10. Juli 2012
Tarifunfähigkeit
Arbeitsrecht CMS

CGZP: Schleswig-Holsteinisches LSG bleibt sich treu

Wir haben bereits ausführlich an anderer Stelle darüber berichtet, dass Personaldienstleister nach einer von dem zuständigen Rentenversicherungsträger durchgeführten „CGZP-Betriebsprüfung“ einstweiligen Rechtsschutz beantragt haben. Die Rechtsprechung ist dabei mit Blick auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch/Klage gegen den Nachforderungsbescheid nicht einheitlich, sondern bildet das gesamte Entscheidungsspektrum ab.

Jüngst ist ein aktueller Beschluss des Schleswig-Holsteinischen LSG veröffentlicht worden, in dem der 5. Senat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und die Beschwerde des Rentenversicherungsträgers gegen die erstinstanzlich von dem SG Lübeck vorgenommene Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zurückgewiesen hat (Beschl. v. 25.06.2012 – L 5 KR 81/12 B ER; siehe auch: Beschl. v. 20.04.2012 – L 5 KR 20/12 B ER; Beschl. v. v. 20.04.2012 – L 5 KR 9/12 B ER). Bemerkenswert ist die Entscheidung vor dem Hintergrund, dass das BAG inzwischen festgestellt hat, dass die CGZP zu keinem Zeitpunkt tariffähig war. Auf diese aktuelle Entwicklung geht das Schleswig-Holsteinische LSG im Rahmen der Begründung ausdrücklich ein.

Im Ergebnis stützt sich der 5. Senat weiterhin darauf, dass aufgrund der im Eilverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug und dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG auch dann erfolgen könne, wenn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes von einer Mehrzahl von Voraussetzungen abhänge, deren Prüfung die Klärung schwieriger Rechtsfragen beinhalte.

Das Schleswig-Holsteinische LSG argumentiert, dass das BAG am 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) lediglich festgestellt habe, dass die CGZP gegenwartsbezogen nicht tariffähig sei. Es führt aber ergänzend aus, dass der 1. Senat in einem weiteren Beschluss vom 23.05.2012 (Az. 1 AZB 58/11) erklärt habe, dass mit der Zurückverweisung der gegen die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg (Beschl. v. 09.01.2012 – 24 TaBV 1285/11) gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde diese Rechtskraft erlangt habe (wir berichteten). Damit stehe rechtskräftig fest, dass die CGZP in der Vergangenheit nicht tariffähig gewesen sei. Gleichwohl bleibt der 5. Senat bei der Auffassung, dass aufgrund der zahlreichen weiterhin zu klärenden Rechtsfragen mit unterschiedlichen Ansätzen sowohl in Literatur als auch in der bisherigen Rechtsprechung die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs begründet ist. Denn unabhängig von der nunmehr rechtskräftig festgestellten Tarifunfähigkeit der CGZP für die Vergangenheit sprächen gute Gründe dafür, rückwirkende Beitragsnachforderungen aus Vertrauensgesichtspunkten auszuschließen. Darauf habe der Senat seine Entscheidungen vom 20.04.2012 wesentlich gestützt. Zudem weist das Schleswig-Holsteinische LSG auf Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides hin, die sich aus sozialrechtlichen Vorschriften ergeben, u.a. mit Blick auf die vorgenommene Schätzung der Nachforderung, die nicht erfolgte Aufhebung eines vorherigen Prüfbescheides für einen teilweise identischen Zeitraum und eine in Betracht kommende Verjährung.

Im Ergebnis bleibt das Schleswig-Holsteinische LSG seiner bisherigen Linie treu. Mit überzeugender Begründung ordnet es die aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Nachforderungsbescheid der DRV an und weist dabei zu Recht darauf hin, dass trotz der Feststellung des BAG, dass die CGZP zu keinem Zeitpunkt tariffähig war, zahlreiche Rechtsfragen ungeklärt sind, die eine überwiegende Wahrscheinlichkeit begründen, dass das eingelegte Rechtsmittel gegen den Bescheid in der Hauptsache erfolgreich sein wird. Dieser Ansicht folgt im Übrigen auch das LSG Niedersachsen-Bremen (Beschl. v. 02.05.2012 – L 1 KR 121/12 B ER). Aufgrund der Zersplitterung der Rechtsprechung hängt die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz – bis zu einer Klärung der streitgegenständlichen Fragen durch das BSG im Hauptsacheverfahren – vom Sitz des betroffenen Personaldienstleisters und damit bedauerlicherweise von Zufälligkeiten ab. Vor diesem Hintergrund ist dringend es geboten, durch eine mögliche Sprungrevision nach Kassel für Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen zu sorgen.

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