27. Februar 2013
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Wettbewerbsrecht (UWG)

Alles bleibt anders – nur nicht im UWG

Zum Einstieg folgende, nicht unübliche Situation: Sie sind Unternehmer und vertreiben unterschiedliche, selbst hergestellte, Produkte. Am Markt taucht nun ein Nachahmerprodukt auf, das sogar dreisterweise noch mehrere Marken ihres Unternehmens trägt. Der Fall ist klar: Verletzung mehrerer Markenrechte und wettbewerbsrechtlicher Nachahmungsschutz. In der Regel wird in einem solchen Fall das gesamte juristische Arsenal aufgefahren: Abmahnung – einstweilige Verfügung – Klage. Nur – wie sind Antrags- und Klageschrift zu formulieren? Kann aus vollem Rohr gefeuert werden? Darüber herrscht seit den TÜV-Entscheidungen des BGH in der Szene helle Aufregung. Jedenfalls für wettbewerbsrechtliche Ansprüche kann möglicherweise Entwarnung gegeben werden.

Bis zu den TÜV-Entscheidungen war im „grünen Bereich“ ein sowohl für Richter als auch für Kläger bequemer Weg üblich: Der Kläger nannte alle Gründe wegen derer eine Handlung unzulässig sein konnte („Unzulässigkeitsgründe″) – hier mehrere Markenverletzungen und Nachahmung. Das Gericht suchte sich dann den Grund aus, der seiner Ansicht nach einschlägig war. Über den anderen Vortrag musste das Gericht nicht mehr entscheiden. Für den Beklagten bedeutete dies aber, dass dieser oft bis zum Urteil im Unklaren darüber gelassen wurde, gegen welchen Grund er sich mit besonderem Nachdruck verteidigen soll.

Seit Tag 1 nach TÜV hat der Kläger klarzustellen, ob er sich gleichzeitig auf alle Unzulässigkeitsgründe beruft oder ob er primär nur einen der Gründe geltend macht und das Gericht über die anderen Gründe nur entscheiden soll, wenn der primäre Einwand nicht durchgreift.

Hierzu wurde kürzlich mit der Entscheidung „Bio-Mineralwasser“ (v. 13.09.2012, I ZR 230/11) ein weiteres Urteil des BGH veröffentlicht, die bislang vor allem unter materiellrechtlichen Aspekten besprochen wurde. Dabei enthält das Urteil aus Karlsruhe auch prozessrechtlich Interessantes rund um die durch die TÜV-Entscheidungen eröffnete Klagehäufungs-Diskussion. Fazit:

Alles bleibt anders – nur nicht im UWG.

Mit dieser Entscheidung wird der Eindruck verstärkt, dass sich der BGH im Bereich des Wettbewerbsrechts wieder der Handhabung vor der TÜV-Entscheidung annähert. Die Klägerin rügte nämlich gleichzeitig drei Unlauterkeitstatbestände, ohne deren Verhältnis zueinander klarzustellen. Unvereinbar mit der TÜV-Entscheidungen? Der BGH meint: Ganz und gar nicht. Im Ergebnis ist im Hinblick auf die TÜV-Entscheidungen also wohl zwischen gewerblichen Schutzrechten und UWG zu trennen: Im Wettbewerbsrecht können Antrags- und Klageschrift regelmäßig weiter gefasst werden.

Tags: Abmahnung alternative Klagehäufung einstweilige Verfügung Klage kumulative Klagehäufung Markenverletzung Nachahmungsfreiheit Nachahmungsschutz TÜV-Entscheidung Unterlassung Unterlassungsanspruch