Das Bundesteilhabegesetz, das am 1. Januar 2018 in Kraft treten wird, enthält neben Änderungen im Sozialrecht auch ein Kuckucksei für das Arbeitsrecht.
Nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX n.F. ist eine Kündigung, die ein Arbeitgeber ohne vorherige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, zukünftig unwirksam. Diese Änderung fand erst auf den letzten Metern des Gesetzgebungsverfahrens Eingang in das Gesetzespaket.
Kurzfristige Änderung im Bundesteilhabegesetz
Das Bundesteilhabegesetz, das am 1. Januar 2018 in Kraft treten wird, enthält neben zahlreichen Änderungen im Sozialrecht auch noch ein Kuckucksei für das Arbeitsrecht, das allerdings jetzt schon gilt (nach Art. 26 Bundesteilhabegesetz ist die kündigungsrechtliche Änderung bereits am 30. Dezember 2016 in Kraft getreten).
Die Verpflichtung, die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten, vor einer Entscheidung anzuhören und ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen, bestand bereits nach alter Rechtslage. Soweit der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nachkam, drohte ihm zwar ein Bußgeld in Höhe von EUR 10.000. Die Kündigung blieb aber auf jeden Fall wirksam. Die Schwerbehindertenvertretung konnte versuchen, ihre Rechte in einem Arbeitsrechtsprozess durchzusetzen.
Mit dem neuen § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX hat der Gesetzgeber nun auch noch eine individualrechtliche Sanktion eingefügt. Am 1. Januar 2018 wird § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX dann (wortgleich) zu § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX.
Was künftig bei der Kündigung schwerbehinderter Menschen zu beachten ist
Will man einem schwerbehinderten Menschen kündigen, müssen zukünftig mithin drei Verfahren durchgeführt werden:
- es muss die Zustimmung des Integrationsamtes beantragt werden (§ 85 SGB IX, ab 1. Januar 2018 § 168 SGB IX),
- der Betriebsrat muss ordnungsgemäß angehört werden (§ 102 BetrVG),
- die Schwerbehindertenvertretung muss ordnungsgemäß angehört werden (§ 95 Abs. 2 SGB IX n.F. bzw. ab dem 1. Januar 2018 § 178 Abs. 2 SGB IX).
Anhörungsfristen unklar
Das Gesetz regelt aber nicht ausdrücklich, wie lange die Schwerbehindertenvertretung Zeit zur Stellungnahme hat. Eine Regelung mit konkreter Anhörungsfrist wie in § 102 BetrVG existiert nicht. Bis die Frage durch die Gerichte geklärt ist, erscheint es ratsam, der Schwerbehindertenvertretung die gleichen Fristen einzuräumen wie dem Betriebsrat, nämlich eine Woche bei ordentlichen und drei Tage bei außerordentlichen Kündigungen.
Vielen Dank für diesen Beitrag zu dieser wichtigen Neuerung!
Ich arbeite im Theresienkrankenhaus Mannheim, hatte einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Da ich die Tätigkeit aufgrund meiner 50 %igen Schwerbehinderung nicht mehr ausführen konnte, fand man nach langem Hin und Her einen Arbeitsplatz in der Patientenaufnahme für mich. Allerdings nur noch mit einem befristeten Arbeitsvertrag. Ist das in Ordnung?
Sehr geehrte Frau Freund,
da CMS ausschließlich die Arbeitgeberseite berät, müsste ich Sie leider bitten, zu dieser Frage einen arbeitsrechtlich versierten Rechtsanwalt in Ihrer Nähe zu konsultieren, der sich der Arbeitnehmerseite annimmt. Danke für Ihr Verständnis.