Maßnahmen für Diversity, Equity & Inclusion werden für Unternehmen immer wichtiger. Am Anfang stehen häufig Diversity-Befragungen. Diese werfen einige rechtliche Probleme auf.
Das Thema „Diversity, Equity & Inclusion“-Management ist in aller Munde. Große Konzerne adressieren es schon seit längerem offensiv. Aber auch für kleine und mittelständische Unternehmen gewinnt das Thema zunehmend an Bedeutung.
Grund hierfür sind nicht zuletzt aktuelle Entwicklungen in der Gesetzgebung. Schon jetzt werden einige Unternehmen durch die sog. CSR-Richtlinie der EU verpflichtet, Maßnahmen zu Diversität und Inklusion offenzulegen. Weitere Verschärfungen sind auf EU-Ebene bereits in Planung. In Zukunft werden allein in Deutschland voraussichtlich rund 15.000 Unternehmen detailliert zu Diversität und Inklusion in ihrem Unternehmen Bericht erstatten müssen.
Mit „Diversity, Equity & Inclusion“-Management zum Erfolg
Doch nicht nur die Gesetzgebung treibt diese Entwicklung voran. Zahlreiche Studien belegen, dass Diversity, Equity & Inclusion für Unternehmen immer stärker in den Fokus rücken. Unlängst wurde erkannt, dass sie die zentralen Treiber für Innovation, Profitabilität und Motivation sind.
Diese Entwicklung ist wenig verwunderlich: Diverse Teams und diverse Unternehmen gelten als besonders erfolgreich. Für sie besteht eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, über dem Marktdurchschnitt zu performen. Vielfältige Unternehmen sind außerdem deutlich innovativer als ihre weniger diverse Konkurrenz. Dies bestätigen auch Studien von McKinsey und PwC.
Die Gründe für den Erfolg sind vielfältig. Sie liegen einerseits im unternehmensinternen Bereich, bspw. in einer besseren Zusammenarbeit der Arbeitnehmer*innen untereinander. Aber auch die Außenwahrnehmung wird durch mehr Diversität verbessert. Vor allem sensibilisierte Kund*innen achten verstärkt darauf, wie divers Unternehmen aufgestellt sind und ob sie sich für Diversität, gerechte Teilhabe und Inklusion engagieren. Zudem sind diverse Unternehmen als Arbeitgeber besonders attraktiv.
Diversity, Equity & Inclusion – mehr als Regenbogenflaggen
Die gestiegene Bedeutung spiegelt sich vor allem in den Werbespots großer Unternehmen wider, die darum bemüht sind, ein vielfältiges Bild von sich zu zeichnen. Gelungenes „Diversity, Equity & Inclusion“-Management meint allerdings mehr als bloße Marketing-Aktionen, welche die Vielfalt eines Unternehmens betonen. Der Begriff umfasst vielmehr die tatsächliche Implementierung einer Unternehmenskultur, in der alle Arbeitnehmer*innen in ihrer Vielfalt dieselben Chancen haben, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, sich wertgeschätzt und wohl fühlen und sich einbringen und entfalten können.
Wer das Ziel verfolgt, ein ganzheitliches „Diversity, Equity & Inclusion“-Management zu implementieren, ist in einem ersten Schritt regelmäßig darauf angewiesen, den Status quo festzustellen. Denn nur wer die Zusammensetzung der eigenen Belegschaft und deren Bedürfnisse kennt, kann wirksame Maßnahmen ergreifen, um Diversität, gerechte Teilhabe und Inklusion zu fördern. Hierbei können Befragungen der Mitarbeitenden zum Thema Diversität, gerechte Teilhabe und Inklusion helfen. Diese Personalbefragungen können bspw. auf die ethnische Herkunft oder sexuelle Orientierung gerichtet sein. Derartige Befragungen bilden regelmäßig das notwendige Fundament für weiterführende Bemühungen. Denn erst mit Hilfe der Befragungen kann häufig geklärt werden, in welchem Bereich Nachholbedarf für ein Unternehmen besteht und wo dieser besonders groß ist.
Das Ergebnis solcher Diversity-Befragungen kann anschließend genutzt werden, um Diversität, gerechte Teilhabe und Inklusion im Unternehmen durch zielgerichtete Maßnahmen zu fördern, bspw. durch Trainings, Workshops oder die Vereinbarung von Quoten-Regelungen.
Heikle Fragen, hohe Hürden – Herausforderungen von Diversity-Befragungen
An diesem Punkt beginnen die rechtlichen Herausforderungen. Denn die möglichen Fragestellungen im Rahmen einer Mitarbeitenden-Befragung betreffen Informationen, die rechtlich besonders geschützt sind. Die Voraussetzungen für die Abfrage derartiger Informationen sind deshalb hoch. Der rechtliche Rahmen wird dabei einerseits durch das Datenschutzrecht abgesteckt und andererseits setzt das Arbeitsrecht der Befragung gewisse Grenzen.
Datenschutzrechtliche Zulässigkeit von Diversity-Befragungen
Die datenschutzrechtliche Relevanz derartiger Befragungen folgt aus dem Umstand, dass im Zusammenhang mit Diversity-Befragungen regelmäßig personenbezogene Daten verarbeitet werden. Denn die Befragungen sind häufig so ausgestaltet, dass die gewonnenen Daten auf einzelne Arbeitnehmer*innen zurückgeführt werden können.
Deshalb richtet sich die Zulässigkeit der Befragung nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Diese Regelungen schreiben u.a. vor, dass personenbezogene Daten nur verarbeitet werden dürfen, wenn die Verarbeitung auf eine hinreichende Rechtsgrundlage gestützt werden kann. Verschärfend tritt hinzu, dass im Rahmen von Diversity-Befragungen häufig sog. besondere Kategorien personenbezogener Daten verarbeitet werden, also besonders sensible Informationen, wie die Herkunft oder sexuelle Orientierung. Hier sind die Anforderungen an eine geeignete datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage besonders hoch.
Grds. sind mehrere Wege denkbar, wie man den datenschutzrechtlichen Herausforderungen in der Praxis begegnen kann.
Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob eine etwaige Befragung so ausgestaltet werden kann, dass datenschutzrechtliche Bestimmungen erst gar keine Anwendung finden. Voraussetzung hierfür wäre die Aufhebung des Personenbezugs der abgefragten Daten, letztlich also deren anonyme Verarbeitung. Dafür gelten datenschutzrechtlich allerdings hohe Anforderungen. Ihnen ist nicht schon dadurch Genüge getan, dass die Befragung anonym i.S.d. herkömmlichen Sprachgebrauchs durchgeführt wird. Es reicht deshalb nicht schon aus, dass Arbeitnehmer*innen bei der Befragung weder Name noch andere eindeutige Identifikationsmerkmale angeben müssen. Anonymität nach Maßgabe der speziellen Anforderungen der DSGVO verlangt vielmehr, dass jeder Rückschluss auf einzelne Beschäftigte ausgeschlossen ist. Je kleiner die befragte Gruppe ist und je mehr Daten abgefragt werden, desto weniger kann Anonymität garantiert werden. Findet die Erhebung online statt, sind zudem technische Möglichkeiten der Rückverfolgung zu beachten.
Letztlich entscheidet die konkrete Ausgestaltung der Befragung im Einzelfall darüber, ob Anonymität i.S.d. DSGVO gewährleistet werden kann. Im Zweifel sollte man sich darauf aber nicht verlassen. Zudem gilt es zu bedenken: Unabhängig davon, ob Anonymität i.S.d. DSGVO sichergestellt werden kann, empfiehlt es sich immer, Befragungen ohne Angabe von Name oder anderen eindeutigen Identifikationsmerkmalen, wie der Personalnummer, durchzuführen. Auch wenn die Anwendung des Datenschutzrechts hierdurch meist noch nicht ausgeschlossen werden kann, hilft die Befragung ohne unmittelbaren Personenbezug gleichwohl bei der Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben (dazu unten).
Einwilligung als Rechtfertigung für Diversity-Befragungen nach der DSGVO
Es bedarf daher im Regelfall einer tauglichen datenschutzrechtlichen Rechtsgrundlage, um die Verarbeitung der Daten im Rahmen der Befragung zu rechtfertigen. Für die Datenerhebung im Beschäftigungskontext ist dabei regelmäßig § 26 BDSG maßgeblich, der unterschiedliche Rechtfertigungstatbestände für die Verarbeitung sensibler personenbezogener Daten im Beschäftigungskontext beinhaltet. Auch hier entscheidet der Einzelfall, auf welche Rechtsgrundlage zurückgegriffen werden kann.
Die größte Rechtssicherheit dürfte – jedenfalls für umfangreiche Befragungen – die Einholung einer Einwilligung der Beschäftigten bieten. Für deren Wirksamkeit sind allerdings einige Aspekte zu beachten. Insbesondere muss die Einwilligung freiwillig erfolgen. Wegen der strukturellen Abhängigkeit in Beschäftigungsverhältnissen stellen Gesetzgebung und Rechtsprechung an dieses Kriterium äußerst hohe Anforderungen. Maßgeblich sind dabei unterschiedlichste Faktoren, u.a. der Zeitpunkt der Befragung, die Menge der abgefragten Daten und die Möglichkeit der Arbeitnehmer*innen, auf die Teilnahme an der Befragung ohne Nachteile zu verzichten. Diese Kriterien sind beim Design einer Befragung unbedingt zu berücksichtigen.
Wahrung datenschutzrechtlicher Grundsätze ebenso wichtig
Neben der Sicherstellung einer freiwilligen Einwilligung sind auch die allgemeinen Grundsätze der Datenverarbeitung nach Maßgabe von Art. 5 DSGVO zu beachten. Sie geben zunächst eine strenge Zweckbindung der Datenverarbeitung vor.
Wer Daten verarbeitet, ist an den Zweck der Verarbeitung gebunden. Das setzt voraus, dass dieser Zweck im Vorhinein festgelegt wird. Schon vor der Befragung muss daher klar definiert sein, dass die Daten zur Untersuchung der Diversität im betreffenden Unternehmen dienen und Grundlage für fördernde Maßnahmen sein sollen. Nicht hiermit vereinbar ist ein Erheben der Daten „auf Verdacht“, also ohne hinreichend konkretes Gesamtkonzept und nur für den Fall, dass ein solches später etabliert werden sollte.
Erfordernis der Datenminimierung und Speicherbegrenzung
Noch wichtiger sind in diesem Zusammenhang allerdings die Grundsätze der Datenminimierung und Speicherbegrenzung. Der Grundsatz der Datenminimierung verlangt, dass der Umfang der verarbeiteten Daten von Beginn an auf das erforderliche Minimum beschränkt wird.
Auf Mitarbeitenden-Befragungen hat dies erhebliche Auswirkungen. Regelmäßig wird es nämlich nicht erforderlich sein, dass die Mitarbeitenden bei der Befragung ihren Namen oder andere unmittelbare Identifizierungsmerkmale, wie die Personalnummer, angeben. Denn häufig dienen die Befragungen dem Zweck, den allgemeinen Bestand zu erfassen. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass die Daten unmittelbar den einzelnen Mitarbeitenden zugeordnet werden können. Folglich bedarf es in diesen Fällen auch nicht der Angabe unmittelbarer Identifikationsmerkmale der Arbeitnehmer*innen.
Daher sollte man bei Mitarbeitenden-Befragungen auf die Erhebung solcher Merkmale im Zweifel verzichten. Eine datenschutzrechtliche Anonymität erreicht man durch den Verzicht, wie bereits erwähnt, i.d.R. zwar nicht. Es macht für die rechtliche Bewertung aber einen großen Unterschied, ob ein Rückschluss auf die einzelnen Teilnehmer*innen der Befragung nur unter größerem technischen Aufwand möglich ist oder die Zuordnung schon aufgrund der Angabe der Klarnamen oder Personalnummern erfolgen kann.
Möchte ein Unternehmen für die Gestaltung eines unternehmenseigenen Sportbereichs von seinen Arbeitnehmer*innen bspw. erfahren, welche Bekleidungsvorschriften diese für sich als religiös verbindlich empfinden, ist eine unmittelbare Identifizierung einzelner Beschäftigter nicht erforderlich. Denn die Frage betrifft lediglich den allgemeinen Bedarf nach bestimmten Regeln zur Nutzung des Sportbereichs bzw. einer räumlichen Trennung von Trainingsbereichen.
Gleiches dürfte auch gelten, wenn ein Unternehmen, bspw. eine Airline, neue Kleidung für die Arbeitnehmer*innen entwirft und dabei auch religiöse Vorschriften berücksichtigen möchte. Zwar könnte man auf den ersten Blick meinen, ein unmittelbarer Personenbezug sei hier notwendig, um einzelnen Beschäftigten passende Kleidung zur Verfügung zu stellen. Bei genauerer Betrachtung mangelt es aber auch bei diesem Beispiel an der Erforderlichkeit der Angabe identifizierender Merkmale. Die Daten können nämlich auch ohne unmittelbaren Personenbezug abgefragt werden und die daraufhin entworfenen unterschiedlichen Kleidungsvarianten dann allen Arbeitnehmer*innen zur Auswahl gestellt werden.
Ähnlich wären auch Fragen im Rahmen einer Diversity-Befragung zu bewerten, die auf die sexuelle Orientierung abzielen. Wird bspw. danach gefragt, ob im Unternehmen Interesse an einem LGBTIQ+-Netzwerk besteht, muss das Unternehmen keinen unmittelbaren Bezug zu den Mitarbeitenden herstellen können, die Interesse bekundet haben. Denn der Umfang der Ressourcen, die von Unternehmensseite für ein solches Netzwerk zur Verfügung zu stellen sind, richtet sich allein nach dem generellen Interesse. Die Identität der interessierten Arbeitnehmer*innen ist hierfür ohne Belang.
Die Beispiele zeigen, dass bereits die Frage der Datenminimierung genauer Betrachtung bedarf. Die Überlegungen dürfen an dieser Stelle allerdings nicht enden. Denn das Speicherbegrenzungsgebot stellt weitere Anforderungen an den Umgang mit den personenbezogenen Beschäftigtendaten. Es setzt zeitlich nach der Datenerhebung an und besagt, dass personenbezogene Daten nicht länger als notwendig gespeichert werden dürfen. Auch dies hat für Diversity-Befragungen erhebliche praktische Bedeutung: Der Personenbezug der gewonnenen Daten ist möglichst schnell aufzuheben. Selbst wenn sich der Bezug nicht aus unmittelbaren Identifizierungsmerkmalen, sondern lediglich aus technischen Rückverfolgungsmöglichkeiten ergibt, ist somit Eile geboten. Einzelne Antworten sind schnellstmöglich in einen statistischen Datensatz zu überführen und anschließend zu löschen, sodass auch eine technische Rückverfolgung ausscheidet. Denn erst dann ist der datenschutzrechtliche Personenbezug aufgehoben und der Speicherbegrenzungsmaxime Genüge getan.
Weitere datenschutzrechtliche Vorgaben: TOMs und Informationspflichten
Daneben sind weitere datenschutzrechtliche Vorgaben zu beachten. Es müssen insbesondere angemessene technische und organisatorische Maßnahmen (sog. TOMs) zum Datenschutz umgesetzt werden. Zudem müssen den Betroffenen Datenschutzinformationen zur Datenverarbeitung im Zusammenhang mit der Diversity-Befragung zur Verfügung gestellt werden.
Einschaltung von Dienstleister*innen – Möglichkeit und Risiko zugleich
Das Thema gewinnt weiter an datenschutzrechtlicher Komplexität, wenn Dienstleister*innen eingeschaltet werden, um die Daten zu erheben und/oder auszuwerten. Denn auch dieser Vorgang muss datenschutzrechtlich abgesichert werden.
Rein faktisch kann sich die Einschaltung Dritter anbieten. Sie hilft zum einen, die Freiwilligkeit der Einwilligung sicherzustellen. Sind die Arbeitgeber*innen mit der Datenerhebung selbst nämlich gar nicht befasst, verspüren Arbeitnehmer*innen möglicherweise auch geringeren Druck, an der Befragung teilnehmen zu müssen. Zudem wird durch den Einsatz von Dienstleister*innen die interne Kommunikation erleichtert, indem die Professionalität der Befragung unterstrichen wird. Mitarbeitende werden weniger den Eindruck haben, die Befragung diene nur als Vorwand, um ihre persönlichen Daten zu erhalten.
Wie die Einbindung rechtlich zu erfolgen hat, hängt von der konkreten Beteiligung der Dienstleister*innen ab. Hier sind im Einzelfall verschiedene Konstellationen denkbar. Je nach Fallgestaltung kann eine gemeinsame Verantwortlichkeit für die Datenverarbeitung vorliegen, es können getrennte Verantwortlichkeiten bestehen oder es kann ein Fall der Auftragsverarbeitung gegeben sein. Eine genaue Qualifikation der Verantwortlichkeiten ist daher von Relevanz, weil von dieser Unterscheidung u.a. abhängt, ob ein Auftragsverarbeitungsvertrag oder eine Vereinbarung zur gemeinsamen Verantwortlichkeit geschlossen werden muss. Die datenschutzrechtliche Stellung der beteiligten Personen und Unternehmen beeinflusst zudem die Frage, inwieweit die Weitergabe der Daten an das Drittunternehmen einer eigenen Rechtsgrundlage bedarf.
Diversity-Befragungen haben auch arbeitsrechtliche Implikationen
Auch arbeitsrechtliche Vorgaben müssen bei der Durchführung von Mitarbeitenden-Befragungen beachtet werden. Einerseits stellt sich die Frage, wie weit das Fragerecht von Arbeitgeber*innen gegenüber ihren Arbeitnehmer*innen reicht. Andererseits müssen auch die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates berücksichtigt werden, wenn ein solcher im Unternehmen existiert.
Parallel zum Datenschutzrecht gilt zunächst: Werden die Daten anonym und ohne Druck auf die Mitarbeitenden, an der Befragung teilzunehmen, durch Personalfragebögen erhoben, dürfte eine Befragung auch arbeitsrechtlich grds. zulässig sein. Auch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats wird in einem solchen Fall regelmäßig nicht ausgelöst.
Fragerecht nur in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit
Werden aber in freiwilligen Mitarbeitenden-Befragungen personenbezogene Fragen gestellt, muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt und müssen die gegenüberstehenden Interessen gegeneinander abgewogen werden.
Somit stellt sich regelmäßig die Frage, in welchem Umfang Arbeitgeber*innen im Beschäftigungsverhältnis Fragen zu sensiblen Informationen wie der Religionszugehörigkeit, Schwerbehinderteneigenschaft oder sexuellen Orientierung stellen dürfen. Die Reichweite des Fragerechts orientiert sich im Grundsatz am Maßstab der Verhältnismäßigkeit und ist durch Abwägung der gegenseitigen Interessen zu bestimmen. Je stärker in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer*innen eingegriffen wird, ohne dass diesem Eingriff ein berechtigtes Interesse der Arbeitgeber*innen an den Informationen gegenübersteht, desto eher ist eine einzelne Frage als unzulässig einzustufen. Wie das Ergebnis der Abwägung ausfällt, ist eine Frage des Einzelfalls und hängt maßgeblich davon ab, auf welche Art und Weise die Daten abgefragt werden.
Insgesamt aber ist bei Fragen, die die geschützten Merkmale des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) betreffen, Zurückhaltung geboten. Durch die Ausgestaltung der Befragung muss sichergestellt werden, dass die Grenzen der Verhältnismäßigkeit nicht überschritten werden. So könnte bspw. statt der direkten Frage, ob die Eltern einer beschäftigten Person im Ausland geboren sind, gefragt werden, ob Interesse an Veranstaltungen über andere Kulturkreise besteht.
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates
Schließlich ist bei der Befragung von Mitarbeitenden auch auf die Rechte des Betriebsrates zu achten. So schreibt das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in gewissen Fällen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates vor. Auch eine Diversity-Befragung kann hierunter fallen.
Eine anonyme und freiwillige Befragung mit einem Standardfragebogen löst das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats regelmäßig nicht aus. Anders verhält es sich aber, wenn Rückschlüsse auf einzelne Arbeitnehmer*innen möglich und im Personalfragebogen Angaben zum Verhalten und/oder Leistung der Arbeitnehmer*innen enthalten sind. In einem solchen Fall unterliegt die Befragung dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 oder § 87 Abs. 1 Nr. 6 oder § 94 BetrVG.
Auch die Zwischenschaltung von Dienstleister*innen zwecks Durchführung der Befragung schließt das Mitbestimmungsrecht nicht aus. Die zum Ausschluss des Mitbestimmungsrechts führende Anonymität muss durch die Dienstleister*innen wie durch die Arbeitgeber*innen gewahrt sein.
Auch hier sind pauschale Einschätzungen nicht möglich, sondern es kommt für die Frage des Eingreifens eines Mitbestimmungsrechts stets auf den Einzelfall an.
Diversity-Befragungen – die Gestaltung entscheidet
In der Gesamtschau verhält es sich mit der Zulässigkeit von Diversity-Befragungen wie mit vielen Rechtsproblemen: Es kommt auf die Ausgestaltung an. Zwar lauern einige datenschutz- und arbeitsrechtliche Fallstricke. Denn für die rechtliche Bewertung von Diversity-Befragungen sind viele Faktoren zu berücksichtigen, etwa Art und Umfang der Fragen, ebenso die Situation und der Zeitpunkt, zu welchem die Fragen gestellt werden. Wer hier die notwendige Vorsicht und Sorgfalt vermissen lässt, riskiert – gerade im Datenschutzrecht – enorme Bußgelder.
Eine rechtskonforme Ausgestaltung ist aber möglich. Diese Erkenntnis ist wichtig, weil ein effektives „Diversity, Equity & Inclusion“-Management ohne vorherige Diversity-Befragung kaum gelingen kann. Nur wer fragt, findet auch die richtigen Antworten. Ein Patentrezept hierfür existiert nicht; jeder Einzelfall bedarf einer eigenen, passgenauen Lösung. Am besten gelingt die Ausgestaltung regelmäßig, wenn Rechtsexpert*innen eingebunden werden, da sie die Stellschrauben kennen, an denen gedreht werden muss, um die Rechtskonformität der Diversity-Befragung zu gewährleisten. So werden Diversity-Befragungen ein rechtlich zulässiges und praktisch wichtiges Instrument, um die Vielfalt eines Unternehmens zu beleuchten und um eine gerechte Teilhabe zu ermöglichen und eine inklusive Unternehmenskultur zu schaffen.
Auf unserer Homepage erfahren Sie mehr über u.a. Diversity und Inklusion sowie über nachhaltige und verantwortungsvolle Unternehmensführung. In unserer Serie „Social and Human Rights“ sind wir eingegangen auf das Arbeitsschutzkontrollgesetz und den entsprechenden Gesetzesentwurf sowie auf die Schutzvorschriften in der Fleischwirtschaft. Ebenfalls eingegangen sind wir auf Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette und diesbezügliche Regelungen im Ausland wie in der Schweiz. Gleichermaßen ein Thema waren die (psychischen) Belastungen am Arbeitsplatz oder das Lieferkettengesetz.