Die Bundesregierung plant eine grundlegende Reform des Personengesellschaftsrechts. In einer Blog-Serie beleuchten wir die geplanten Änderungen.
Dass das deutsche Personengesellschaftsrecht reformbedürftig ist, gehört seit Jahren zu den juristischen Allgemeinplätzen. Nachdem sich bereits im Jahr 2016 der 71. Deutsche Juristentag, Abt. Wirtschaftsrecht, intensiv und kontrovers mit der Frage, ob und wie das Personengesellschaftsrecht grundlegend reformiert werden solle, beschäftigt hatte, hat sich auch die schwarz-rote Bundesregierung des Themas angenommen. In ihrem Koalitionsvertrag hat sie vereinbart, das Personengesellschaftsrecht zu reformieren und an die Anforderungen eines modernen, vielfältigen Wirtschaftslebens anzupassen.
Im weiteren Verlauf wurde eine Expertenkommission aus Universitätsprofessoren und Praktikern gebildet, die im April 2020 einen Entwurf für eine Neugestaltung des Personengesellschaftsrechts (sog. „Mauracher Entwurf″) vorlegte. Der „Mauracher Entwurf″ wurde vom Bundesjustizministerium weiterentwickelt und liegt nunmehr als Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) vor. Es ist davon auszugehen, dass der Bundestag noch in dieser Legislaturperiode über den Regierungsentwurf beraten und ein entsprechendes Gesetz verabschieden wird.
Die wesentlichen Änderungen, die mit dem Regierungsentwurf verfolgt werden, sind:
- eine umfassende Neugestaltung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR),
- die Einführung eines eigenen Beschlussmängelrechts der Personenhandelsgesellschaften (oHG/KG),
- die Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für Freiberufler.
Erheblicher Reformbedarf bei der GbR
Ein hoher Bedarf für Neuregelungen besteht insbesondere bei der GbR. Die aktuelle Gesetzeslage entstammt im wesentlichen noch dem Jahr 1900. Der Gesetzgeber hatte damals eine Gelegenheitsgesellschaft vor Augen, die sich eher zufällig bildet und genauso schnell wieder auflösen kann.
Die Praxis sieht schon lange völlig anders aus: Die GbR ist die gängige Rechtsform von sehr unterschiedlichen, aber meist auf Dauer angelegten Gesellschaften. So sind zahlreiche Arztpraxen und Anwaltskanzleien ebenso als GbR organisiert wie Familien-Vermögensgesellschaften, Immobilienfonds (mit teilweise sehr breitem Anlegerkreis), Bauherren- und Arbeitsgemeinschaften.
Der BGH hatte schon am 29. Januar 2001 (II ZR 331/00) entschieden, dass die GbR – ebenso wie die offene Handelsgesellschaft (oHG) und die Kommanditgesellschaft (KG) – eine (teil-) rechtsfähige Außengesellschaft sein und als solche eigene Rechte und Pflichten eingehen kann. In der Folge wurden die Regelungen des HGB für die oHG teilweise auf die GbR übertragen.
Dennoch bedurfte es weiterhin einer umfassenden gesellschaftsvertraglichen Regelung, um die jeweilige GbR den Anforderungen der Praxis anzupassen.
Langersehnte Neuregelungen zur GbR und ein neues Gesellschaftsregister
Der Regierungsentwurf schlägt nunmehr eine umfassende Neugestaltung der Regelungen zur GbR vor, durch die das Gesetzesrecht endlich der Praxis angepasst würde. Gesetzliches Leitbild wird demnach die rechtsfähige Außen-GbR, die eigene Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann. Diese bildet gleichzeitig den Grundtypus der Personengesellschaften. Zahlreiche Neuregelungen bilden dabei ab, was bereits heute state of the art gut ausgestalteter Gesellschaftsverträge entspricht. Indem die Regelungen nun aber auch in Gesetzesform gegossen werden, gewährleisten sie eine praxisnahe Handhabe der GbR, auch wenn der Gesellschaftsvertrag ausnahmsweise weniger gut gelungen sein sollte.
Neu ist dabei darüber hinaus die Einrichtung eines Gesellschaftsregisters in Anlehnung an das etablierte Handelsregister. Die Eintragung ist freiwillig, jedoch Voraussetzung dafür, dass die GbR im Grundbuchamt, im Schiffs-, Patent- und Markenregister, im Aktien- oder im Handelsregister bzw. einer dort zu hinterlegenden Gesellschafterliste eingetragen werden kann. Damit wird die Transparenz im Rechtsverkehr erheblich erhöht. Die Ausgestaltungen der Regelungen zum Gesellschaftsregister werden wir ebenfalls in einem eigenen Blogbeitrag in dieser Reihe näher beleuchten.
Neben der rechtsfähigen Außen-GbR als Grundtypus wird es aber auch weiterhin die nicht-rechtsfähige Innen-GbR geben, die ausschließlich das Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern regelt, ohne dass nach außen aufzutreten. Klassisches Beispiel für eine solche Innen-GbR sind die Fahrgemeinschaft oder die Lotto-Tipp-Gemeinschaft. Für diese Gesellschaften ändert sich im Ergebnis nichts.
MoPeG sieht neues Beschlussmängelrecht für Personengesellschaften vor
Darüber hinaus soll mit dem MoPeG erstmals ein eigenes Beschlussmängelrecht für Personengesellschaften eingeführt werden. Abweichend von dem „Mauracher Entwurf″ werden die Neuregelungen allerdings auf die Personenhandelsgesellschaften begrenzt und sollen bei der GbR nur Anwendung finden, wenn die Gesellschafter dies im Gesellschaftsvertrag so bestimmen.
Das neue Beschlussmängelrecht der Personengesellschaften orientiert sich an den für Kapitalgesellschaften maßgeblichen aktienrechtlichen Regelungen und sieht nun ebenfalls vor, dass Gesellschafterbeschlüsse binnen einer bestimmten Frist nach Beschlussfassung angegriffen werden müssen. Allerdings ist die Frist mit drei Monaten etwas großzügiger bemessen als bei Kapitalgesellschaften (dort: ein Monat); sie ist zudem nicht starr, sondern soll bei Verhandlungen zwischen den Parteien gehemmt sein.
Bedauerlicherweise lässt der Regierungsentwurf allerdings auch zahlreiche Punkte ungeregelt, so insbesondere die zentrale Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Gesellschafterbeschluss zwischen den Gesellschaftern vorläufige Verbindlichkeit erlangen kann (was wiederum Voraussetzung dafür ist, dass der Beschluss überhaupt angegriffen werden muss). Auch die Neuregelungen und unsere Kritik hieran werden Gegenstand eines eigenen Blogbeitrags in dieser Reihe sein.
Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für Freiberufler
Neu ist schließlich, dass künftig alle Freiberufler auch die Möglichkeit erhalten sollen, eine Personenhandelsgesellschaft zu gründen. Dies eröffnet den Angehörigen der freien Berufe – hierzu zählen u.a. (Zahn-)Ärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen, Diplom-Psychologen, Rechts- und Patentanwälte, Architekten, Journalisten und Dolmetscher – insbesondere den Weg in die GmbH & Co. KG. Bislang war dieser Weg nur Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern offen. Die Partnerschaftsgesellschaft als die eigens für Freiberufler geschaffene Rechtsform bleibt aber erhalten.
Die Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für Freiberufler und weitere Themen werden wir in unserer Blogreihe zum „MoPeG″ erörtern. Gestartet sind wir mit einer Übersicht zum Regierungsentwurf zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, den Änderungen im Recht der GbR sowie dem Gesellschaftsregister. Weiter ging es mit einem Beitrag zum Auslandssitz der GmbH & Co. KG, zur Actio pro Socio sowie den Auswirkungen auf die Immobilienbranche.