16. Mai 2024
Unternehmensrestrukturierung nach dem StaRUG

Der Restrukturierungsbeauftragte im StaRUG-Verfahren

Das StaRUG hat das deutsche Sanierungsrecht ergänzt. Der neu eingeführte Restrukturierungsbeauftragte kann dabei als Moderator der Sanierung fungieren.

Ein Verständnis für die Rolle des Restrukturierungsbeauftragten* erfordert einen Blick auf den Ursprung und das Ziel des StaRUG. Es wurde geschaffen, um Unternehmen präventive Instrumente zur Verfügung zu stellen, die frühzeitigere Restrukturierungen außerhalb eines Insolvenzverfahrens ermöglichen. 

Das StaRUG und der Restrukturierungsbeauftragte

Mit dem Restrukturierungsbeauftragten sollte die Lücke zwischen außergerichtlichen Restrukturierungen und gerichtlichem, nicht selten mit dem Stigma des Scheiterns oder negativen Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb verbundenen Insolvenzverfahren geschlossen werden. Restrukturierungen nach dem StaRUG sollen dabei mit möglichst geringem staatlichem Einfluss und so privatautonom wie möglich erfolgen. Um einen fairen Interessenausgleich zu gewährleisten, kann und in manchen Fällen sogar muss auf einen Restrukturierungsbeauftragten zurückgegriffen werden, welcher als Vermittler zwischen allen Stakeholdern fungiert. 

Aufgabe des Restrukturierungsbeauftragten

Aus der zugrundeliegenden Europäischen Restrukturierungsrichtlinie (RL EU 2019/1023) ergibt sich, dass der Restrukturierungsbeauftragte verschiedene Aufgaben haben soll: Zum einen soll er gewährleisten, dass die Interessen aller durch das Sanierungsverfahren betroffenen Beteiligten sachgerecht berücksichtigt werden. Zum anderen soll er die Erstellung des Restrukturierungsplanes begleiten. Ferner soll er auch als Ansprechpartner für das Gericht fungieren, welches im Rahmen der Amtsermittlung zur Einschätzung des Sanierungsvorhabens auf den Restrukturierungsbeauftragten zurückgreifen kann.

Zwingender und fakultativer Restrukturierungsbeauftragter

Bei der Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten wird zwischen zwingenden und fakultativen Gründen differenziert. Ein „zwingender Restrukturierungsbeauftragter“ wird gem. § 73 StaRUG von Amts wegen bestellt, wenn in Rechte besonders schützenswerter Gläubigergruppen (KMU, Verbraucher) eingegriffen wird, nahezu sämtliche Gläubiger von einer Stabilisierungsanordnung betroffen werden, eine Überwachung des Restrukturierungsplanes vorgesehen ist oder ein sog. Cross Class Cram Down, die gruppenübergreifende Gläubigerüberstimmung, gem. § 26 StaRUG erforderlich ist. 

Ein „fakultativer Restrukturierungsbeauftragter“ wird gem. § 77 Abs. 1 StaRUG eingesetzt, wenn der Schuldner oder ein Mindestquorum von 25% der betroffenen Gläubiger dies beantragen. 

Befugnisse des Restrukturierungsbeauftragten

Die Befugnisse des Restrukturierungsbeauftragten können durch das Restrukturierungsgericht für den jeweiligen Sanierungsfall individuell definiert werden. So kann der zwingende Restrukturierungsbeauftragte gem. § 76 StaRUG ermächtigt werden, die Geschäftsleitung des Schuldners zu überwachen und die Kassenführung an sich zu ziehen. Dabei muss der Schuldner (neben der grundsätzlichen Kooperationspflicht) dem Restrukturierungsbeauftragten insbesondere erforderliche Auskünfte erteilen und Einsicht in die Geschäftsbücher gewähren, § 76 Abs. 4 StaRUG.

Kernaufgabe des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten ist die Erstellung und Verhandlung eines Restrukturierungskonzeptes und darauf aufbauenden Restrukturierungsplanes, § 79 StaRUG. Daneben kann der fakultative Restrukturierungsbeauftrage durch das Restrukturierungsgericht gem. § 77 Abs. 2 StaRUG auch ermächtigt werden, bestimmte, eigentlich dem zwingend zu bestellenden Restrukturierungsbeauftragten zugedachte Befugnisse nach § 76 StaRUG auszuüben.

Darüber hinaus kann das Restrukturierungsgericht gem. § 73 Abs. 3 StaRUG einen Restrukturierungsbeauftragten als Sachverständigen bestellen, um konkrete Fragen des jeweiligen Sanierungsfalles, insbesondere des Restrukturierungsplanes, beantworten und bewerten zu lassen.  

Anforderungen an den Restrukturierungsbeauftragten

Gem. § 74 Abs. 1 StaRUG muss der Restrukturierungsbeauftragte für den jeweiligen Sanierungsfall geeignet sein. Zwar können unter Umständen durch die Stakeholder vorgeschlagene natürliche Personen berücksichtigt werden, allerdings ist deren Qualifikation als sanierungserfahrener Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt (oder Vertreter einer Berufsgruppe mit vergleichbarer Qualifikation) unabdingbar. Wesentliches Merkmal ist darüber hinaus die Unabhängigkeit der als Restrukturierungsbeauftragter zu bestellenden Person. Eine etwaige Vorbefassung der ins Auge gefassten Person wird durch das Restrukturierungsgericht geprüft und kann zur Nichtbestellung der (vorgeschlagenen) Person führen.

Mit Bestellung durch das Restrukturierungsgericht wird der Restrukturierungsbeauftragte dessen Aufsicht unterstellt und ist diesem damit jederzeit auskunfts- und berichtspflichtig, § 75 Abs. 1 StaRUG. 

Der Restrukturierungsbeauftragte kann auf eigenen Antrag, auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers sowie von Amts wegen durch das Gericht entlassen werden. Auf Schuldner- oder Gläubigerantrag hin jedoch nur, wenn der Entlassungsantrag mit einer fehlenden Unabhängigkeit begründet ist, § 75 Abs. 2 StaRUG. Eine Entlassung von Amts wegen erfolgt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Ein wichtiger Grund liegt in der Regel vor, wenn aufgrund erheblicher Pflichtverletzungen des Restrukturierungsbeauftragten ein Belassen im Amt nicht mehr vertretbar ist. Bei der Bewertung hat das Restrukturierungsgericht einen Ermessensspielraum. Sofern der Restrukturierungsbeauftragte durch seine Pflichtverletzung einem Beteiligten einen Schaden schuldhaft verursacht, kann er diesem gegenüber unter Umständen schadensersatzpflichtig sein, § 75 Abs. 4 StaRUG. Allgemeine, darüber hinausgehende Haftungstatbestände (wie z.B. aus deliktischer Haftung) bleiben unberührt.

Beitrag des Restrukturierungsbeauftragten zum Gelingen der Sanierung

Der Einsatz eines Restrukturierungsbeauftragten soll eine erfolgreiche Sanierung des Schuldners im Sinne aller Beteiligten unter Berücksichtigung des gesetzlichen Rahmens gewährleisten. Seine Unabhängigkeit und Überparteilichkeit ist ein wesentlicher Garant dafür, durch Moderation auch bei zerstrittenen Stakeholdern den Dialog aufrechtzuerhalten und die Erstellung eines für alle Beteiligten fairen Sanierungskonzeptes sicherzustellen. Gefragt sind daher Verhandlungsgeschick und -erfahrung sowie die Bereitschaft, zwischen den beteiligten Parteien konstruktiv vermitteln zu wollen.

Der Beitrag ist Teil unserer Blogreihe zur Unternehmensrestrukturierung nach dem StaRUG. Es erschienen bereits zahlreiche Beiträge zur europäischen Restrukturierungsrichtlinie, u.a. ein Beitrag zu den Moratorien und zu den Restrukturierungsplänen. Anschließend haben wir uns mit den Pflichten der Unternehmensleitung, dem Schutz von Finanzierungen und Finanzierungsgebern sowie den Restrukturierungsbeauftragten und Verwaltern befasst. Weiter sind wir auf die Entschuldung insolventer Unternehmerarbeitsrechtliche Aspekte der Restrukturierungs-Richtlinie, das Dutch Scheme als Vorbild für den Restrukturierungsrahmen sowie eine Sanierung außerhalb der Insolvenz eingegangen. 

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Restrukturierungsbeauftragter StaRUG Unternehmensrestrukturierung nach dem StaRUG
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Philipp Freiherr von dem Bussche-Haddenhausen

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