Mit dem novellierten EEG 2021 versucht der Gesetzgeber, dem Mieterstrommodell neues Leben einzuhauchen. Dies ist jedoch nur teilweise gelungen.
Das Fördermodell des Mieterstroms ist seit dem Mieterstromgesetz (Gesetz zur Förderung von Mieterstrom und zur Änderung weiterer Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, BGBl. I S. 2532) aus dem Jahr 2017 fester Bestandteil des EEG. Im Grundsatz liefert hierbei der Betreiber einer Photovoltaikanlage, die auf dem Dach eines Wohngebäudes installiert ist (z.B. der Vermieter) Strom an die jeweiligen Mieter; überschüssiger Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist. Für den an die Mieter veräußerten Strom erhält der Anlagenbetreiber den mit dem Mieter vereinbarten Strompreis plus einen gesetzlich festgelegten Förderbetrag, der Reststrom kann nach allgemeinen Regelungen über das EEG vermarktet werden.
Dieses Mieterstrommodell soll in seiner Grundkonzeption diejenigen Bürger an der Energiewende teilhaben lassen, die sich selbst keine Photovoltaikanlage zur Eigenversorgung leisten können oder im Gegensatz zum Vermieter nicht die Möglichkeit haben, eine Photovoltaikanlage zu errichten – gewissermaßen eine Demokratisierung der Energiewende.
Fördermittel für Mieterstrom kaum abgerufen
Bisher wurde das jährliche Fördervolumen von 500 MW, das jährlich für das Mieterstrommodell vorgesehen war (§ 23b Abs. 3 S. 1 EEG 2017, nunmehr § 23c Abs. 2 S. 1 EEG 2021), nur zu einem Bruchteil abgerufen. Hieran zeigte sich für den Gesetzgeber deutlich, dass die geltende Förderstruktur eine Investition in private Photovoltaikanlagen für Vermieter kaum wirtschaftlich attraktiv machte.
EEG-Novelle soll neue Investitionsanreize für Vermieter schaffen
Abhilfe soll nun die Novellierung des EEG schaffen, die zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist. Die Novelle konzipiert dabei das Mieterstrommodell nicht neu, sondern nimmt lediglich Modifizierungen an bestehenden Anreizstrukturen vor.
Dreh- und Angelpunkt des Mieterstrommodells ist der Mieterstromzuschlag, den der Betreiber einer Mieterstromanlage für jede an den Mieter gelieferte Kilowattstunde Strom erhält. Dieser wurde nunmehr erhöht und beträgt je nach Anlagengröße zwischen 2,37 Ct/kWh und 3,79 Ct/kWh (§ 21 Abs. 3 i.V.m. § 48a EEG 2021). Zudem hängt er vom Datum der Inbetriebnahme der Anlage und dem Gesamt-Photovoltaik-Zubau (sog. atmender Deckel, vgl. § 49 Abs. 1 S. 1, 2 EEG 2021) ab. Er wird, wie alle Förderinstrumente nach dem EEG, über die EEG-Umlage (bzw. oberhalb der neuen Begrenzung der EEG-Umlage durch die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung) refinanziert.
Unmittelbare finanzielle Anreize für Vermieter setzen zudem die Berücksichtigung von Mieterstrom im Rahmen der unionsrechtlich geprägten Vorgaben für die Gebäudeeffizienz (§ 23 Abs. 1 Gebäudeenergiegesetz – GEG) sowie neben der bereits bestehenden Befreiung von der Stromsteuer (§ 9 Abs. 1 3 lit. b) StromStG) auch die geplante Entlastung von der Gewerbesteuer. Letztere ist dabei nicht zu unterschätzen, da zuvor die Gewerblichkeit des Verkaufs von Strom an die Mieter die Vermietungstätigkeit an sich gewerbesteuerpflichtig machte.
EEG-Novelle ermöglicht Lieferkettenmodell für Mieterstrom
Schließlich sind auch administrative Hürden für den Mieterstrom jedenfalls teilweise abgebaut worden. Es ist nunmehr ausdrücklich nicht mehr erforderlich, dass Vermieter und Stromlieferant personenidentisch sind. Der Vermieter kann gem. § 21 Abs. 3 S. 1 EEG 2021 die Durchführung der Stromlieferung also an einen Dritten auslagern (sog. Lieferkettenmodell), ohne um die Förderfähigkeit der Anlage fürchten zu müssen. Die damit verbundene Möglichkeit einer Delegierung des sonstigen energiewirtschaftlichen Pflichtenkatalogs, also insbesondere der Abrechnungs- und Kennzeichnungspflichten (§§ 40 ff. EnWG) sowie der Verpflichtung zur Installation und Betrieb eines intelligenten Messsystems (§ 9 Abs. 1 S. 1 EEG i.V.m. den Vorschriften des Messstellenbetriebsgesetzes – MsBG) macht das Mieterstrommodell für viele Vermieter erst realisierbar.
Zudem müssen die Stromerzeugung durch die Photovoltaikanlage und der Verbrauch durch den Mieter nicht mehr in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zueinander erfolgen (vgl. § 21 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EEG 2017). Es reicht aus, wenn sich Ausgabe- und Entnahmestelle im selben Quartier befinden (§ 21 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EEG 2021). Um eine echte Erweiterung des Handlungsspielraums für Vermieter handelt sich hierbei – ungeachtet der bereits begonnenen Diskussion um die unklare Auslegung des Quartiersbegriffs – allerdings nicht. Denn der räumliche Zusammenhang bleibt in anderen Rechtsbereichen, beispielsweise im Stromsteuerrecht, relevanter Anknüpfungspunkt.
Belastung mit Abgaben und Umlagen bleibt im Mieterstrommodell bestehen
Es hätte jedoch einiger grundlegenderer Weichenstellungen bedurft, um dem Mieterstrommodell durch die EEG-Novellierung neuen Schwung zu verpassen. Dazu wäre nicht einmal zwingend eine Abschaffung der Begrenzung aus § 42a Abs. 4 S. 1 EnWG notwendig, die den Mieterstromtarif auf 90 % des in dem jeweiligen Netzgebiet geltenden Grundversorgungstarifs begrenzt. Denn dieser liegt – wie der Monitoringbericht 2020 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt erneut verdeutlicht – ohnehin deutlich über dem Marktpreis für Strom. Dem Mieterschutz kann und sollte also weiterhin vor der Förderung der Energiewende der Vorrang eingeräumt werden.
Allerdings hätte der Gesetzgeber gut daran getan, indirekte Investitionsanreize durch die Begrenzung der Abgaben und Umlagen für den Vermieter zu setzen. Das Mieterstrommodell unterliegt nämlich in vollem Umfang (d.h. bezüglich des an den Mieter gelieferten sowie bezüglich des in das Netz eingespeisten Reststroms) der EEG-Umlage, da der Lieferant als Elektrizitätsversorgungsunternehmen gem. § 3 Nr. 20 EEG 2021 zur Zahlung der EEG-Umlage gem. § 60 Abs. 1 S. 1 EEG 2021 verpflichtet ist.
Eine Begrenzung bzw. Befreiung von der EEG-Umlage anstatt einer Förderung über den Mieterstromzuschlag wäre, parallel zu den Vorschriften zur Eigenversorgung (vgl. § 61b EEG 2021), durchaus möglich gewesen. Dies dürfte auch beihilfenrechtlich unbedenklich sein, zumal die EU-Kommission die Notwendigkeit einer verbraucherfreundlichen Energiewende ausdrücklich betont und das Mieterstrommodell eine Marktintegration der Strom verbrauchenden Mieter unmittelbar fördert. Da die EEG-Umlage nach wie vor einen signifikanten Teil des Strompreises ausmacht, hätte eine diesbezügliche Privilegierung des Mieterstrommodells genau den entscheidenden Beitrag zur Amortisation der Anfangs- und Betriebsinvestitionen in eine Mieterstromanlage leisten können, den der Mieterstromzuschlag nicht zu leisten vermag.
Mieterstrom weiterhin ein Nischenprodukt – alternative Vermarktung bleibt jedoch möglich
Das Mieterstrommodell wird daher voraussichtlich auch unter dem EEG 2021 ein Nischenprodukt bleiben und keinen entscheidenden Beitrag zum effektiven Ausbau der Solarenergie in Deutschland leisten. Nicht nur Betreibern von Projekten, die die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Mieterstromzuschlags aufgrund der Anlagengröße oder wegen der fehlenden erforderlichen (anteiligen) Wohnraumnutzung (§ 21 Abs. 3 S. 2 EEG 2021) nicht erfüllen, stehen aber andere Vermarktungsoptionen offen. Eine Photovoltaikaufdachanlage kann auch über die reguläre EEG-Förderung, über ein Power Purchase Agreement (PPA) oder mittels einer Verpachtung der Anlage an den Mieter unter Nutzung des Eigenversorgungsprivilegs (§ 61b EEG 2021) vermarktet werden. Die Wahl des entsprechenden Modells hängt unter anderem von der jeweiligen Größe und Konzeption des Projektes ab.
Insgesamt dennoch Aufschwung im PV-Bereich zu erwarten
Insgesamt ist trotz der wenig vielversprechenden Aussichten für den Mieterstrom nach Inkrafttreten des EEG 2021 mit einer Steigerung der Investitionsbereitschaft in Photovoltaikaufdachanlagen zu rechnen. Mit der Einführung der getrennten Ausschreibungen für Solaranlagen des zweiten Segments (§§ 38c ff. EEG 2021) und der Erhöhung der Kapazitätsgrenze auf 20 MW (§ 38c Abs. 2 EEG 2021) wurden wichtige Voraussetzungen für entsprechende Großprojekte geschaffen. Damit sich ungenutzte Potenziale, die insbesondere auf Dächern von Gewerbeimmobilien vielfach bestehen, künftig im Sinne der Energiewende voll entfalten können, wird der Gesetzgeber aber an diversen Stellen nachjustieren müssen.
Wünschenswert wäre dabei insbesondere eine Beseitigung rechtlicher Hürden für Pachtmodelle. Diese sind vielfältig und liegen beispielsweise in den energierechtlichen Anforderungen an die Anlagenbetreibereigenschaft (§ 3 Nr. 19 EEG 2021), aber auch in der Finanzierungsfunktion der Anlagenpacht in Verbindung mit den Vorschriften des Finanzaufsichtsrechts. Man darf gespannt sein, wie sich der Rechtsrahmen insofern weiterentwickelt.
In der Serie „Environment and Climate Change″ sind wir eingegangen auf neue Gesetze im Energierecht, den Inhalt des 12. Deutschen Energiekongresses, haben uns mit dem Mieterstrom, mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes und der H2O-Politik und der Herstellerhaftung in Russland befasst sowie die Konsultation und das Feedback zur BNetzA-Konsultation Wasserstoffnetze dargestellt. Weiter beschäftigt haben wir uns mit der Wasserstoffstrategie, der Einwegkunststoffverbotsverordnung sowie dem „Green Deal„.