1) Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) der Fall, d.h. der Eigentumsübergang auf den Erben ist für die rechtliche Steuerentstehung maßgeblich. Eine Schenkung unterliegt nach § 1 (1) Nr. 1 GrEStG als das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet, der Schenkungsteuer.
Greifen keine Steuerbefreiungsvorschriften ein, bemisst sich die Grunderwerbsteuer bei unentgeltlichen Erwerben mangels eines Kaufpreises oder einer sonstigen Gegenleistung nach dem Wert der Immobilie gemäß § 8 (2) Satz 1 Nr. 1 GrEStG nach dem sog. „Grundbesitzwert“ (§ 151 (1) Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 157 (1 bis 3) Bewertungsgesetz (BewG)). Das zugrundeliegende gesetzliche vorgeschriebene Bewertungsverfahren strebt als Ergebnis den tatsächlichen Marktwert des Grundstücks an. Ziel ist es somit, den gesamten Wert des Grundstücks der Besteuerung zuzuführen. Bei einem teilentgeltlichen Grundstückserwerb, wie er beispielsweise im Rahmen einer Schenkung unter einer Auflage vorliegen kann, blieben hingegen der Wert der erbrachten Gegenleistung die Bemessungsgrundlage, auf deren Basis Grunderwerbsteuer festgesetzt wird.
§ 3 Nr. 2 GrEStG: Eine Steuerbefreiung und ihre Grenzen
Eine Vorschrift, die für das systematische Nebeneinander der Grunderwerbsteuer und der Erbschaft- und Schenkungsteuer von zentraler Bedeutung ist, ist § 3 Nr. 2 GrEStG. Danach ist der Grundstückserwerb von Todes wegen und durch Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes von der Grunderwerbsteure befreit. Schenkungen unter einer Auflage unterliegen hingegen der Besteuerung hinsichtlich des Werts solcher Auflagen, die bei der Schenkungsteuer abziehbar sind.
Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG gilt für alle Grundstückswerbe, die zugleich Erwerbe von Todes wegen oder schenkungsteuerpflichtige Vorgänge nach dem Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz sind. Sie greift nach § 3 Nr. 2 GrEStG auch dann ein, wenn der Grundstückserwerb von Todes wegen bzw. die Grundstücksschenkungen unter Lebende nicht zu einer tatsächlichen Besteuerung führt (z.B. weil dies Freibeträge oder Steuerbefreiungen verhindern). Es reicht demnach das Vorliegen einer abstrakten Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerpflicht aus.
Die Grunderwerbsteuerbefreiung erfasst beispielsweise auch vermachte Grundstücke. Dies gilt aber nur dann, wenn das Vermächtnis selbst einen Übereignungsanspruch begründet. Vorsicht ist daher bspw. dann geboten, wenn testamentarisch ein Ankaufsrecht vermacht wird; dessen Erfüllung kann grunderwerbsteuerpflichtig sein.
Ebenfalls nicht von der Steuerbefreiung erfasst ist es, wenn ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht und dieser durch die Übertragung eines Grundstücks aus dem Erbe (an Erfüllung statt) befriedigt wird. Der geltend gemachte Pflichteilanspruch ist ein auf Geld gerichteter Anspruch, was nach der Rechtsprechung schädlich für die Befreiung sein soll. Anders soll es sich hingegen verhalten, wenn auf den Pflichtteilsanspruch vor Geltendmachung gegen Abfindung verzichtet wurde und die Grundstücksübertragung als Abfindung erfolgt. Gelingt es solche Interessenlagen und Ansprüche im Vorhinein durch eine entsprechende Pflichtteilsverzichts- und Abfindungsregelung vorausschauend zu regeln, kann also die Grunderwerbsteuer in diesem Fall ebenfalls bei Übertragungen von Grundstücken vermieden werden.
Anteilsbesitz an Gesellschaften mit Grundstücken
Besondere Schwierigkeiten bereiten im Rahmen der Vermögensnachfolge Gesellschaftsanteile, wenn die betreffenden Gesellschaften (ggf. auch mittelbar) deutschen Grundbesitz halten. Die Grunderwerbsteuer erfasst bei Kapitalgesellschaften sogenannte „Anteilsvereinigungen“, wenn diese dazu führen, dass mindestens 95 Prozent der Anteile an einer Gesellschaft mit deutschem Grundbesitz in der Hand einer Person vereinigt werden.
Ein Beispiel:
Der Onkel O stirbt und hinterlässt seinem Neffen als Alleinerben N 40 Prozent der Aktien an Aktiengesellschaft A. N hatte bereits zuvor 5 Prozent dieser Aktien anderweitig entgeltlich erworben. Die Aktiengesellschaft hält deutschen Grundbesitz. In diesem Beispiel tritt bei N eine grunderwerbsteuerbare Anteilsvereinigung für sämtlichen deutschen Grundbesitz der A ein. Bemessungsgrundlage ist auch in diesen Fällen der sog. Grundbesitzwert.
Auch in diesen Fällen kommt die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG in Betracht; ihre Anwendung ist nicht etwa wegen dem fehlenden unmittelbaren Grundstücksbezug ausgeschlossen. Obwohl für die Grunderwerbsteuer im vorliegenden Beispielsfall nur das Erreichen der 95 Prozentgrenze maßgeblich ist und man damit auch eine vollständige Grunderwerbsteuerbefreiung rechtlich rechtfertigen könnte, kommt es hierzu nach der Rechtsprechung des BFH nicht. Vielmehr bedarf es einer genauen Betrachtung aller Anteilsübertragungen, die unter Umständen im Laufe vieler Jahre, zu der letztlich dann grunderwerbsteuerpflichtigen Anteilsvereinigung beigetragen haben. Nur insoweit, wie diese entsprechend unentgeltlich erfolgten und zu diesem Zeitpunkt die entsprechenden Grundstücke auch bereits dem Vermögen der betreffenden Gesellschaft zuzurechnen waren, greift die Steuerbefreiung. Es kommt in diesen Fällen also lediglich zu einer quotalen Grunderwerbsteuerfreiheit.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung würde die begünstigte Quote im vorliegenden Beispielsfall zusätzlich dadurch gemindert, dass lediglich 95 Prozent der Anteile überhaupt von N erworben wurden, jedoch auf 100 Prozent des Grundbesitzwertes Steuer anfällt.
Gemäß § 1 (2a) GrEStG unterliegen (ggf. auch mittelbare) Gesellschafterwechsel an einer Personengesellschaft mit deutschem Grundbesitz dann der Grunderwerbsteuer, wenn innerhalb von fünf Jahren durch diese mindestens 95 Prozent des Vermögens der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergeht. Werden Gesellschafterwechsel durch Schenkungen von Anteilen an der betreffenden Personengesellschaft bewirkt und entsteht hierdurch ein Besteuerungstatbestand nach § 1 (2a) GrEStG, wird die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG insoweit gewährt, als die Änderung im Gesellschafterbestand auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruht.
Nach § 3 Nr. 6 GrEStG ist der Erwerb eines Grundstücks durch Verwandte in gerader Linie, Stiefkinder sowie durch Ehegatten dieser Personen ist von der Grunderwerbsteuer befreit. Auch bezüglich der Anwendung dieser Steuerbefreiung bestehen bei dem Tatbestand der grunderwerbsteuerrechtlichen Anteilsvereinigung besondere Schwierigkeiten. Werden bspw. Anteile an einer Gesellschaft mit deutschen Immobilien verschenkt und führt diese Schenkung dazu, dass sich die Anteile erstmals in einer Person zu mindestens 95 Prozent vereinigen, so wird grunderwerbsteuerlich ein Grundstückserwerb dieser Person von der grundstückshaltenden Gesellschaft fingiert. An dieser Fiktion hält die Rechtsprechung für Zwecke der Auslegung von § 3 Nr. 6 GrEStG fest, was in vielen Fällen deren Nicht-Anwendbarkeit zur Folge hat, weil es an an dem entsprechenden Verwandtschaftsverhältnis zur Gesellschaft fehlt. Anders verhält es sich hingegen bei Anteilen, die bereits beim Erblasser oder beim Schenker zu mindestens 95 Prozent vereinigt sind und als solche vereinigten Anteile als Ganzes auf einen Erwerber übertragen werde. In solchen Fällen wird grunderwerbsteuerlich eine Grundstücksübertragung zwischen Erblasser (bzw. Schenker) und Erben (bzw. Beschenktem) fingiert und es kann ggf. auf das entsprechende Verwandtschaftsverhältnis abgestellt werden.
Es lohnt sich, die Grunderwerbsteuer bei Übertragung von Vermögensanteilen im Blick zu haben
Wie an den angeführten Beispielen deutlich wird, ist die Grunderwerbsteuer bei der Vermögensnachfolge steuerplanerisch unbedingt zu berücksichtigen. Bei sorgfältiger Planung wird man Belastungen mit Grunderwerbsteuer bei Übertragung von Vermögensanteilen sogar gänzlich vermeiden können. Die von Zeit zu Zeit anzutreffende landläufige Meinung, dass beim Vererben oder Verschenken „ohnehin alles grunderwerbsteuerfrei ist“, mag vielleicht in einfach gelagerten Fällen zutreffend sein. Sobald jedoch die Vermögensstruktur deutschen Grundbesitz (ggf. auch mittelbar) umfasst, wird man bei komplexen Verhältnissen immer auch die Grunderwerbsteuer im Blick haben müssen. Die gute Nachricht ist, dass sich dieser Blick regelmäßig lohnt, da belastbare Steuerersparnisse erzielt werden können.
Die Übersicht zur Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt ist der erste Beitrag unserer Serie zu Immobilien in der Nachfolge. In weiteren Beiträgen befassen wir uns mit der Immobilienbewertung im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, der Steuerbefreiung des Familienheims und der Strukturierung und Übertragung von Immobilienvermögen. Zuletzt sind wir auf die Besteuerung des Familienpools mit Immobilien und Verschonungsregelungen für Wohnungsunternehmen eingegangen.