17. November 2010
Patentrecht & Gebrauchsmusterrecht

Eine Bohne macht noch keinen Patentschutz

Ein biotechnologisches Patent erstreckt sich grundsätzlich auch auf biologisches Material, das durch vegetative oder generative Vermehrung gewonnen wurde. In seinem Urteil vom 6. Juli 2010 (Rechtssache C-428/08 Monsanto Technology LLC ./. Cefetra BV u.a.) hat der EuGH dieser Erstreckung erstmalig Grenzen aufgezeigt. Deutlich wird dadurch: Die sonst übliche Vorgehensweise, die Länder, für die Patentschutz beantragt wird, anhand der Verwendungsorte der aus der Erfindung hergestellten Produkte auszuwählen, ist bei Bio-Tech-Patenten nicht immer zielführend. Diese strategische Entscheidung ist vielmehr auch anhand des Einsatzortes der Erfindung selbst zu treffen.

Der EuGH hatte in der Monsanto-Entscheidung erstmals zu beurteilen, ob aus einem Patent für das Ausgangsprodukt einer Verarbeitung die Einfuhr und der Vertrieb des Verarbeitungserzeugnisses untersagt werden kann. In dem zu entscheidenden Fall war die Klägerin – Monsanto – Inhaberin eines europäischen Patents mit Wirkung u.a. für das Gebiet der Niederlande. Das Patent beschreibt eine Klasse von Enzymen, die gegen das Herbizid Glyphosat immun sind. Die Klägerin hat eine dementsprechend kodierte DNA-Sequenz in eine Sojapflanze eingebracht.

Gestützt auf das Patent wehrte sich die Klägerin dagegen, dass aus derartigen Bohnen hergestelltes Sojamehl aus Argentinien – wo kein entsprechender Patentschutz besteht – in die Niederlande – wo ein entsprechender Patentschutz besteht – eingeführt und dort vertrieben wird.

Der EuGH entschied sich dagegen. Zwar ermögliche die europäische Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (Richtlinie 98/44/EG vom 06.07.1998, ABl. EG Nr L 213 vom 30.07.1998 Seite 13-21) eine solche Erstreckung auf Verarbeitungserzeugnisse. Die Erweiterung beziehe sich allerdings nur auf solche Erzeugnisse, in denen das patentierte Erzeugnis noch die Funktion erfülle, für die es patentiert sei. Der EuGH war der Ansicht, dass dies im vorliegenden Fall nicht gegeben sei. Eine Immunität gegen das Glyphosat könne nur bei lebenden Sojapflanzen Wirkung entfalten. Das daraus entwickelte Sojamehl nicht mehr. Dementsprechend könne gegen die Einfuhr und den Vertrieb von Sojamehl, das aus Sojapflanzen gewonnen wird, die die patentgeschützte DNA-Sequenz enthalten, nicht auf der Grundlage des Patentes vorgegangen werden. Auch die Möglichkeit, die im Mehl vorhandene DNA-Sequenz wieder in einen lebenden Organismus einzubringen, sei nicht ausreichend für einen so weitreichenden Patentschutz.

Die Entscheidung des EuGH führt bei Bio-Tech-Erfindungen u.a. zu einer Verschiebung der Perspektive im Rahmen der strategischen Schutzrechtsplanung. Diese erfolgt üblicherweise anhand der Betrachtung der Vertriebsorte der Erzeugnisse, die die Erfindung verkörpern. Im vorliegenden Fall greift der herkömmliche Ansatz allerdings zu kurz. So zeigt das Urteil, dass der nach der gängigen Überlegung ausreichende Patentschutz in den Niederlanden bei Verarbeitungserzeugnissen gerade nicht ausreicht. Zur Sicherung der Vorteile aus der Erfindung hätte es einer Anmeldung im Herstellungsland, also in Argentinien bedurft. Zukünftig sollte also bei der strategischen Schutzrechtsplanung für Bio-Tech-Erfindungen auch geprüft werden, ob es ausreicht, nur in den Märkten, in den Verarbeitungsprodukte vertrieben werden, Patentanmeldungen vorzunehmen oder ob nicht auch das Einsatzgebiet der Erfindung selbst mit abgedeckt werden sollte.

Tags: anmeldestrategien Biotechnologie