16. Juli 2018
Investmentsteuergesetz
Steuerrecht

JStG 2018: Änderungen des Investmentsteuergesetzes

Der Gesetzentwurf enthält wichtige Änderungen für Aktien- und Mischfonds, der Übergangsregelungen sowie Folgeänderungen zum Investmentsteuergesetz.

Mit dem Entwurf des Jahressteuergesetz 2018 reagiert der Gesetzgeber auf bestehende Unklarheiten und Probleme in der Praxis, die seit den Änderungen des Investmentsteuergesetzes durch das Investmentsteuerreformgesetz und dessen Inkrafttreten seit dem 1. Januar 2018 bestehen.

Im Wesentlichen soll durch das Jahressteuergesetz die für Anleger und Investmentfonds wichtige Definition von Aktien- und Mischfonds angepasst, die Qualifikation von Dach-Investmentfonds als Misch- oder Aktienfonds vereinfacht und die Übergangsregelungen für sog. Alt-Anteile angepasst werden. Daneben enthält der Gesetzentwurf weitere seit Inkrafttreten des Investmentsteuerreformgesetzes erforderlich gewordene Folgeänderungen.

Im Einzelnen lassen sich die Änderungen der investmentsteuerlichen Regelungen im Investmentsteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz und Einkommensteuergesetz durch das Jahressteuergesetz 2018 wie folgt zusammenfassen:

Neudefinition von Aktien- und Mischfonds

Seit dem 1. Januar 2018 werden Erträge aus Investmentfonds, die bestimmte Aktien- oder Immobilienquoten erfüllen, je nach Anlageschwerpunkt zu einem bestimmten Prozentsatz steuerfrei gestellt (sog. Teilfreistellung, § 20 InvStG).

Nach dem Entwurf des Jahressteuergesetzes 2018 soll die Definition von Aktienfonds in zweierlei Hinsicht angepasst werden:

  1. Die erforderliche Kapitalbeteiligungsquote soll von bisher 51% auf 50% reduziert werden (§ 2 Abs. 6 Satz 1 InvStG-E). Diese Anpassung entspricht der bereits durch Erlass des Bundesministerium der Finanzen (Erlass vom 14. Juni 2017 zur Bestimmung des anwendbaren Teilfreistellungssatzes) praktizierten Vorgehensweise, wonach bei ausländischen Investmentfonds nicht beanstandet werden sollte, wenn die Anlagebedingungen lediglich eine „überwiegende″ (d.h. mehr als 50%ige) Anlage in Kapitalbeteiligungen vorsehen. Eine Anpassung bestehender Fondsbedingungen ist folglich nicht erforderlich, da eine nach geltendem Recht bestehende Quote von mindestens 51% die neue Anforderung erst recht erfüllt.
  2. Es soll klargestellt werden, dass es im Rahmen der Berechnung der Kapitalbeteiligungsquote nur auf das Aktivvermögen des Investmentfonds ankommen soll und Verbindlichkeiten unberücksichtigt bleiben sollen (§ 2 Abs. 6 Satz 1 InvStG-E). Der Begriff des Aktivvermögens soll künftig in § 2 Abs. 9a InvStG definiert werden. Zudem soll eine Vereinfachungsregel eingeführt werden, wonach bei Investmentfonds, bei denen die Kreditaufnahme auf maximal 30% des Investmentfonds begrenzt ist, der Nettoinventarwert als Aktivvermögen angesetzt werden darf. Da diese Voraussetzungen von allen OGAW erfüllt werden sollte, stellt dies eine für die Praxis wichtige administrative Vereinfachung dar.

Die beschriebenen Änderungen für Aktienfonds sollen durch eine entsprechende Anpassung der Definition gleichermaßen für Mischfonds gelten (§ 2 Abs. 7 InvStG-E).

Qualifikation von Dach-Investmentfonds als Aktien- oder Mischfonds vereinfacht

Nach dem Gesetzeswortlaut wurden bei der Ermittlung der Kapitalbeteiligungsquote für Dach-Investmentfonds Anteile an Ziel-Investmentfonds pauschal mit nur 51% des Wertes des Investmentanteils berücksichtigt. Dies führte dazu, dass Dach-Investmentfonds, die neben Ziel-Aktienfonds z.B. nur 5% liquide Mittel hielten nicht mehr als Aktienfonds qualifizieren konnten. Das Bundesministerium der Finanzen hatte diese unsachgerechte Folge bereits durch einen Erlass (vom 14. Juni 2017 zur Bestimmung des anwendbaren Teilfreistellungssatzes) abschwächen wollen, indem unter gewissen Voraussetzungen ein Abstellen auf höhere tatsächliche Kapitalbeteiligungsquoten möglich sein sollte.

Dies soll nunmehr Gesetz werden: Damit Dach-Investmentfonds die Kapitalbeteiligungsquote eines Aktienfonds leichter erreichen können, soll es künftig ausreichend sein, wenn der Dach-Investmentfonds gemäß seinen Anlagebedingungen unmittelbar oder mittelbar mindestens 50% seines Aktivvermögens in Kapitalbeteiligungen investiert. Weiterhin müssen die Anlagebedingungen vorsehen, dass der Dach-Investmentfonds für die Einhaltung der Quote auf die bewertungstäglich vom Ziel-Investmentfonds veröffentlichten (z.B. bei WM-Datenservice) Kapitalbeteiligungsquoten abstellt (§ 2 Abs. 6 Satz 2 InvStG-E). Um Missbräuche zu vermeiden, soll dies nur gelten, wenn der Ziel-Investmentfonds mindestens einmal pro Woche eine Bewertung vornimmt (§ 2 Abs. 6 Satz 3 InvStG-E).

Entsprechendes soll künftig auch für Dach-Investmentfonds gelten, die als Mischfonds qualifizieren sollen (§ 2 Abs. 8 Satz 2-4 InvStG-E). Für Immobilienfonds soll diese Neuregelung nicht gelten, da die Quoten aufgrund der typischerweise langfristigen Investitionen in Immobilien keinen derartigen Schwankungen unterliegen.

Zudem soll die Definition von Kapitalbeteiligungen derart angepasst werden, dass ein Investment eines Dach-Investmentfonds in einen Ziel-Investmentfonds zu mehr als 51% berücksichtigt werden kann, wenn die Mindestanlagequote des Ziel-Investmentfonds nach seinen Anlagebedingungen höher liegt (§ 2 Abs. 8 Satz 2-4 InvStG-E). Entsprechendes soll für Mischfonds gelten.

Vor diesem Hintergrund dürfte für Investmentfonds, die nicht die Anforderungen an die Veröffentlichung der Kapitalbeteiligungsquoten erfüllen, eine explizite Aufnahme von dauerhaft erreichbaren höheren Kapitalbeteiligungsquoten in die Anlagebedingungen von Ziel-Investmentfonds sinnvoll sein, um deren Attraktivität für Dach-Investmentfonds zu erhöhen.

Bagatellgrenze für passive geringfügige Abweichungen

Außerdem soll nunmehr gesetzlich klargestellt werden, dass nur wesentliche Verstöße gegen die in den Anlagebedingungen vorgesehene Beteiligungsquote zum Verlust der Eigenschaft als Aktienfonds führen sollen (§ 2 Abs. 6 Satz 4 InvStG-E). Ein kurzfristiges Unterschreiten aufgrund von Wertveränderungen oder einer unbeabsichtigten oder unverschuldeten fehlerhaften Einstufung der Vermögensgegenstände als Kapitalbeteiligung (sog. passive Grenzverletzung) sollen nicht zum Verlust des Status als Aktienfonds führen, wenn der Investmentfonds unverzüglich nach Kenntnis mögliche und zumutbare Maßnahmen unternimmt, um die erforderliche Kapitalbeteiligungsquote wiederherzustellen. Dies entspricht inhaltlich der bereits geltenden Erlasslage (Erlass vom 14. Juni 2017 zur Bestimmung des anwendbaren Teilfreistellungssatzes) und soll entsprechend für Mischfonds gelten.

Damit wird die schwerwiegende Folge einer fiktiven Veräußerung und Wiederanschaffung bei Änderung oder Wegfall des anwendbaren Teilfreistellungssatzes (§§ 19 Abs. 2, 22 InvStG) nur passiven Grenzverletzungen verhindert.

Neudefinition der Immobilienfonds im Investmentsteuergesetz

Auch für Immobilienfonds sollen Änderungen vorgenommen werden: Bei der Ermittlung der Immobilienquote soll – wie bei Aktien- und Mischfonds – nur auf das Aktivvermögen abgestellt werden (§ 2 Abs. 9 Satz 1 InvStG-E). Auch die beschriebene Vereinfachung für Dach-Investmentfonds (§ 2 Abs. 9 Satz 3 InvStG-E) sowie die Bagatellgrenze für passive Grenzverletzungen (§ 2 Abs. 9 Satz 4 InvStG) soll entsprechend gelten.

Ermittlung des Wertes von Altanteilen

Nach § 56 Abs. 2 InvStG gelten Anteile an Investmentfonds und Kapital-Investitionsgesellschaften nach dem InvStG in der am 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (sog. Alt-Anteile) mit Ablauf des 31. Dezember 2017 als veräußert und mit Beginn des 1. Januar 2018 als angeschafft (Veräußerungs- und Neuanschaffungsfiktion).

Um bei Investmentanteilen im Betriebsvermögen steuerliche Verzerrungen durch Teilwertzuschreibungen und Teilwertabschreibungen aufgrund des Übergangs zwischen altem und neuem Recht zu vermeiden, sollen etwaige Änderungen erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung berücksichtigt werden (§ 56 Abs. 2 Satz 4-6 InvStG-E). Der Gesetzentwurf veranschaulicht dies durch entsprechende Beispiele.

Kein Feststellungsverfahren zur Ermittlung des fiktiven Veräußerungsgewinns von Alt-Anteilen bei Privatanlegern

Der fiktive Gewinn aus der Veräußerung von Alt-Anteilen ist bisher nach § 56 Abs. 5 Satz 1 InvStG gesondert festzustellen. Nunmehr soll der fiktive Veräußerungsgewinn nur noch bei betrieblichen Anlegern gesondert festgestellt werden. Bei Privatanlegern wird grundsätzlich auf das Feststellungsverfahren verzichtet.

Die Beschränkung der gesonderten Feststellung auf die komplexeren und streitanfälligeren Fälle betrieblicher Anleger (§ 56 Abs. 5 Satz 1 InvStG-E) ist sinnvoll, um den administrativen Aufwand zu reduzieren. Aus Vereinfachungsgründen soll zudem die Feststellungserklärung künftig in elektronischer Form innerhalb von drei Jahren (frühestens ab 2020 bis Ende 2022) abgegeben werden können (§ 56 Abs. 5 Satz 2 InvStG-E) und als Steueranmeldung unter Vorbehalt der Nachprüfung ausgestaltet werden (§ 56 Abs. 5 Satz 3-5).

Körperschaftsteuergesetz: Folgeänderung bei Organschaften

Die seit dem 1. Januar 2018 bestehenden sog. Teilfreistellungen gewähren als rechtsformabhängige Steuerbefreiung Kapitalgesellschaften auf ihre Erträge aus Investmentfonds eine höhere Steuerbefreiung als natürlichen Personen. Da Organträger im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft sowohl natürliche Personen als auch Kapitalgesellschaften sein können, kann die Zurechnung von Erträgen, die einer Teilfreistellung unterliegen, zu systemwidrigen Ergebnissen führen.

Um dies zu vermeiden, soll künftig § 15 Satz 1 Nr. 2a KStG-E bestimmen, dass die Regelungen der Teilfreistellungen bei der Einkommensermittlung der Organgesellschaft nicht anzuwenden sind. Somit werden Investmenterträge nicht bei der Organgesellschaft, sondern bei der Einkommensermittlung des Organträgers nach der für ihn geltenden Teilfreistellung berücksichtigt (Bruttomethode für Investmenterträge). Folglich soll der Organträger für Zwecke der Teilfreistellung als Anleger gelten. Soweit es sich bei Organgesellschaften um Lebens- oder Krankenversicherer oder ein Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut handelt, soll die Teilfreistellung abweichend hiervon auf Ebene der Organgesellschaft angewandt werden. Die Neuregelung soll erstmals für den Veranlagungszeitraum 2019 anzuwenden sein.

Einkommensteuergesetz: Folgeänderung bei der Einlage von Investment- und Spezial-Investmentanteilen

Aufgrund der Änderungen des InvStG zum 1. Januar 2018 sind Investmentanteile und Spezial-Investmentanteile nicht mehr von dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c) EStG erfasst, da es sich bei diesen nicht um Wirtschaftsgüter i.S.d. § 20 Abs. 2 EStG, sondern um solche i.S.d. § 2 Abs. 4 InvStG handelt.

Damit bei einer Einlage von Investmentanteilen und Spezial-Investmentanteilen in ein Betriebsvermögen der Einlagewert auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Einlegenden begrenzt bliebt, soll § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c) EStG entsprechend ergänzt werden. Diese Regelung soll bereits erstmals bei Wirtschaftsgütern angewandt werden, die nach dem 31. Dezember 2017 in ein Betriebsvermögen eingelegt werden.

Inkrafttreten der Änderungen des Investmentsteuergesetzes

Die Änderungen des Investmentsteuergesetzes durch das Jahressteuergesetz 2018 sollen grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Zuleitung des Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung an den Bundesrat anzuwenden sein. Damit sollen nach Ansicht des Gesetzgebers rückwirkend auch Sachverhalte einbezogen, die zwischen dem Anwendungsbeginn und dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2018 zu einem späteren Zeitpunkt im Jahre 2018 verwirklicht werden (sog. unechte Rückwirkung).

Die Rechtsänderungen sollen folglich am Tag nach der Zuleitung des Gesetzentwurfs Anwendung finden.

Fazit: Änderungen des Investmentsteuergesetzes als Schritt in die richtige Richtung

Die geplanten Änderungen des Investmentsteuergesetzes durch den Entwurf des Jahressteuergesetzes 2018 sind ein Schritt in die richtige Richtung und dürften eine Verbesserung für Anleger und Investmentfonds darstellen.

Die Neudefinitionen der Aktien- und Mischfonds sowie die Änderung für Dach-Investmentfonds sollten auch für die Praxis hilfreiche Vereinfachungen darstellen. Zwar entsprechen große Teile der Änderungen inhaltlich der von dem Bundesministerium der Finanzen vertretenen Auffassung in ihren Erlassen, jedoch führen die Änderungen des Investmentsteuergesetzes zu einer erhöhten Rechtssicherheit.

Investmentfonds, die durch eine Qualifikation als Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds, ihren Anlegern attraktive Teilfreistellung bieten wollen, sollten den Gesetzgebungsprozess aufmerksam verfolgen und bestehende sowie künftige Strukturen überprüfen und bei Bedarf entsprechend optimieren.

Auch die Begrenzung des Feststellungsverfahrens auf betriebliche Anleger ist für Privatanleger äußerst positiv und sollte tatsächlich zu der gewünschten Reduzierung des administrativen Aufwands führen.

Wie üblich bleibt jedoch abzuwarten, ob und wie die vorgeschlagenen Regelungen tatsächlich umgesetzt werden.

In unserer Blog-Reihe zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 2018 erfahren Sie, welche Rechtsänderungen im Steuerrecht noch in diesem Jahr zu erwarten sind. Zum Auftakt der Reihe wurden die wesentlichen Änderungsvorschläge im Überblick dargestellt. Weitere Beiträge greifen spezifische Themen heraus: So gaben wir vertiefte Einblicke in die neue Gefährdungshaftung für Betreiber von Onlinehandelsplattformen und die Erweiterung des deutschen Besteuerungsrechts bei der Veräußerung von Immobiliengesellschaften. Des Weiteren beleuchteten wir die Änderungen des Investmentsteuergesetzes sowie den Wegfall des Verlustabzugs.

Tags: Investmentsteuergesetz Jahressteuergesetz 2018