29. Oktober 2021
Sanierungsmoderator
Präventive Restrukturierung

Der Sanierungsmoderator nach dem StaRUG – „der Vermittelnde“

Restrukturierungen erfolgreich meistern durch Unterstützung eines Sanierungsmoderators.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) zum 1. Januar 2021 steht Unternehmen die Restrukturierung mithilfe einer sogenannten Sanierungsmoderation offen. Es handelt sich dabei um eine Restrukturierungsmöglichkeit in einem formalisierten Verfahren außerhalb eines Insolvenzverfahrens.

Die Sanierungsmoderation ist eine niedrigschwellig zugängliche Sanierungsoption, die konsensuale Lösungen der Beteiligten verlangt. Auch beteiligten Gläubigern winken Vorteile, indem eine neutrale Instanz, der Sanierungsmoderator, installiert wird. Die Sanierungsmoderation ist dem Kernstück des StaRUG, dem sogenannten „Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen“ (eine weitere Sanierungsoption), vorgelagert.

Ziel und Ablauf der Sanierungsmoderation

Ziel der Sanierungsmoderation (geregelt in §§ 94 ff. StaRUG) ist es, einen vom zuständigen Restrukturierungsgericht bestätigten Sanierungsvergleich mit den beteiligten Gläubigern und eventuellen Dritten (bspw. neuen Finanzierern) abzuschließen. Dieser Sanierungsvergleich bietet den Parteien bestimmte Vorteile gegenüber dem Abschluss eines einfachen Vergleichsvertrags. So bündelt der Sanierungsvergleich beispielsweise die einzelnen Sanierungsbeiträge der Gläubiger und setzt sie zueinander in Abhängigkeit. Dadurch wird in einem geordneten, formalisierten Verfahren erreicht, dass die vergleichsbereiten Gläubiger ihre jeweiligen Sanierungsbeiträge nur gemeinsam leisten müssen.

Voraussetzung für die Einleitung einer Sanierungsmoderation und die Einsetzung eines Sanierungsmoderators durch das zuständige Restrukturierungsgericht ist ein entsprechender Antrag des zu sanierenden Unternehmens, also des sogenannten „Schuldners“. Dieser Antrag setzt voraus, dass der Schuldner noch restrukturierungsfähig im Sinne der Vorschriften zur Sanierungsmoderation ist. Das ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn ein Schuldner bereits zahlungsunfähig oder (bei juristischen Personen) überschuldet ist. Der Antrag auf Bestellung eines Sanierungsmoderators muss Angaben zum Gegenstand des Unternehmens des Schuldners und der Art der wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten enthalten. Daneben sind dem Antrag ein Gläubiger- und ein Vermögensverzeichnis sowie die Erklärung des Schuldners beizufügen, eben nicht zahlungsunfähig oder überschuldet zu sein.

Das Restrukturierungsgericht kann den beantragten Sanierungsmoderator zur Durchführung einer Sanierungsmoderation für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten bestellen, wobei der Sanierungsmoderator mit Zustimmung des Schuldners und der in die Verhandlungen einbezogenen Gläubiger einen Antrag auf Verlängerung um weitere drei Monate stellen kann. Die Bestellung des Sanierungsmoderators wird nicht (!) öffentlich bekannt gemacht (vgl. § 95 Abs. 2 StaRUG). Das kann für das erfolgreiche Verhandeln eines Sanierungsvergleichs wichtig sein. Seinen Abschluss findet die Sanierungsmoderation dann idealerweise mit der gerichtlichen Bestätigung des zwischen den Beteiligten geschlossenen Sanierungsvergleichs.

Bestellung des Sanierungsmoderators durch das Restrukturierungsgericht

Der Sanierungsmoderator wird vom Registergericht bestellt (vgl. § 94 Abs. 3 StaRUG). Es spricht einiges dafür, dass ein Vorschlag des Schuldners hinsichtlich der Person des Sanierungsmoderators für das zuständige Restrukturierungsgericht bindend ist. Zumindest dann, wenn die vorgeschlagene Person zugleich die Anforderungen erfüllt, die an einen sogenannten Restrukturierungsbeauftragten (§§ 73 ff. StaRUG) zu stellen sind. Schließlich kann das Gericht einen zunächst bestellten Sanierungsmoderator auch zum Restrukturierungsbeauftragten bestellen, wenn die Sanierungsmoderation scheitert und das zu sanierende Unternehmen die Instrumente des „Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens“ in Anspruch nehmen will (§ 100 Abs. 2 StaRUG). Der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen stellt eine im Vergleich zur Sanierungsmoderation weitergehende, in Gläubigerrechte intensiver eingreifende Form eines vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens dar. Wenn ein Schuldner sogar für dieses Verfahren einen grundsätzlich bindenden Vorschlag der auszuwählenden Person gegenüber dem Restrukturierungsgericht vorgeben darf, sollte das für die Sanierungsmoderation wohl auch gelten.

Auch wenn der Sanierungsmoderator vom zu sanierenden Unternehmen vorgeschlagen werden darf, kommt ihm aber eine vermittelnde Position als neutraler Sachkundiger zu. Der Unternehmer als „Schuldner“ gewährt dem Sanierungsmoderator zu diesem Zweck Einblick in seine Bücher und Geschäftsunterlagen und erteilt ihm die angeforderten zweckmäßigen Auskünfte. Schließlich hat der Sanierungsmoderator auch gegenüber dem zuständigen Restrukturierungsgericht über den Fortgang der Sanierungsmoderation monatlich schriftlich Bericht zu erstatten. Der Bericht des Sanierungsmoderators muss dabei zumindest Angaben über die Art und Ursachen der wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten, den Kreis der in die Verhandlungen einbezogenen Gläubiger bzw. sonstigen Beteiligten, den Gegenstand der Verhandlungen und das Ziel sowie den voraussichtlichen Fortgang der Verhandlungen enthalten. Hinsichtlich des Gelingens der Sanierungsmoderation ist die Berichtspflicht des Sanierungsmoderators einerseits Kontrolle im Interesse der Beteiligten und bereitet andererseits eine Bestätigung des Sanierungsvergleichs durch das Restrukturierungsgericht vor.

Darüber hinaus stehen dem Sanierungsmoderator jedoch keinerlei, insbesondere keine operativen, Eingriffsbefugnisse zu, weder gegenüber dem Schuldner noch gegenüber den beteiligten Gläubigern. Insoweit obliegt auch die Entscheidung darüber, welche Gläubiger und ggf. Dritte am Vergleich beteiligt werden sollen, grundsätzlich dem Schuldner.

Kernaufgabe des Sanierungsmoderators ist es demnach, zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern bei der Herbeiführung einer Lösung zur Überwindung der wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten zu vermitteln. Gerade seine neutrale Stellung und seine Sachkunde können hierbei von entscheidendem Vorteil sein.

(Weitere) Vorteile der Sanierungsmoderation

Die – freiwillige – Sanierungsmoderation kann vor allem in frühen Krisenphasen weiterhelfen, wenn die Vermittlung durch einen neutralen und gleichzeitig sachkundigen Dritten bei Verhandlungen mit einem oder mehreren Gläubigern vielversprechend erscheint. Für Gläubiger winkt hierbei erhöhte Rechtssicherheit durch die weitgehende Unanfechtbarkeit des Sanierungsvergleichs bzw. der im Sanierungsvergleich getroffenen Vereinbarungen (z.B. gewährte Sicherheiten, vgl. §§ 97 Abs. 3, 90 StaRUG).

Insbesondere das zu sanierende Unternehmen profitiert von der Nichtöffentlichkeit der Sanierungsmoderation. Denn abgesehen vom Restrukturierungsgericht, dem Sanierungsmoderator und den unmittelbar am Sanierungsvergleich beteiligten Gläubigern bzw. Dritten muss wegen der Nichtöffentlichkeit der Sanierungsmoderation niemand von dem angestrebten Sanierungsvergleich erfahren.

Die zeitliche Begrenzung der Verfahrensdauer auf grundsätzlich drei bis sechs Monate sollte zudem zur Disziplinierung aller Beteiligten beitragen und verhältnismäßig schnell zu konkreten Ergebnissen führen. Schließlich unterstützt auch der Fiskus die erfolgreiche Sanierungsmoderation mit der Steuerfreistellung dadurch erzielter Sanierungserträge (z.B. durch den (Teil-)Verzicht auf eine Forderung durch Gläubiger) unter den Voraussetzungen der § 3a EStG, § 7b GewStG sowie § 8 Abs. 1 KStG.

Flexibilität bleibt erhalten

Sollte die Sanierungsmoderation scheitern, weil kein Einvernehmen zwischen dem Schuldner und den beteiligten Gläubigern bzw. Dritten erzielt werden kann oder weil das Restrukturierungsgericht die Bestätigung des erarbeiteten Sanierungsvergleichs versagt, besteht vorinsolvenzlich noch die Option, einen Restrukturierungsplan unter Beteiligung eines Restrukturierungsbeauftragten nach den §§ 2 ff. StaRUG zu erarbeiten. Eine rechtzeitig eingeleitete und gut vorbereitete Sanierungsmoderation erhöht selbstverständlich die Erfolgsaussichten ihres Gelingens.

Während der eingeleiteten Sanierungsmoderation kann der Schuldner jederzeit einen Antrag auf Abberufung des Sanierungsmoderators stellen (vgl. § 99 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG) und die eingeleitete Sanierungsmoderation dadurch wieder beenden. Lediglich wenn der Schuldner dies erneut beantragt, bestellt das Restrukturierungsgericht einen neuen Sanierungsmoderator (vgl. § 99 Abs. 2 StaRUG). Diese gesetzlichen Regelungen verdeutlichen, dass die Sanierungsmoderation trotz der Einbeziehung eines gerichtlich bestellten Sanierungsmoderators ein privatautonomes Verfahren ist.

Die Sanierungsmoderation eignet sich für das Erarbeiten konsensualer Sanierungslösungen unter Einbeziehung einer neutralen Instanz. In bestimmten Sachverhaltskonstellationen kann es ausreichend aber entscheidend sein, dass ein ausgewogener Ausgleich von Interessen in einem Sanierungsvergleich sowie die Schlüssigkeit des dem Sanierungsvergleich zu Grunde liegenden Sanierungskonzepts durch den Sanierungsmoderator „extern“ bestätigt wird. Die Beantragung der gerichtlichen Bestätigung des Sanierungsvergleichs durch den Schuldner kann zusammen mit der Stellungnahme des Sanierungsmoderators zum erarbeiteten Sanierungsvergleich und der Schlüssigkeit des Sanierungskonzepts gegenüber dem Restrukturierungsgericht vorgelegt werden. Lediglich durch die gerichtliche Bestätigung erlangt der ausgearbeitete Sanierungsvergleich – anders als der frei verhandelte Vergleich außerhalb einer Sanierungsmoderation – den Vorteil der (weitergehenden) Unanfechtbarkeit, falls die Sanierung doch misslingt und später ein Insolvenzverfahren eröffnet werden muss.

Entscheidend für das Gelingen einer Sanierung im Allgemeinen und einer Sanierungsmoderation im Besonderen ist – wie immer in Restrukturierungsszenarien – sich früh genug mit Sanierungsmöglichkeiten zu befassen.

Der Beitrag ist Teil unserer Blogreihe zum Präventiven Restrukturierungsrahmen. Es erschienen bereits zahlreiche Beiträge zur europäischen Restrukturierungsrichtlinie, u.a. ein Beitrag zu den Moratorien und zu den Restrukturierungsplänen. Anschließend haben wir uns mit den Pflichten der Unternehmensleitung, dem Schutz von Finanzierungen und Finanzierungsgebern sowie den Restrukturierungsbeauftragten und Verwaltern befasst. Weiter sind wir auf die Entschuldung insolventer Unternehmerarbeitsrechtliche Aspekte der Restrukturierungs-Richtlinie, das Dutch Scheme als Vorbild für den Restrukturierungsrahmen sowie eine Sanierung außerhalb der Insolvenz eingegangen. Zuletzt haben wir uns mit den arbeitsrechtlichen Auswirkungen des StaRUG, den Restrukturierungsplänen und dem Insolvenzanfechtungsrecht nach dem StaRUG beschäftigt.

Tags: Sanierungsmoderation Sanierungsmoderator Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen StaRUG