Das StaRUG gibt Unternehmen die Möglichkeit, sich frühzeitig, im Rahmen eines geordneten Verfahrens und außerhalb eines Insolvenzverfahrens, zu sanieren.
Der Ablauf des Restrukturierungsverfahrens nach StaRUG umfasst mehrere Schritte, von der Krisenfrüherkennung bis zur gerichtlichen Bestätigung des Restrukturierungsplans. Durch eine frühzeitige und professionelle Planung kann das Unternehmen seine Chancen auf eine erfolgreiche und nachhaltige Sanierung erhöhen und eine Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung vermeiden. Die Verfahrenshilfen des StaRUG ermöglichen dabei eine effektive außergerichtliche Restrukturierung, die den Interessen aller Beteiligten gerecht werden kann.
Prüfung der Sanierungsoptionen
Entscheidend für den Erfolg einer jeden Restrukturierung ist das frühzeitige Erkennen von Handlungsbedarf, im besten Fall noch vor Entstehen einer Krise. Je früher ein Unternehmen Sanierungsmaßnahmen ergreift, desto größer sind die Handlungsspielräume und die Wahrscheinlichkeit einer nachhaltigen Sanierung. Zeichnet sich eine Krise ab, ist die Geschäftsleitung verpflichtet, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen und unverzüglich den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen – typischerweise dem Beirat oder Aufsichtsrat – zu berichten. Die rechtsformunabhängige Pflicht zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement findet sich in § 1 StaRUG. Eine Verletzung dieser Norm ist nicht strafbewehrt. Jedoch verpflichten auch die rechtsformabhängigen Regelungen, wie z.B. § 91 Abs. 2 AktG, das Management zu einer vorausschauenden Leitung, also einer Krisenfrüherkennung. Eine Verletzung dieser Pflichten kann zu einer Haftung führen, vgl. etwa § 93 Abs. 2 S. 1 AktG.
Die Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens nach StaRUG setzt voraus, dass das Unternehmen lediglich drohend zahlungsunfähig ist, d.h. der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit in den nächsten 24 Monaten ist überwiegend wahrscheinlich, wenn nicht geeignete Sanierungsmaßnahmen ergriffen werden. Ist das Unternehmen dagegen bereits zahlungsunfähig und/oder überschuldet, besteht eine Insolvenzantragspflicht und eine Sanierung kann nur im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erfolgen.
Da eine Unternehmensrestrukturierung nach StaRUG eine umfassende Vorbereitung und Planung erfordert, sollte damit frühzeitig – bestenfalls bereits parallel zu den Gesprächen mit Gläubigern und Gesellschaftern – begonnen werden.
Anzeige des Restrukturierungsverfahrens beim Restrukturierungsgericht
Hat sich das Unternehmen dazu entschlossen, eine Restrukturierung nach dem StaRUG anzustreben, muss es das Restrukturierungsvorhaben beim Restrukturierungsgericht anzeigen. Damit wird die Restrukturierungssache rechtshängig und die Insolvenzantragspflicht ruht.
Bei der Anzeige handelt es sich nicht um einen förmlichen Antrag seitens des Unternehmens, der vom Gericht zu bescheiden wäre, sondern lediglich um eine einseitige Verfahrenshandlung des Antragstellers.
Mit der Anzeige des Restrukturierungsverfahrens hat das Unternehmen die folgenden Unterlagen beizufügen:
- Entwurf des Restrukturierungsplans oder Konzept, sofern der Plan noch nicht erstellt ist,
- Darstellung des Verhandlungsstands oder Vorkehrungen zur Erfüllung der Pflichten nach dem StaRUG,
- Erklärung ob und wie in die Rechte von Verbrauchern oder KMU eingegriffen werden soll.
Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens
Dem Unternehmen stehen verschiedene Verfahrenshilfen, die sog. Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens zur Verfügung. Diese können entweder bereits mit der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens oder auch erst im Verlauf der Ausarbeitung des Restrukturierungsplans beantragt werden. Das StaRUG sieht folgende Sanierungsinstrumente vor, die jeweils einzeln und unabhängig voneinander beantragt werden können:
- Durchführung der gerichtlichen Planabstimmung,
- Vorprüfung von Fragen, die für die Bestätigungsfähigkeit des Restrukturierungsplans erheblich sind,
- Anordnung von Vollstreckungs- und Verwertungssperren (sog. „Stabilisierungsanordnung“, auf maximal drei bis vier Monate begrenzt),
- Bestätigung des Restrukturierungsplans (zu empfehlen, wenn die Planabstimmung außergerichtlich erfolgt).
Ausarbeitung des Restrukturierungsplans
Das zentrale Element des Restrukturierungsverfahrens nach dem StaRUG ist der Restrukturierungsplan. Er erlaubt dem schuldnerischen Unternehmen, die rechtlichen Beziehungen zu den beteiligten Gläubigern flexibel anzupassen, zum Beispiel durch einen Schuldenschnitt oder eine Anpassung bestehender Kreditverträge.
Der Restrukturierungsplan orientiert sich am Insolvenzplan nach der Insolvenzordnung, jedoch kann er im Gegensatz dazu auch nur einzelne Gläubigergruppen betreffen. Es handelt sich somit nicht zwangsläufig um ein kollektives Verfahren; vielmehr kann der Plan auch nur bestimmte Gruppen unter Berücksichtigung von „sachgerechten Kriterien“ (gemäß § 8 StaRUG) einbeziehen. Zum Beispiel kann das Verfahren ausschließlich auf die Finanzgläubiger beschränkt werden und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen unberührt lassen.
Durch den Restrukturierungsplan kann auch in die Rechte der Anteilsinhaber der schuldnerischen Gesellschaft eingegriffen werden. Zum Beispiel kann der Restrukturierungsplan einer AG, die Herabsetzung des Grundkapitals auf null Euro bei gleichzeitigem Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts der (Alt-)Aktionäre vorsehen, was zu einem Ausscheiden derselben führt. Bei einem „reinen Gesellschafterplan“ sind jedoch die Abweichungen bzgl. der erforderlichen Mehrheiten bei der Abstimmung über den Restrukturierungsplan zu beachten (s.u.).
Übermittlung des Planangebots
Vor der Abstimmung über den Restrukturierungsplan ist den Planbetroffenen das sog. Planangebot zu übermitteln. Dies gilt unabhängig davon, ob die Abstimmung über den Restrukturierungsplan außergerichtlich oder gerichtlich stattfindet.
Das Planangebot hat insbesondere folgende Unterlagen zu enthalten:
- den vollständigen Restrukturierungsplan mit allen Anlagen,
- den Hinweis darauf, dass der Plan bei mehrheitlicher Annahme und gerichtlicher Bestätigung auch für die Gläubiger wirksam wird, die dem Plan nicht zugestimmt haben,
- eine Aufstellung der bisher angefallenen oder noch zu erwartenden Kosten des Restrukturierungsverfahrens, ggf. einschließlich der Vergütung der / des Restrukturierungsbeauftragten.
Soll die Abstimmung über den Restrukturierungsplan im Rahmen einer außergerichtlichen Versammlung schriftlich erfolgen, muss das Planangebot zusätzlich den Hinweis darauf enthalten, dass auf Verlangen eines Betroffenen mindestens eine gemeinsame Erörterung des Plans durch alle Planbetroffenen stattfindet, bevor über den Plan abgestimmt wird.
Auf die Unterbreitung des Planangebotes folgt in der Regel die Planabstimmung. Diese kann entweder mit (gerichtliche Planabstimmung) oder ohne (außergerichtliche Planabstimmung) Beteiligung des Restrukturierungsgerichts erfolgen.
Außergerichtliche Planabstimmung
Findet die Abstimmung über den Restrukturierungsplan ohne Beteiligung des Gerichts statt, so hat das Unternehmen die Abstimmung selbst zu organisieren und den Vorsitz der Versammlung zu halten.
Die Einladung der Planbetroffenen muss schriftlich und mit einer Frist von 14 Tagen erfolgen. Sofern die Versammlung auf elektronischem Wege im Rahmen einer Videokonferenz erfolgen soll, beträgt die Frist 7 Tage. Bei der elektronischen Durchführung der Planabstimmung ist darauf zu achten, dass die technischen Voraussetzungen gegeben sind und alle Planbetroffenen sich äußern und kommunizieren können. Technische Übertragungsschwierigkeiten gehen stets zu Lasten des schuldnerischen Unternehmens.
Gerichtliche Planabstimmung
Die gerichtliche Abstimmung über den Restrukturierungsplan findet wie bei einem Insolvenzplan im Rahmen eines Erörterungs- und Abstimmungstermins statt. In diesem Rahmen können auch die Stimmrechte der Planbetroffenen erörtert werden.
Der Vorteil der gerichtlichen Planabstimmung besteht darin, dass Streit über den ordnungsgemäßen Ablauf des Abstimmungsverfahrens vermieden werden kann. Bei der außergerichtlichen Planabstimmung kann dies zu einer Versagung der Planbestätigung führen.
Bildung der erforderlichen Mehrheit
Die Planabstimmung erfolgt in den im Restrukturierungsplan angegeben Gruppen. Abstimmungsberechtigt sind nur die planbetroffenen Gläubiger, also die Gläubiger, deren Rechte durch den Plan berührt werden.
Die Stimmrechte richten sich je nach dem Recht des Planbetroffenen nach unterschiedlichen Kriterien:
- Gesicherte Gläubiger: Wert der Sicherheit
- Ungesicherte Gläubiger: Betrag der Forderung
- Anteilsinhaber: Nomineller Anteil am gezeichneten Kapital oder Vermögen des Schuldners
Zur Planannahme ist grundsätzlich eine Mehrheit von 75% der in jeder Gruppe vorhanden Stimmrechte erforderlich. Eine Kopfmehrheit ist nicht vorgesehen.
Für den Fall, dass die erforderliche Mehrheit nicht erreicht wird, sieht das StaRUG ein Obstruktionsverbot (sog. Cross-Class Cram-Down) vor, infolgedessen die Zustimmung einer Gruppe unter den folgenden Voraussetzungen als erteilt gilt:
- die Betroffenen durch den Plan nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne den Plan stünden,
- sie angemessen am wirtschaftlichen Wert der Restrukturierung beteiligt werden und
- die Mehrheit der Gruppen zugestimmt hat.
Sofern im Restrukturierungsplan nur zwei Gruppen vorgesehen sind, ist die Zustimmung der einen Gruppe ausreichend, um die Gläubiger in der ablehnenden Gruppe zu überstimmen. Allerdings darf die Zustimmung nicht einzig durch Gesellschafter und Nachranggläubiger erfolgen.
Bestätigung des Restrukturierungsplans oder Versagung der Bestätigung
Voraussetzung dafür, dass die im Restrukturierungsplan festgelegten Wirkungen gegenüber den Gläubigern wirken, die gegen den Plan gestimmt haben, ist eine gerichtliche Planbestätigung auf Antrag des schuldnerischen Unternehmens erforderlich.
Sofern ein außergerichtlich angenommener Restrukturierungsplan vom Gericht bestätigt werden soll, sind dem Antrag die folgenden Unterlagen beizufügen:
- der Restrukturierungsplan, der der Abstimmung zugrunde lag,
- die Dokumentation über das Abstimmungsergebnis,
- sämtliche Urkunden/Nachweise, aus denen sich ergibt wie die Abstimmung durchgeführt wurde und zu welchem Ergebnis sie geführt hat.
Bei einer außergerichtlichen Planabstimmung hat das Gericht vor der Entscheidung über die Bestätigung die Planbetroffenen anzuhören; bei einer gerichtlichen Planbestätigung ist die Anhörung fakultativ.
In der Regel sollen zwischen der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens und der Bestätigung des Restrukturierungsplans in der Regel nicht mehr als sechs Monate liegen. In Ausnahmefällen gestattet das Gesetz jedoch eine (einmalige) Verlängerung der Wirkung der Anzeige um weitere sechs Monate.
Die Bestätigung des Plans ist von Amts wegen zu versagen, wenn
- das schuldnerische Unternehmen nicht drohend zahlungsunfähig ist,
- gegen die Anforderungen an den Restrukturierungsplan bzw. die Planabstimmung verstoßen wurde und der Mangel nicht innerhalb einer angemessenen Frist behoben werden kann,
- die durch den Plan gestalteten Ansprüche der Planbetroffenen offensichtlich nicht erfüllt werden können.
Beantragung öffentlicher Bekanntmachung
Grundsätzlich ist eine Unternehmensrestrukturierung nach StaRUG nicht öffentlich; eine Veröffentlichung kann aber durch den Schuldner beantragt werden. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn das Unternehmen ausländische Geschäftsbeziehungen unterhält und eine Anerkennungswirkung nach den Vorschriften der EuInsVO anstrebt.
Der Beitrag ist Teil unserer Blogreihe zur Unternehmensrestrukturierung nach dem StaRUG. Es erschienen bereits zahlreiche Beiträge zur europäischen Restrukturierungsrichtlinie, u.a. ein Beitrag zu den Moratorien und zu den Restrukturierungsplänen. Anschließend haben wir uns mit den Pflichten der Unternehmensleitung, dem Schutz von Finanzierungen und Finanzierungsgebern sowie den Restrukturierungsbeauftragten und Verwaltern befasst. Weiter sind wir auf die Entschuldung insolventer Unternehmer, arbeitsrechtliche Aspekte der Restrukturierungs-Richtlinie, das Dutch Scheme als Vorbild für den Restrukturierungsrahmen sowie eine Sanierung außerhalb der Insolvenz eingegangen.