3. April 2017
Lizenzschranke
Steuerrecht

Lizenzschranke: Neuer Gesetzesentwurf

Der Bundesrat begrüßt ein Gesetzesvorhaben zur Lizenzschrankenregelung. Es soll zur Vermeidung schädlicher Steuerpraktiken bei Rechteüberlassung führen.

Die deutsche Bundesregierung hat einen Entwurf zu einer sog. „Lizenzschrankenregelung″ beschlossen und in ein förmliches Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Der Gesetzesentwurf sieht eine Abzugsbeschränkung für Aufwendungen für die Überlassung von Rechten und sonstigen immateriellen Wirtschaftsgütern vor. Der deutsche Bundesrat hat das Gesetzesvorhaben nun in einer Stellungnahme begrüßt.

Werden Einkünfte im Zusammenhang mit Lizenzen, Patenten, Konzessionen oder Markenrechten im Ansässigkeitsstaat des Rechteinhabers nicht oder nur niedrig besteuert, führt dies bei gleichzeitigem Betriebsausgabenabzug für die Nutzungsentgelte in anderen Staaten zu Steuervorteilen. Zustande kommt dies durch das Auseinanderfallen der Steuersätze in den verschiedenen Staaten.

In den vergangenen Jahren wurden gerade von europäischen Staaten vermehrt Steuerbegünstigungen für Einkünfte aus Lizenzen und Patenten, sogenannte „Lizenz-″ beziehungsweise „Patentboxen″ eingeführt. Dadurch sollten internationale Konzerne zur Ansiedlung immaterieller Wirtschaftsgüter in diesen Staaten bewegt werden.

Während vor einiger Zeit die deutsche Bundesregierung noch selbst die Einführung einer Patentbox erwogen hatte, hat sie sich nun für einen anderen Kurs entschieden: Die Bundesregierung will die Nutzung solcher Patentboxen in ausländischen Staaten weniger attraktiv machen.

Von neuer Regelung betroffen: Vergütungen an „nahestehende Personen“

Bisher gelten Aufwendungen für die Nutzung von Lizenzen oder Patenten in Deutschland steuerlich vollständig als Betriebsausgaben. Dies soll sich nach dem Gesetzesentwurf ab dem 1. Januar 2018 ändern. Grundsätzlich betroffen von der geplanten Regelung sind Vergütungen für immaterielle Wirtschaftsgüter im weiteren Sinne (z.B. auch sog. Knowhow‑Vergütungen), soweit diese an „nahestehende Personen″ geleistet werden. Es sind also im Wesentlichen die entsprechenden Vergütungen zwischen Konzerngesellschaften betroffen.

Niedrigbesteuerung

Unterliegt der Empfänger der Aufwendungen mit diesen Einnahmen lediglich einer „Niedrigbesteuerung″, sollen diese beim Schuldner nur noch beschränkt bis gar nicht als Betriebsausgabe abziehbar sein. Das Vorliegen einer solchen Niedrigbesteuerung soll an zwei Merkmalen festgemacht werden.

Zum einen müssten die Einkünfte aus der Rechteüberlassung beim Gläubiger einer Steuerbelastung von unter 25% unterliegen. Bei der Ermittlung dieser Steuerbelastung sind alle Regelungen, die die Besteuerung dieser Einkünfte betreffen, mit einzubeziehen. Darunter fallen unter anderem Steuerbefreiungen oder gewährte fiktive Betriebsausgaben.

Zum anderen müssen die betroffenen Einnahmen präferiert besteuert werden. Das bedeutet, dass die Einnahmen, abweichend von dem für den Gläubiger geltenden Regelsteuersatz, niedriger besteuert werden.

Escape: Substanzielle Geschäftstätigkeit

Ausgenommen von der Abzugsbeschränkung sind Zahlungen, wenn die zur Anwendung kommende Präferenzbesteuerungsregelung auf Einkünfte aus bestimmten Rechten beschränkt ist. Nämlich solchen, denen eine „substanzielle Geschäftstätigkeit″ zugrunde liegt und die in Deutschland nicht unter das Markengesetz fallen.

Eine substanzielle Geschäftstätigkeit ist dann gegeben, wenn der Vergütungsgläubiger die genutzten Rechte ausschließlich oder nahezu ausschließlich selbst im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit entwickelt hat. Weiter spezifiziert der Gesetzesentwurf, dass eine solche Geschäftstätigkeit insbesondere dann nicht zugrunde liegt, wenn das Recht erworben oder durch nahestehende Personen entwickelt worden ist.

Diese Ausnahme entspricht nach Auffassung der Bundesregierung dem Leitgedanken des Nexus Approach der OECD (beschlossen als Teil des BEPS-Projekts); tatsächlich lässt der Gesetzesentwurf an dieser Stelle aber viele Fragen offen. Im Speziellen lässt der Nexus Approach beispielsweise einen anteiligen Betriebsausgabenabzug auch bei Aufwendungen für vom Rechteinhaber selbst erworbene Rechte zu. Allerdings nur soweit bei diesem nach der Anschaffung noch qualifizierte Forschungs- und Entwicklungskosten anfallen.

Ein solcher Fall ist unseres Erachtens vom aktuellen Gesetzeswortlaut jedoch nicht erfasst. Um den Einklang zu dem von der OECD ausgearbeiteten Ansatz herzustellen, besteht an dieser Stelle noch Nachbesserungs- bzw. Klarstellungsbedarf.

Anteiliger Betriebsausgabenabzug bei Beschränkungen

Liegen die Voraussetzungen für die Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs vor, so soll der Abzug des Aufwands für steuerliche Zwecke in Deutschland beschränkt werden. Und zwar im selben Maße, wie die Besteuerung im Ausland unter 25% liegt. Besteht im Ausland beispielsweise eine Besteuerung von lediglich 10% (d.h. zwei Fünftel der geforderten 25%), könnten die Aufwendungen entsprechend auch nur noch zu zwei Fünfteln (40%) zum Abzug gebracht werden. Bei vollständiger Steuerfreistellung der Lizenzeinkünfte im Ausland soll der Betriebsausgabenabzug in Deutschland vollständig versagt bleiben.

Begrüßende Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme den Gesetzesentwurf grundsätzlich begrüßt, jedoch auch kritisch hinterfragt, ob dieser hinreichend sei. Besonders aufgrund der weiterhin bestehenden Begünstigung – bei minimalen Regelsteuersätzen im Ansässigkeitsstaat des Gläubigers – fordert er eine Evaluierung der Wirkung des Entwurfs.

Darüber hinaus fordert der Finanzausschuss des Bundesrates die Überprüfung verschiedener Anpassungen, darunter vor allem die Anlehnung an den Nexus Approach. Als Lösungsansatz wird ein Verweis auf den Nexus Approach im OECD Bericht vorgeschlagen. Damit könne möglichen Fehlinterpretationen vorgebeugt werden.

Auch sieht er Klärungsbedarf, ob der Nachweis über das Bestehen einer „substantiellen Geschäftstätigkeit″ überhaupt auf Grundlage derzeit bestehender Dokumentationspflichten eingefordert werden kann.

Lizenzschranke: Eine Regelung mit eingeschränktem Anwendungsbereich, jedoch mit erheblichem Klärungsbedarf

Ziel des Gesetzesentwurfs ist es insbesondere die Übertragung von immateriellen Wirtschaftsgütern aus Deutschland in Staaten mit „Patentboxen″ durch diese Abzugsbeschränkung unattraktiv zu machen. Durch die dreifache Einschränkung (präferierte Besteuerung, Aufwendungen im Konzern und Nichtanwendung bei substanzieller Geschäftstätigkeit) reduziert der Gesetzesentwurf den Anwendungsbereich der Lizenzschranke maßgeblich.

Im Detail bietet der Gesetzesentwurf in seiner aktuellen Fassung dennoch – insbesondere mangels klarer Definitionen der zentralen Begrifflichkeiten – viel Raum für streitige Auslegungsfragen. Insoweit erwarten wir noch Klarstellungen im Laufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens – insbesondere unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Bundesrates.

Unternehmen, die bereits Aufwendungen an ausländische Patentboxen unter steuerlichem Abzug in Deutschland entrichten oder entsprechendes planen, sollten das weitere Gesetzgebungsverfahren aufmerksam verfolgen, um rechtzeitig etwaigen Handlungsbedarf identifizieren zu können.

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