Wir geben einen Überblick zu der Greenwashing Rechtsprechung, zu Maßnahmen der BaFin und zeigen auf, welche Vorbereitungen mit Blick auf die Green Claims Directive zu treffen sind.
Greenwashingvorwürfe gegenüber Finanzmarktteilnehmenden nehmen zu. Zu diesem Ergebnis kam eine quantitative Analyse im Auftrag der europäischen Aufsichtsbehörden (ESA’s).
Diese Zunahme an Greenwashingvorwürfen spiegelt sich auch bereits durch eine steigende Anzahl anhängiger Verfahren vor deutschen Zivilgerichten wider. Deutsche Verbraucherschutzverbände kritisieren immer häufiger täuschende umweltbezogene Argumente im Finanzsektor und gehen im Rahmen ihrer Verbandsklagebefugnis auch zunehmend gerichtlich dagegen vor.
Werbung mit Umweltaussagen bei Kapitalanlagen
Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) regelt ein Verbot irreführender Werbung. Bei Umweltwerbung wird vom BGH ein strenger Maßstab im Hinblick auf Unmissverständlichkeit der Aussage und Aufklärungspflicht angelegt. Auch im Zusammenhang mit Geldanlagen wurde Werbung mit Nachhaltigkeit bereits von Zivilgerichten auf Grundlage des UWG für unzulässig erklärt.
Eine Vermögensverwaltungsgesellschaft wurde im letzten Jahr vom Landgericht Berlin (Az: 101 O 68/22) zu einer Unterlassungserklärung verurteilt (nicht rechtskräftig), weil sie mit einer besonderen Nachhaltigkeitsstrategie geworben hatte, jedoch im Abfrageprozess zur persönlichen Anlagestrategie dem Verbraucher ein Produkt empfahl, das nicht der Nachhaltigkeitsstrategie unterfiel, ohne auf diesen Umstand transparent hinzuweisen.
Das LG Stuttgart (Urteil v. 31. Januar 2022 – 36 O 92/21 KfH) hatte sich als erstes deutsches Gericht mit den Voraussetzungen für Werbung durch Umweltaussagen im Hinblick auf Kapitalanlagen befasst und Werbeaussagen eines Fondsmanagers für seinen Publikumsfonds als unlauter im Sinne des UWG und damit für unzulässig erklärt.
Der Fondsanbieter hatte einen CO2-Rechner auf seiner Website angeboten und damit geworben, dass durch eine Investitionssumme in Höhe von EUR 10.000 in den Fonds der persönliche CO2-Fußabdruck des Anlegenden um 3,5t reduziert bzw. ausgeglichen werden könne. Diese Werbung mit einer positiven ökologischen Wirkung der Reduzierung eines ungefähr errechneten CO2-Fußabdrucks gekoppelt an eine Investitionssumme betrachtete das Gericht als irreführend. Das Gericht führt in seiner Urteilsbegründung aus, dass Verbraucher die angegebenen Werte als fixe Werte begreifen, die jedenfalls nicht unterschritten werden, während es sich tatsächlich lediglich um Zielwerte handelt, die auch erheblich unterschritten werden können.
Bereits diese beiden Entscheidungen verdeutlichen, dass Finanzmarktteilnehmende sich nicht auf die pauschale Nutzung von Umweltschutzbegriffen beschränken sollten, sondern vielmehr auf Transparenz und Klarheit im Zusammenhang mit Umweltaussagen setzen und sämtliche Informationen zur Verfügung stellen sollten, die für Investitionsentscheidungen von Anlegenden relevant sind.
Sustainable Finance Strategie der BaFin
Auch die BaFin hat die Gefahren von Greenwashing u.a. für das Vertrauen von Verbrauchern in den Markt für nachhaltige Investitionen seit einigen Jahren im Visier.
2021 hatte sie einen Entwurf einer Richtlinie für nachhaltig ausgestaltete Investmentvermögen zur Konsultation gestellt. Der Entwurf sollte eine Lücke in der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) füllen und regelt Mindestanforderungen, wie Kapitalverwaltungsgesellschaften ihre als nachhaltig (zum Beispiel grün, sustainable oder ESG) bezeichneten oder als „explizit nachhaltig“ vertriebenen Publikumsinvestmentfonds ausgestalten müssen. Zwar stellte die BaFin den Entwurf nach eigener Mitteilung vor dem Hintergrund der dynamischen regulatorischen energie- und geopolitischen Lage zurück, legte die Vorgaben jedoch ihrer Verwaltungspraxis zugrunde. Mit Inkrafttreten der kürzlich in finaler Fassung veröffentlichten ESMA Leitlinien zur Nutzung von ESG-Begriffen im Fondsnamen wird die BaFin die ESMA Vorgaben übernehmen.
Zudem hat die BaFin im Rahmen ihrer 2023 verkündeten Sustainable Finance Strategie Greenwashing Prävention und Kontrolle als ihren Aufsichtsschwerpunkt erklärt und schöpft im Zusammenhang mit der Sustainable Finance Regulierung zunehmend ihre Aufsichtsbefugnisse aus.
Das Sustainable Finance Gesetzgebungspaket der EU enthält u.a. mit der SFDR, der Taxonomie-VO, der Delegierten VO zu MiFID II, der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und dem EU Green Bond Standard Spezialregelungen, die auf Produkt und/oder Unternehmensebene alle das Ziel haben, Transparenz in Sachen Nachhaltigkeit zu fördern und Greenwashing zu unterbinden.
Überprüft wird von der BaFin, z.B. ob Transparenz- und Offenlegungspflichten unter der SFDR erfüllt werden und auch, ob Marketingmitteilungen ggf. diesen Offenlegungspflichten widersprechen. Zudem wird die Bilanzkontrolle der Bafin die Einhaltung der CSRD-Transparenzpflichten überwachen. Daneben erwartet die BaFin im Anwendungsbereich der MaRisk, dass die Geschäftsleitung eine ökonomisch nachhaltige Geschäftsstrategie festlegt, in welcher die Ziele des Instituts für jede wesentliche Geschäftsaktivität sowie die Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele dargestellt werden. Über die Geschäftsstrategie und der daraus folgenden Risikostrategie findet die Vorgabe dann ihren Weg in die Ablauforganisation, welche im Rahmen von internen und externen Prüfungen auch bei LSI seit der Prüfungssaison 2022 geprüft werden.
Green Claims Directive
Daneben arbeitet die EU an der Green Claims Directive (GCD), durch die Standards für die Nutzung von umweltbezogenen Aussagen für Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen geschaffen werden sollen. Der EU-Rat und das EU-Parlament haben dazu eine vorläufige politische Einigung erzielt. Ob es zu einem baldigen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens kommen wird, ist jedoch aufgrund der bevorstehenden EU-Wahlen schwer zu prognostizieren.
Nach dem derzeitigen Entwurf der Green Claims Directive müssen künftig produkt- oder unternehmensbezogene Umweltaussagen im B2C-Kontext umfassend begründet, nachgewiesen und vorab durch akkreditierte Stellen zertifiziert werden. Der Entwurf verbietet pauschale umweltbezogene Werbeaussagen wie „umweltfreundlich″, „natürlich″, „biologisch abbaubar″ und „klimaneutral″, wenn diese sich nicht mit konkreten Angaben und Nachweisen begründet werden.
Zwar sind Umweltaussagen, die durch speziellere (Finanz-)Regulierungen geregelt sind, von der GCD ausgenommen. Doch die noch junge Sustainable Finance Gesetzgebung lässt an der ein oder anderen Stelle noch Raum für Interpretation. Das zeigte sich u.a. als letztes Jahr mit Inkrafttreten der zweiten Stufe der SFDR viele Fondsanbieter die Nachhaltigkeitsklassifizierungen ihrer Produkte von Art. 9 auf Art. 8 herunterstuften.
Unbegründete oder vermeintlich unbegründete Umweltaussagen können für Finanzmarktteilnehmende schnell zum (Reputations-)Risiko werden. Diese Risiken werden sich voraussichtlich mit Inkrafttreten der GCD erhöhen.
Im Hinblick auf das erklärte Ziel der EU mit der GCD europaweite Standards für umweltbezogene Aussagen zu schaffen, sollten sich für Finanzmarktteilnehmende mit der GCD vertraut machen und nur solche umweltbezogenen Aussagen tätigen, die auf belastbare Daten gestützt werden können, sowie ein Monitoring ihrer umweltbezogenen Aussagen einrichten, so dass keine Widersprüche entstehen.
Ungeachtet der Green Claims Directive übt die BaFin gerade in letzter Zeit ihre Aufsichtsbefugnisse auch in Bezug auf Nachhaltigkeitsvorgaben im Risikomanagement und im Strategieprozess deutlich aus. Gegenwärtig ist in der Praxis daher häufig zu beobachten ist, dass sowohl im Rahmen von Erlaubnisanträgen als auch in Sonderprüfungen sowohl der Strategieprozess als auch die ESG-Risikobewertung im Riskmanagement geprüft, gewürdigt und bei Absenz gerügt werden.