Beiräte gibt es in Familiengesellschaften häufig. Sie sind eigenständige Gremien neben der Geschäftsführung und der Gesellschafterversammlung.
Die Bezeichnungen für Beiräte wechseln; gemeinsam ist den Beiräten, dass sie nicht gesetzlich vorgeschrieben sind. Die Organisation, die Besetzung und die Aufgaben des Beirats in einem Familienunternehmen können weitgehend frei gestaltet werden.
Der Vielfalt der Familiengesellschaften entsprechend wird von den Gestaltungsmöglichkeiten auch intensiv Gebrauch gemacht.
Der beratende Beirat in der Familiengesellschaft
Im Vordergrund bei der Familiengesellschaft steht der nur beratende Beirat. Die Unternehmerfamilien haben nicht immer das Glück, in den Generationen nach den Gründern wieder jemanden zu finden, der persönlich und fachlich in der Lage ist, das zunehmend komplexe Geschäft der Gesellschaft zu verstehen. Gerade bei Technologieunternehmen ist die Unternehmenswelt oft weit entfernt vom Wissens- und Erfahrungshorizont der Gesellschafter.
Gleichwohl sollen die Gesellschafter einer Familiengesellschaft die wesentlichen Entscheidungen treffen. Ein kompetenter Beirat kann den Gesellschaftern der Familiengesellschaft dabei immens helfen. Aber auch fachlich versierte Gesellschafter und die Geschäftsführung schätzen einen Beirat als unabhängigen, erfahrenen Gesprächspartner.
Ein beratender Beirat kann so einigen Einfluss auf die Familiengesellschaft bzw. ihr Unternehmen ausüben. Die Entscheidungen bleiben formal jedoch bei den gesellschaftsrechtlich vorgesehenen Organen, den Geschäftsführern und der Gesellschafterversammlung.
Der beaufsichtigende Beirat in der Familiengesellschaft
Beratung ist eine Sache, Aufsicht eine andere. Soll der Beirat die Geschäftsführung in der Familiengesellschaft beaufsichtigen, muss er zunächst informiert werden und auch selbst aktiv nach Informationen fragen, um seiner Aufgabe nachkommen zu können. Der Beirat erhält typischerweise Zugang zum Berichtswesen der Gesellschaft. Die Schwerpunkte dafür legt er selbst fest. Weitere mündliche Informationen, meist gegenüber dem Beiratsvorsitzenden, vervollständigen das Reporting.
Wer Aufsicht führt, muss handeln können, wenn Defizite erkannt oder Missstände aufgedeckt werden. Zunächst wird der Beirat die Geschäftsführung der Familiengesellschaft direkt ansprechen und Abhilfe verlangen. Es wird sodann den Gesellschaftern berichtet, um notfalls deren Entscheidung einzuholen. In manchen Beiratsregelungen sind eigene Sanktionsmöglichkeiten für den Beirat vorgesehen, bis hin zu Weisungsrechten gegenüber der Geschäftsführung.
Der Beirat als Entscheidungsträger in der Familiengesellschaft
Viele Familienunternehmen gehen einen Schritt weiter und beziehen den Beirat rechtlich bindend in die Unternehmensleitung mit ein. Dafür gibt es viele Gründe:
- Als Gegengewicht zu einer dominanten Geschäftsführung;
- als ausgleichenden Mittler zwischen zerstrittenen Gesellschaftergruppen;
- aber auch als Instrument des Machterhalts eines dominanten Patriarchen.
Die konkrete Ausgestaltung lässt dabei viel Spielraum. Häufig wird im Gesellschaftsvertrag einer Familiengesellschaft für wichtige Entscheidungen, etwa strategische Investitionen oder Kreditaufnahmen, zusätzlich zur Beschlussfassung der Gesellschafter ein Beiratsbeschluss verlangt. Das schützt Minderheitsgesellschafter, die in der Versammlung regelmäßig überstimmt werden.
Mit dem Beirat kontrolliert ein Dritter den vom Mehrheitsgesellschafter gewählten Kurs. Der Beirat wird sich naturgemäß gut überlegen, ob er sich der Geschäftsführung oder dem (Mehrheits-) Gesellschafter in den Weg stellt. Aber wenn er diese Kompetenz hat, muss er – und zwar allein im Interesse der Gesellschaft – davon Gebrauch machen. Das kann im Einzelfall außerordentlich schwierig sein: Lässt der Beirat eine weitere Kreditaufnahme eines kriselnden Unternehmens noch zu oder lehnt er ab und schickt es in die Insolvenz?
Noch darüber hinausgehend kann in Gesellschaftsverträgen geregelt werden, dass der Beirat anstelle der Gesellschafter Entscheidungen trifft, wenn diese untätig bleiben. Das ist weit mehr als nur Kontrolle – dem Beirat wird hier eine aktive unternehmerische Aufgabe in der Familiengesellschaft übertragen; wenn auch so, dass sich die Gesellschafter die Initiative jederzeit zurückholen können.
Manche Entscheidungen werden in Gesellschaftsverträgen sogar vollständig in die Hände des Beirats gelegt, etwa die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer und die Ausgestaltung der Anstellungsverträge mit ihnen. In Aktiengesellschaften gibt es den gesetzlich geregelten Aufsichtsrat, der diese Kompetenzen besitzt. Mit einem entsprechend ausgestatteten Beirat lässt sich das in anderen Rechtsformen nachbilden. Auch hier zeigt sich, wie intensiv ein Beirat in die Unternehmensleitung einbezogen werden kann.
Familiengesellschaft: Experten für den Beirat
Jeder Beirat ist nur so gut wie seine Mitglieder. Deren Auswahl und vor allem ein gut strukturiertes Auswahlverfahren bei Wegfall eines Beiratsmitglieds sind daher ganz entscheidend, um Unheil vom Unternehmen fernzuhalten. Bei Familiengesellschaften muss darüber hinaus wegen der Nähe zu den Inhabern die persönliche Ebene besonders bedacht werden.
Wie so oft hat alles zwei Seiten: In dem Maße, in dem der Beirat zunehmend unternehmensleitend tätig wird, steigt der zeitliche Aufwand für die Wahrnehmung des Beiratsamtes. Entsprechende Vergütungsregelungen können diesem Umstand Rechnung tragen.
Es steigt aber vor allem das Konfliktpotential mit Geschäftsführung und Gesellschaftern und es steigt das Risiko, dass der Beirat haftbar gemacht wird für unternehmerische Fehlentscheidungen. Letzteres kann und muss man mit geeigneten Haftungserleichterungen in der Beiratsordnung und mit angemessenen Versicherungslösungen einfangen, Ersteres nicht.
Je stärker also die Kompetenzen des Beirats im Sinne eines Instruments der Unternehmensleitung sind, desto schwieriger wird es werden, die geeigneten starken Unternehmerpersönlichkeiten und Experten für ein Beiratsamt in der Familiengesellschaft zu gewinnen.
Unsere Beitragsreihe stellt wichtige Aspekte rund um das Thema Unternehmensnachfolge dar. Angefangen mit dem Gesellschaftsvertrag, folgt der Unternehmensverkauf an Finanzinvestoren und an strategische Investoren sowie ein Beitrag zum möglichen Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen. Weitere Beiträge handeln vom Erbschaftsteuerrecht und den Auswirkungen auf Familienunternehmen, dem Minderjährigen als Unternehmensnachfolger und der Betriebsaufspaltung bei der Unternehmensübertragung. Weiter haben wir uns mit der Möglichkeit einer Familienstiftung an sich und ihrer steuerrechtlichen Besonderheiten sowie dem Gesellschafterstreit beschäftigt. Wir gaben Antworten auf Fragen rund um das Unternehmertestament und zum Pflichtteilsrecht sowie zum Güterstand der Gesellschafter und dem internationalen Erbrecht in der Unternehmensnachfolge. Zuletzt beschäftigten wir uns mit der Gesellschaftervereinbarung. Bei Fragen zögern Sie nicht, mit unserem Experten Herrn Prof. Dr. Martin Erker in Kontakt zu treten.