Moratorien im künftigen präventiven Restrukturierungsrahmen – Zweck, Voraussetzungen, Wirkung und Grenzen.
Neben Restrukturierungsplänen werden Moratorien ein wesentliches Instrument in künftigen präventiven Restrukturierungsrahmen darstellen. Die Restrukturierungsrichtlinie enthält hierzu Regelungen in Art. 6 und Art. 7 sowie Erläuterungen in den Erwägungsgründen 32 bis 41.
Moratorien sollen Verhandlung von Restrukturierungsplänen erleichtern
Das Moratorium soll die Verhandlungen über einen Restrukturierungsplan unterstützen. Es soll verhindern, dass einzelne oder sämtliche Gläubiger des Schuldners durch Einzelzwangsvollstreckung oder Beendigung von für die Betriebsfortführung essenziellen Verträgen den Zusammenbruch des Unternehmens herbeiführen können. Der Schuldner soll die Gelegenheit haben, mit seinen Gläubigern einen Restrukturierungsplan unter geschützten Bedingungen auszuarbeiten, wenn das Sanierungsvorhaben nicht aussichtslos ist.
Selbst der Eintritt eines Insolvenzgrundes während der Verhandlungen über einen Restrukturierungsplan soll nicht zwangsläufig zu deren Abbruch führen, wenn ein Moratorium angeordnet ist.
Voraussetzungen von Moratorien: Antrag und Zweckerfüllung
Ein Moratorium soll auf Antrag des Schuldners angeordnet werden können. Grundgedanke der Restrukturierungsrichtlinie ist, dass der Schuldner die Kontrolle über sein Vermögen und Ablauf und Ausgestaltung des Restrukturierungsvorhabens behält.
Ein Moratorium soll allerdings nur angeordnet werden, wenn es geeignet und erforderlich erscheint, um seinen Zweck (s.o.) zu erfüllen. Dies soll etwa dann nicht der Fall sein, wenn bereits ein Mangel an Unterstützung seitens der erforderlichen Mehrheit der Gläubiger offenbar ist oder der Schuldner bereits zahlungsunfähig ist. Der Schuldner sollte dies also bereits in seinem Antrag darlegen, damit eine schnelle Prüfung durch das Gericht möglich ist. Das Gericht wird eine Abwägung zwischen den Interessen des Schuldners, dem Befriedigungsinteresse aller Gläubiger sowie den Einzelinteressen der Gläubiger vorzunehmen haben.
Wirkung: Aussetzung von Zwangsvollstreckung und Insolvenzantragspflicht
Wird ein Moratorium angeordnet, hemmt dies grundsätzlich die Durchsetzbarkeit von Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen während der Laufzeit. Auf die Fälligkeit von Forderungen hat das Moratorium hingegen keinen Einfluss.
Es soll möglich sein, ein umfassendes Moratorium für alle Gläubiger anzuordnen oder auch die Wirkung auf einzelne Gläubiger oder Klassen von Gläubigern zu begrenzen. Ansprüche von Arbeitnehmern auf Arbeitslohn sollen hingegen im Grundsatz ausgenommen bleiben. Mitgliedstaaten können zudem bestimmte Forderungen oder Forderungskategorien von der Wirkung eines Moratoriums ausschließen, wenn dies ausreichend begründet ist und dadurch die Restrukturierung des Unternehmens nicht gefährdet werden dürfte oder die Gläubiger dieser Forderungen ansonsten in unangemessener Weise beeinträchtigt würden.
Das Moratorium soll ferner die Wirkung haben, dass sogenannte Lösungsklauseln für betriebsnotwendige Verträge nicht greifen, wenn diese z.B. an die Insolvenz des Schuldners oder dessen Antrag auf Maßnahmen nach dem präventiven Restrukturierungsrahmen anknüpfen. Es soll dadurch verhindert werden, dass durch die Auslösung solcher Klauseln die für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs notwendigen Verträge wegfallen und die Verhandlungen über einen Restrukturierungsplan gefährdet werden. Das Gleiche gilt für die Kündigung essenzieller Verträge oder die Ausübung von Zurückbehaltungsrechten, etwa gestützt auf die Unsicherheitseinrede nach § 321 BGB.
Während der Laufzeit eines Moratoriums soll zudem auch die Insolvenzantragspflicht des Schuldners ausgesetzt sein. Gläubigeranträge sollen währenddessen ebenfalls nicht möglich sein. Dies soll auch dann gelten, wenn kein umfassendes, sondern nur ein auf einzelne Gläubiger beschränktes Moratorium angeordnet ist. Bei der Umsetzung besteht Spielraum für die Mitgliedstaaten. Sie können wählen, ob bei Eintritt von Zahlungsunfähigkeit während des Moratoriums die Insolvenzantragspflicht generell gehindert bleibt, oder ob in diesem Fall das zuständige Gericht darüber zu entscheiden hat, ob das Moratorium aufrechterhalten wird oder Insolvenzantrag gestellt werden muss.
Grenzen von Moratorien – Interessen der Gläubiger
Moratorien sollen zunächst für eine Laufzeit von bis zu vier Monaten angeordnet werden. In Ausnahmefällen, etwa bei komplexen Restrukturierungen, soll eine Verlängerung oder die Anordnung eines neuen Moratoriums möglich sein, wobei ein Höchstzeitraum von zwölf Monaten nicht überschritten werden darf. Die Verlängerung soll nur möglich sein, wenn sie ausreichend begründet ist. Dies kann der Fall sein, wenn in den Verhandlungen über den Restrukturierungsplan deutliche Fortschritte erzielt wurden, wenn das Moratorium die Rechte und Interessen betroffener Parteien nicht in unangemessener Weise beeinträchtigt und wenn noch kein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet worden ist.
Auch die vollständige oder teilweise Aufhebung von Moratorien soll möglich sein. Entsprechend der oben genannten Voraussetzungen gilt dies dann, wenn das Moratorium seinen Zweck nicht mehr erfüllt, keine ausreichende Unterstützung der Mehrheit der Gläubiger mehr vorhanden ist, die Rechte und Interessen einzelner Gläubiger oder Klassen von Gläubigern unangemessen beeinträchtigt würden oder die Wirkung des Moratoriums zur Insolvenz eines Gläubigers führen würde. Mitgliedstaaten können allerdings eine Mindestdauer vorsehen, während der ein Moratorium nicht aufgehoben werden kann.
Herausforderungen für Schuldner, Gläubiger, Gerichte und Gesetzgeber
Moratorien sind ein wesentliches Instrument in künftigen präventiven Restrukturierungsrahmen. Sie ermöglichen es dem Schuldner für eine bestimmte Zeit unter geschützten Umständen mit seinen Gläubigern einen Restrukturierungsplan auszuhandeln. Moratorien greifen dabei in die Rechte der betroffenen Gläubiger ein und müssen legitimiert sein. Hierüber werden Gerichte anhand der Umstände des Einzelfalls in Eilverfahren zu entscheiden haben.
Es wird in der Verantwortung des Schuldners liegen, mit seinen Gläubigern die wesentlichen Punkte seines Restrukturierungsvorhabens vorab abzustimmen und sich deren Unterstützung zu sichern. Dazu gehört, dass die Beantragung des Moratoriums auf das Maß beschränkt bleibt, welches zur Ermöglichung des Sanierungserfolges nötig ist. Wer ein überlanges Moratorium beantragt, wird kaum auf die Unterstützung seiner finanzierenden Bank hoffen können, wenn diese dadurch den betroffenen Kredit als notleidend einstufen muss und dies vermeidbar gewesen wäre.
Das Moratorium muss einen geschützten Rahmen zur Ausarbeitung und Annahme eines Restrukturierungsplans ermöglichen und den Interessen aller Beteiligten Rechnung tragen.
Das Moratorium darf nicht dazu beitragen, dass insolvenzreife Unternehmen im Markt verbleiben und Schäden für die Gläubiger vertieft werden oder zur bloßen Haftungsvermeidung verwendet werden, wenn das Gelingen der Restrukturierung unwahrscheinlich ist.
Die interessengerechte Ausgestaltung wird Aufgabe des Gesetzgebers im Rahmen der Umsetzung in nationales Recht sein.
Der Beitrag ist Teil unserer Blogreihe zum Präventiven Restrukturierungsrahmen. Es erschien bereits ein Beitrag zu den Moratorien und zu den Restrukturierungsplänen. Anschließend haben wir uns mit den Pflichten der Unternehmensleitung, dem Schutz von Finanzierungen und Finanzierungsgebern sowie den Restrukturierungsbeauftragten und Verwaltern befasst. Zuletzt sind wir auf die Entschuldung insolventer Unternehmer eingegangen.