13. März 2024
Verfahrenshilfen StaRUG
Unternehmensrestrukturierung nach dem StaRUG

Wegbereiter der Sanierung – Verfahrenshilfen im StaRUG 

Ein Überblick über Inhalt und Anforderungen der planergänzenden Sanierungsinstrumente des StaRUG zum zielgerichteten Einsatz in der Praxis.

Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) gibt dem sanierungswilligen Schuldner eine Reihe von Verfahrenshilfen an die Hand, um auf eigene Initiative den Weg aus der Krise und eine erfolgreiche sowie nachhaltige Sanierung zu schaffen. Zentrales Element für den nachhaltigen Sanierungserfolg im Rahmen eines StarRUG-Verfahrens ist der Restrukturierungsplan. Regelmäßig ist es jedoch erforderlich, den Plan mit weiteren Verfahrenshilfen zu flankieren, um die Umsetzung des Restrukturierungsplans und damit den Sanierungserfolg sicherzustellen. 

Überblick über die Verfahrenshilfen, § 29 StaRUG 

Nach § 29 StaRUG stehen dem Schuldner folgende Verfahrenshilfen zur Verfügung:

  • Die gerichtliche Planabstimmung (§ 29 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG);
  • Die Vorprüfung (§ 29 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG);
  • Die Stabilisierungsanordnung (§ 29 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG); und
  • Die Planbestätigung (§ 29 Abs. 2 Nr. 4 StaRUG).

Dem Schuldner steht es frei, die einzelnen Verfahrenshilfen des StaRUG zur nachhaltigen Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit unabhängig voneinander in Anspruch zu nehmen. Aus dem Aufbau des StaRUG ergibt sich das Bild eines modularen Baukastensystems, aus welchem sich der Schuldner zur Erreichung einer nachhaltigen Sanierung nach Bedarf bedienen kann. Es liegt in der Hand des Schuldners ob und wie er die in § 29 StaRUG genannten Instrumente zum Einsatz bringt. Diese Entscheidungsfreiheit des Schuldners spiegelt den Grundgedanken des StaRUG wider, da das Restrukturierungsverfahren, anders als das Insolvenzverfahren, weitestgehend unter der Herrschaft des Schuldners steht. Bereits aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass eine Sanierung ohne oder sogar gegen den Willen des Schuldners nicht von Erfolg gekrönt sein kann (Drucksache 19/24181).

Allgemeine Voraussetzungen der Verfahrenshilfen

Die Inanspruchnahme der Verfahrenshilfen steht, wie § 29 Abs. 1 StaRUG klarstellt, unter der materiellen Bedingung der drohenden Zahlungsunfähigkeit. Formell bedarf eine Inanspruchnahme der Verfahrenshilfen der Anzeige des Restrukturierungsverfahrens nach § 31 StaRUG. 

Die Anzeige der Restrukturierungssache muss beim zuständigen Restrukturierungsgericht erfolgen. Nach §§ 34, 35 StaRUG also bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Oberlandesgericht und der Schuldner ihren Sitz haben. Zudem müssen der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens nach § 31 Abs. 2 StaRUG folgende Unterlagen beigefügt werden:

  • Entwurf des Restrukturierungsplans oder ein Konzept für die Restrukturierung, welches auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel der Restrukturierung sowie die vorgesehenen Maßnahmen beschreibt;
  • Eine Darstellung des Stands von Verhandlungen mit Gläubigern;
  • Eine Darstellung der Vorkehrungen, welche der Schuldner getroffen hat, um seine Pflichten nach dem StaRUG zu erfüllen.

Zusätzlich erfüllt jede Verfahrenshilfe die nachfolgend dargestellten Voraussetzungen.

Gerichtliche Planabstimmung

Die gerichtliche Planabstimmung (§ 29 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG), ist in §§ 45,46 StaRUG geregelt. Dem Schuldner steht es frei, ob er die Abstimmung über den Restrukturierungsplan gerichtlich oder außergerichtlich organisiert. Eine außergerichtliche Abstimmung birgt jedoch die Gefahr, dass Zweifel an der ordnungsgemäßen Annahme des Planes nach § 63 Abs. 4 StaRUG zu Lasten des Schuldners gehen. 

Entscheidet sich der Schuldner für die gerichtliche Planabstimmung, hat er eine Solche beim Restrukturierungsgericht nach § 45 Abs. 1 StaRUG zu beantragen. Der Antrag ist nicht formgebunden und es besteht kein Anwaltszwang.

Mit dem Antrag ist nach § 45 Abs. 2 StaRUG auch der Restrukturierungsplan, ggf. in Verbindung mit weiteren Anlagen, vorzulegen. Fehlende Anlagen führen nicht zu einer Abweisung des Antrages. Allerdings kann das Restrukturierungsgericht die Planabstimmung nur durchführen, wenn der Schuldner die entsprechenden Voraussetzungen schafft. Der Schuldner hat ein erhebliches Interesse an der erfolgreichen Durchführung der Abstimmung, da die Planannahme die Voraussetzung für die gerichtliche Planbestätigung darstellt. Nur durch die gerichtliche Planabstimmung wird sichergestellt, dass alle Planbetroffenen an die Planwirkungen gebunden sind, § 67 Abs. 1 StaRUG.

Damit hängen an der erfolgreichen Planabstimmung der Planerfolg und letztlich auch der Erfolg der Sanierung insgesamt. 

Der Antrag führt dazu, dass das Gericht einen Termin zur Abstimmung anberaumt und die Abstimmungsberechtigten hierzu lädt. Daneben hat der Schuldner die Möglichkeit nach § 46 StaRUG einen Vorprüfungstermin zu beantragen. In diesem Termin können vorab die für Planbestätigung und Abstimmung wichtigen Fragen geklärt werden. Im Unterschied zur Vorprüfung des Insolvenzplanes nach § 231 InsO, weist das Gericht den Plan bei Mängeln nicht zurück, vielmehr wird der Schuldner lediglich auf mögliche Mängel hingewiesen. Es besteht damit die Chance die Bestätigungsfähigkeit vor dem eigentlichen Abstimmungstermin noch herbeizuführen.

Gerichtliche Vorprüfung

§ 29 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG nennt die gerichtliche Vorprüfung auch als isolierte Verfahrenshilfe. Die Entscheidung des Schuldners für oder gegen die gerichtliche Durchführung der Planabstimmung soll keinen Einfluss auf seine Möglichkeit haben, eine gerichtliche Vorprüfung in Anspruch zu nehmen. Eine gerichtliche Vorprüfung kann der Schuldner daher auch beantragen, wenn kein gerichtliches Planabstimmungsverfahren stattfindet. Gegenstand der Vorprüfung können alle zur Bestätigung des Planes erheblichen Fragen sein. Das Gericht erlässt nach Abschluss der Vorprüfung, unabhängig, ob nach § 46 oder § 47 StaRUG, einen Hinweisbeschluss (§ 46 Abs. 2 StaRUG, § 48 Abs. 1 StaRUG). Dieser hat allerdings keine Bindungswirkung für spätere Entscheidungen. Der Hinweisbeschluss gibt dem Schuldner lediglich die Chance potenzielle Bestätigungshindernisse bereits vorab zu beseitigen. 

Stabilisierungsanordnung

Die wohl weitreichendste Verfahrenshilfe ist die Stabilisierungsanordnung nach §§ 29 Abs. 1 Nr. 3, 49 StaRUG. Im Unterschied zum Insolvenzverfahren führt die Anzeige eines Restrukturierungsvorhabens nicht automatisch dazu, dass die Vollstreckung in das und die Verwertung des schuldnerischen Vermögens automatisch unzulässig sind. Die Stabilisierungsanordnung soll dem Schuldner daher nach Anzeige des Restrukturierungsvorhabens Raum für Verhandlungen mit den Gläubigern verschaffen und verhindern, dass auf den eigenen Vorteil bedachte Gläubiger durch individuelles Vorgehen gegen den Schuldner das Restrukturierungsvorhaben untergraben.

Nach § 49 Abs. 1 StaRUG ordnet das Gericht hierfür, auf Antrag des Schuldners, eine Vollstreckungs- oder Verwertungssperre an. Eine Stabilisierungsanordnung kann grundsätzlich für drei Monate angeordnet werden, sie kann aber auf bis zu maximal acht Monate nach Erlass der Erstanordnung verlängert werden.

Die Vollstreckungssperre (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG) führt zur Untersagung oder einstweiligen Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das schuldnerische Vermögen. Mit Anordnung der Vollstreckungssperre werden bereits eingeleitet Maßnahmen der Zwangsvollstreckung unzulässig.

Die Verwertungssperre (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG) verhindert dagegen die Durchsetzung von Ab- und Aussonderungsrechten durch die Gläubiger und ermöglicht dem Schuldner die Weiternutzung der entsprechenden Gegenstände, wenn diese zur Aufrechterhaltung seines Unternehmens von erheblicher Bedeutung sind. 

Der Schuldner muss die beantragte Stabilisierungsanordnung in seinem Antrag möglichst präzise nach Dauer, Inhalt und betroffenem Adressatenkreis bezeichnen. Dem Antrag muss außerdem ein schlüssiger und tagesaktueller Entwurf der Restrukturierungsplanung und des Finanzplans für die nächsten sechs Monate, der eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält und eine Fortführung des Unternehmens für die nächsten sechs Monate aufzeigt, beigefügt werden. Zusätzlich hat der Schuldner noch zu erklären, ob er sich mit der Erfüllung bestimmter Verbindlichkeiten, insbesondere Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, Pensionszusagen, Steuerverbindlichkeiten etc. in Verzug befindet, ob bereits innerhalb der letzten drei Jahre eine Vollstreckungs- oder Verwertungssperre angeordnet wurde und ob er den Veröffentlichungspflichten bzgl. seiner Jahresabschlüsse aus den letzten drei Geschäftsjahren nachgekommen ist. Dadurch soll das Restrukturierungsgericht in die Lage versetzt werden, zu beurteilen, ob die Anordnung einer Vollstreckungs- oder Verwertungssperre angemessen und für den Erfolg des Restrukturierungsvorhabens erforderlich ist. Die Anforderungen an den Erlass einer Stabilisierungsanordnung werden weiter verschärft, wenn der Schuldner sich mit der Erfüllung der oben genannten Verbindlichkeiten erheblich in Zahlungsverzug befindet oder gegen sein Offenlegungspflichten bzgl. der letzten drei Jahresabschlüsse verstoßen hat. In diesem Fall darf das Gericht eine Stabilisierungsanordnung nur erlassen, wenn der Schuldner in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubigergesamtheit auszurichten (shift of duties).

Aufgrund der weitreichenden Auswirkungen einer Vollstreckungs- und Verwertungssperre auf die Rechte der Gläubiger ergeht diese nur unter den zuvor genannten engen Voraussetzungen. 

Die Wirkung der Stabilisierungsanordnung erschöpft sich nicht nur in der Verhinderung der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und der Suspendierung von Aussonderungs- und Absonderungsrechten, sondern hat nach § 55 StaRUG auch vertragsrechtliche Wirkung. 

Die Gläubiger werden daran gehindert im Hinblick auf die ausstehende Leistung des Schuldners Leistungsverweigerungs- und Vertragsbeendigungs- oder ‑abänderungsrechte geltend zu machen. Allerdings bleibt es dem Gläubiger unbenommen, seine Leistung zu verweigern, soweit diese auf eine rückständige Leistung des Schuldners entfällt. Dadurch soll eine Vorleistungspflicht des Vertragspartners verhindert werden.

Gerichtliche Planbestätigung

Während die Stabilisierungsanordnung dem Schuldner temporär Luft verschaffen soll, sichert die gerichtliche Planbestätigung nach § 29 Abs. 1 Nr. 4 StaRUG die finale Durchsetzung des durch den Restrukturierungsplan verkörperten Sanierungskonzepts und damit die nachhaltige Sanierung. Grundsätzlich wirkt ein Restrukturierungsplan nur für und gegen die Planbetroffenen, die dem Restrukturierungsplan zugestimmt haben. Durch die gerichtliche Planbestätigung nach § 67 Abs. 1 StaRUG wird die Bindungswirkung auch auf solche Planbetroffenen erweitert, die gegen den Restrukturierungsplan gestimmt haben.

Wie alle Verfahrenshilfen erfolgt die Planbestätigung nur auf Antrag des Schuldners § 60 Abs. 1 S. 1 StaRUG. Vor der Entscheidung über die Bestätigung des Restrukturierungsplans kann das Gericht die Betroffenen zudem nach § 61 StaRUG anhören. Durch einen Minderheitenschutzantrag kann ein Betroffener die Bestätigung des Planes verhindern, wenn dieser durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er ohne den Plan stünde. Der Schuldner kann eine Versagung der Bestätigung nach § 64 Abs. 3 StaRUG, analog zum Insolvenzpanverfahren abwenden, wenn im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans Mittel für den Fall vorgesehen sind, dass ein Planbetroffener eine Schlechterstellung nachweist. Daneben steht einem Planbetroffenen gegen den Bestätigungsbeschluss die sofortige Beschwerde zu, wenn er im Abstimmungsverfahren widersprochen und gegen den Plan gestimmt hat sowie seine Schlechterstellung nicht durch eine Ausgleichszahlung im Sinne des § 64 Abs. 3 StaRUG behoben wurde.

Die gerichtliche Planbestätigung stellt damit ein effektives Mittel dar, die Sanierung im Rahmen eines Restrukturierungsverfahren auch gegen den Willen einzelner Gläubiger oder Gesellschafter durchzusetzen. In der Restrukturierungspraxis dürfte die gerichtliche Planbestätigung die Regel sein.

StaRUG – Baukasten für eine erfolgreiche Sanierung

Mit den Verfahrenshilfen des StaRUG wird dem Schuldner ein umfangreicher Baukasten zur Verfügung gestellt, um eine erfolgreiche und nachhaltige Sanierung zu erreichen. Der Schuldner ist im Rahmen eines StaRUG-Verfahrens frei, die einzelnen Verfahrenshilfen nach Bedarf in Anspruch zu nehmen. In der Praxis kommt es darauf an, zu erkennen, welche Maßnahmen neben einem Restrukturierungsplan für eine nachhaltige Sanierung erforderlich sind und diese gezielt einzusetzen. Insbesondere mit der Stabilisierungsanordnung und der gerichtlichen Planbestätigung stellt das StaRUG Verfahrenshilfen zur Verfügung, die einerseits den Weg hin zu einem verbindlichen Restrukturierungsplan sichert und anderseits die Umsetzung eines Restrukturierungsplans, auch gegen den Widerstand einzelner Planbetroffener sicherstellt. 

Der Beitrag ist Teil unserer Blogreihe zur Unternehmensrestrukturierung nach dem StaRUG. Es erschienen bereits zahlreiche Beiträge zur europäischen Restrukturierungsrichtlinie, u.a. ein Beitrag zu den Moratorien und zu den Restrukturierungsplänen. Anschließend haben wir uns mit den Pflichten der Unternehmensleitung, dem Schutz von Finanzierungen und Finanzierungsgebern sowie den Restrukturierungsbeauftragten und Verwaltern befasst. Weiter sind wir auf die Entschuldung insolventer Unternehmerarbeitsrechtliche Aspekte der Restrukturierungs-Richtlinie, das Dutch Scheme als Vorbild für den Restrukturierungsrahmen sowie eine Sanierung außerhalb der Insolvenz eingegangen.

Tags: StaRUG Unternehmensrestrukturierung nach dem StaRUG Verfahrenshilfen