18. September 2020
Verlaengerung Aussetzung Insolvenzantragspflicht
Coronavirus: Schutzschirm für die deutsche Wirtschaft Restrukturierung und Insolvenz

Teilweise Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31. Dezember 2020

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wird für überschuldete, nicht aber für zahlungsunfähige Unternehmen bis zum 31. Dezember 2020 verlängert.

Das im März beschlossene COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) setzt die Insolvenzantragspflicht für überschuldete und zahlungsunfähige Unternehmen bis 30. September aus, wenn die Insolvenzreife auf der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten auf Beseitigung einer Zahlungsunfähigkeit bestehen. Der Bundestag hat nun am 17. September 2020 die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für überschuldete, nicht aber für zahlungsunfähige Unternehmen über den 30. September 2020 hinaus beschlossen.

Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung bis 31. Dezember 2020 ausgesetzt

Nach § 1 COVInsAG ist die nach § 15a InsO und nach § 42 Abs. 2 BGB bestehende Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Diese Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ist nun für den Tatbestand der insolvenzrechtlichen Überschuldung nach § 19 Abs. 1 InsO bis zum 31. Dezember 2020 verlängert worden.

Von der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht profitieren aber weiterhin nur solche überschuldete Unternehmen, deren Überschuldung auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht.

Privilegierungen gelten fort

Neben der Verlängerung des Aussetzungszeitraums werden auch die bislang geregelten Folgen der Aussetzung im Fall der weiteren Aussetzung für überschuldete Unternehmen bis zum 31. Dezember 2020 verlängert.

So bleiben Zahlungsverbote, nach denen Geschäftsführer für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife persönlich haften, bei Vorliegen der Voraussetzungen weiterhin gelockert. Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, gelten dann als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar und lösen keine Haftung aus.

Auch wird weiterhin die Gewährung neuer Kredite an überschuldete Unternehmen privilegiert. Besicherungen von im Aussetzungszeitraum neu gewährten Krediten von externen Darlehensgebern sind nicht anfechtbar; Rückzahlungen solcher Darlehen genießen bis zum 30. September 2023 Anfechtungsschutz – und zwar auch, wenn die Darlehen von Gesellschaftern gewährt werden.

Sinnvoll wäre es außerdem gewesen, wenn auch das derzeit bestehende Risiko der Organe wegen Eingehungsbetrugs sowie der Haftung gegenüber Gläubigern der Gesellschaft für Erfüllungsschäden eingeschränkt würde. Dies sieht das Gesetz allerdings nach wie vor nicht vor.

Keine weitere Schonfrist für zahlungsunfähige Unternehmen

Nicht verlängert wird die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für zahlungsunfähige Unternehmen. Für diese gilt daher, dass sie spätestens am 1. Oktober 2020 wieder dazu verpflichtet sind, Insolvenzantrag zu stellen. Sie müssen allerdings bereits zuvor Insolvenzantrag stellen, wenn keine Aussichten auf Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit (mehr) bestehen.

Weitere Verlängerung über den 31. Dezember 2020 hinaus?

Die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht war schon im COVInsAG angelegt und hätte per Verordnung von der Bundesregierung bis längstens zum 31. März 2020 umgesetzt werden können. Von dieser Ermächtigung kann nun kein Gebrauch mehr gemacht werden.

Vielmehr hat sich der Gesetzgeber dazu entschieden, die Verlängerung von Gesetzes wegen zu beschließen und die Ermächtigung der Bundesregierung zu einer etwaigen Verlängerung zu streichen. Eine weitere Verlängerung des Aussetzungszeitraums über den 31. Dezember 2020 hinaus könnte nun ebenfalls nur per Gesetz verabschiedet werden.

Fazit: (kleiner) Zeitgewinn für überschuldete Unternehmen

Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzgeber auf die weiter anhaltenden Schwierigkeiten für Unternehmen und die Prognoseschwierigkeiten reagiert. Kurz vor knapp wird nun die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht teilweise über den 30. September hinaus verlängert.

Die Aussetzung der Überschuldung dürfte für viele Unternehmen eine weitere wertvolle Atempause bieten. Allerdings gilt nun umso mehr, dass tragfähige Sanierungskonzepte bis zum Ende des Jahres erarbeitet und finalisiert werden müssen.

Die Praxis hat gezeigt, dass viele Unternehmen trotz der zwischenzeitlichen Lockerungen noch mitten in der Krise stecken. Ob eine weitere Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht kommt, bleibt abzuwarten. Die Debatte im Bundestag hat aber gezeigt, dass sich Widerstand gegen eine weitere Verlängerung regt.

Mit den Folgen der COVID-19-Pandemie werden Unternehmen noch lange zu kämpfen haben. Insofern bleibt zu hoffen, dass schnellstmöglich neben dem Insolvenzrecht auch der präventive Restrukturierungsrahmen als Sanierungsinstrument zur Verfügung steht. Damit würde sich eine weitere Option ergeben zur Schuldenbereinigung und Restrukturierung, die Unternehmen aus der Krise heraushelfen kann.

In unserer Blogreihe „Coronavirus: Schutzschirm für die deutsche Wirtschaft″ informieren wir Sie über die getroffenen Hilfsmaßnahmen, deren Wirksamkeit und die sonst zu berücksichtigenden unternehmerischen „Stolpersteine″, die das Coronavirus mit sich gebracht hat. Bisher erfolgt sind Beiträge zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und wie dies bei M&A-Transaktionen hilft, zum COVInsAG, zum Kurzarbeitergeld und der Kurzarbeitergeldverordnung sowie den Auswirkungen auf Kreditverträge. Es folgten Beiträge zu den steuerlichen Auswirkungen, zu EU-Beihilfemöglichkeiten, zum Schutz vor Kündigungen von Wohn- und Geschäftsräumen und Mietverhältnissen allgemein sowie zum Wirtschaftsstabilisierungsfond und damit verbundenen, offenen Fragen zum WSF. Weiter beschäftigten wir uns mit dem Erlass des BMI zu bauvertraglichen Fragen, mit Finanzhilfen für Unternehmen, den Fördermöglichkeiten und mit den steuerliche Maßnahmen, mit Cash-Pooling und dem Gesetz zum Darlehensnehmerschutz sowie den alternativen Wegen zur Abhaltung von Gesellschafterversammlungen und Aufsichtsratssitzungen.


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