27. März 2020
Coronavirus, Wirtschaft, Insolvenz, Schutzschirm
Coronavirus: Schutzschirm für die deutsche Wirtschaft Restrukturierung und Insolvenz

Coronavirus – Akuter Angriff auf die Resilienz deutscher Unternehmen – Update #2

SARS-CoV-2 ("Coronavirus") ist nicht nur ein Angriff auf die Gesundheit der Bevölkerung, sondern auch auf die Gesundheit der Unternehmen. Wir zeigen Ihnen, was Sie beachten müssen.

Im Rahmen des Ausbruchs des Coronavirus stellen sich für viele Unternehmen unerwartete Herausforderungen, die es zu meistern gilt, um die Krise zu überwinden und die Insolvenz zu vermeiden.

+++ Update +++ 27. März 2020 +++ Update +++

Warum birgt das Coronavirus eine „Gesundheitsgefahr″ für Unternehmen?

Das Coronavirus zeigte bereits in den vergangenen Wochen spürbare Auswirkungen auf Unternehmen in vielen Branchen der deutschen Wirtschaft. Unternehmen der Freizeit- und Tourismusbranche haben mit Stornierungen und einem Nachfragerückgang nach Freizeitaktivitäten und Reisen zu kämpfen. Gleiches gilt für Unternehmen der Veranstaltungsbranche, deren Geschäftsgrundlage im Zuge der politischen und gesellschaftlichen Maßnahmen in den vergangenen Wochen beeinträchtigt wurde. Andere Unternehmen sind mittelbar, aber nicht weniger schlimm betroffen. So geraten Lieferketten durch virusbedingte Lieferstopps ins Stocken, Produktionen werden verzögert oder gar gestoppt.

Infolge dieser Auswirkungen kam beziehungsweise kommt es in verschiedenen Branchen zu Umsatzeinbrüchen und Liquiditätsschwierigkeiten. Dies kann wiederum – wenn nicht genug Rücklagen vorhanden sind oder ein Unternehmen vom Saisongeschäft lebt – zu ernsthaften Liquiditätsproblemen führen, sodass sich für die Geschäftsleitung die entscheidende Frage nach der Zahlungsfähigkeit stellt.

Selbst wenn die Auswirkungen des Coronavirus für ein Unternehmen derzeit noch nicht unmittelbar, sondern erst verzögert spürbar werden, so können diese dennoch ein „Loch″ in die finanzielle Planung reißen. Dies führt dazu, dass die Liquiditätsplanung angepasst werden muss. Stellt sich dann heraus, dass eine Durchfinanzierung nicht bis zum Ablauf des nächsten Geschäftsjahres gegeben ist, so wirkt sich dies auf die Fortbestehensprognose und die Frage der insolvenzrechtlichen Überschuldung aus.

Sind die angekündigten staatlichen Hilfsmaßnahmen ein geeignetes Gegenmittel?

Um (drohende) Liquiditätskrisen bei Unternehmen überwinden und weiterhin eine positive Fortbestehensprognose prognostizieren zu können, ist entscheidend, wie schnell, wie wirksam und wie sicher mit staatlichen Hilfen zu rechnen ist.

Welche Maßnahmen sind bisher angekündigt oder umgesetzt?

Die Bundesregierung hat ein umfassendes Maßnahmenpaket vorgelegt, das verhindern soll, dass auch die deutsche Wirtschaft unter den Folgen des Coronavirus leidet. Bundestag und Bundesrat haben in KW 13 gleich einer Reihe von neuen Gesetzen zugestimmt. Die Europäische Kommission hat ebenfalls neue Rechtsakte beschlossen.

Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld

Am 13. März 2020 wurde das Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld beschlossen. Das Gesetz erlaubt, durch Rechtsverordnung der Bundesregierung den Zugang zu Kurzarbeitergeld zu erleichtern, Betriebe von den Sozialversicherungsbeiträgen für Kurzarbeitergeld erhaltende Arbeitnehmer zu entlasten und auch Leiharbeitnehmern den Bezug von Kurzarbeitergeld zu ermöglichen.

Gefordert wurde zudem, das Insolvenzausfallgeld, welches die Bundesagentur für Arbeit im Insolvenzfall zahlen kann, von drei auf sechs Monate auszuweiten. Ob dies tatsächlich umgesetzt wird, ist noch offen.

Steuerliche Maßnahmen zur Verbesserung der Liquidität

Steuerliche Liquiditätshilfen sollen die finanzielle Situation von Unternehmen kurzfristig entlasten. So sollen künftig Steuerstundungen von den Finanzämtern ermöglicht werden. Steuervorauszahlungen sollen an sinkende Umsätze leichter angepasst werden können. Ist ein Unternehmen unmittelbar von den Auswirkungen des Coronavirus betroffen, so soll auf Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschläge bis zum 31. Dezember 2020 verzichtet werden. Betroffenen Unternehmen wird empfohlen, sich mit dem für sie zuständigen Finanzamt frühzeitig in Verbindung zu setzen und entsprechende Anträge zu stellen.

Förderung durch Kredite und Beihilfen

Es gibt bereits eine Reihe von Möglichkeiten für Unternehmen, um im Bedarfsfall eine staatliche Unterstützung zu erhalten.

Die EU-Kommission hat unter anderem am 19. März 2020 einen Vorübergehenden Rechtsrahmen beschlossen, der in einem deutlich größeren Umfang Beihilfen erlaubt. Dieser Rahmen sieht bestimmte Beschränkungen vor. Unter anderem dürfen die Empfänger nicht bereits am 31. Dezember 2019 in finanziellen Schwierigkeiten gewesen sein.

Auf Grundlage dieses Rahmens hat die Kommission am 22. März 2020 zwei Beihilfenprogramme Deutschlands zur Behebung wirtschaftlicher Folgen der Corona-Krise genehmigt. Die Maßnahmen umfassen jeweils Darlehensprogramme, die über die KfW implementiert werden. Auf dieser Basis erhalten Unternehmen Darlehen zu vergünstigten Konditionen. Eines der Programme ist beispielsweise ein Kreditprogramm, das bis zu 90 % des Risikos für Kredite für Unternehmen aller Größenordnungen abdeckt. Förderfähige Darlehen können je nach Liquiditätsbedarf des Unternehmens bis zu EUR 1 Mrd. erreichen.

Des Weiteren hat Deutschland bereits bestehende Programme, etwa den KfW-Unternehmerkredit und den ERP-Gründerkredit – universell gelockert, indem beispielsweise Risikoübernahmen für Betriebsmittelkredite erhöht werden. Dadurch wird die Bereitschaft von Hausbanken für eine Kreditvergabe nachhaltig unterstützt. Auch größeren Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu EUR 5 Mrd. aus verschiedensten Branchen soll über den KfW Kredit für Wachstum künftig erleichterter Zugang zu Konsortialfinanzierungen ermöglicht werden. Darüber hinaus werden die Maßnahmen der Bürgschaftsbanken und des Großbürgschaftsprogramms ausgeweitet. Manchen Bürgschaftsbanken haben zugesagt, über Bürgschaften bis zu einer Höhe von EUR 500.000,00 innerhalb von drei Tagen zu entschieden.

Der Bund plant darüber hinaus offenbar weitere Maßnahmen. Dabei denkt man anscheinend auch an Eigenkapitalmaßnahmen (etwa auch analog dem Vorgehen in der Finanzkrise in Bezug auf die Commerzbank). Es ist anzunehmen, dass hierfür keine gesamten Programme geschaffen werden, sondern Einzelmaßnahmen ergriffen werden, die bei der Kommission notifiziert werden müssen. Details sind aktuell noch nicht bekannt.

Unternehmen, die (auch ggf. vor dem 31. Dezember 2019) in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind (z.B. Insolvenzgefahr), können Beihilfen erhalten, die über die bereits bestehenden Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen genehmig werden können. Die EU-Kommission hat dazu mitgeteilt, dass sie Ausnahmen machen wird von der Regel, wonach ein Unternehmen solche Beihilfen nur alle 10 Jahre erhalten darf. Zu beachten ist aber, dass Rettungsbeihilfen nur in einem gewissen sachlichen und zeitlichen Rahmen gewährt werden dürfen.

Neben den genannten Möglichkeiten ist zu beachten, dass die Kommission die Corona-Krise als eine Art Naturkatastrophe qualifiziert hat. Auf dieser Basis können weitere Beihilfen zum Ersatz von Schäden, die aus der Corona-Krise resultieren, geleistet werden. Nach Ansicht der Kommission soll auf diesem Wege besonders schwer getroffenen Branchen geholfen werden. Dazu gehören unter anderem die Bereiche Verkehr, Tourismus, Gastgewerbe und Einzelhandel. So sind bereits andere Mitgliedstaaten vorgegangen und haben beispielsweise Beihilfenprogramme für Eventveranstalter geschaffen.

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Grundsätzlich muss ab Insolvenzreife sofort ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden. Maximal bleiben hierfür nach dem Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen drei Wochen.

Der Gesetzesentwurf eines COVID-19-Insolvenz-Aussetzungsgesetzes (COVInsAG) ist am 25. März 2020 im Bundestag beschlossen worden. Der Bundesrat hat am 27. März 2020 zugestimmt. Das Gesetz ist noch am gleichen Tag im Bundesgesetzblatt verkündet worden und in Kraft getreten. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 ist demnach der Regelfall. Sie greift nur dann nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht oder generell keine Aussichten auf Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bestehen. Dabei wird eine Vermutungsregel aufgestellt, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der Pandemie beruht und Aussicht auf Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit besteht, wenn diese nach dem 31. Dezember 2019 eingetreten ist.

In unserer Blogreihe „Coronavirus: Schutzschirm für die deutsche Wirtschaft″ informieren wir Sie über die getroffenen Hilfsmaßnahmen, deren Wirksamkeit und die sonst zu berücksichtigenden unternehmerischen „Stolpersteine″, die das Coronavirus mit sich gebracht hat. Bisher erfolgt sind Beiträge zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und wie dies bei M&A-Transaktionen hilft, zum CoVInsAG, zum Kurzarbeitergeld und der Kurzarbeitergeldverordnung sowie den Auswirkungen auf Kreditverträge. Es folgten Beiträge zu den steuerlichen Auswirkungen, zur EU-Beihilfemöglichkeiten, zum Schutz vor Kündigungen von Wohn- und Geschäftsräumen und Mietverhältnissen allgemein sowie zum Wirtschaftsstabilisierungsfond und damit verbundenen, offenen Fragen zum WSF. Weiter beschäftigten wir uns mit dem Erlass des BMI zu bauvertraglichen Fragen, mit Finanzhilfen für Unternehmen, den Fördermöglichkeiten und mit den steuerliche Maßnahmen, mit Cash-Pooling und dem Gesetz zum Darlehensnehmerschutz sowie den alternativen Wegen zur Abhaltung von Gesellschafterversammlungen und Aufsichtsratssitzungen.


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