16. Dezember 2011
Öffentliches Wirtschaftsrecht

Brüssel soll es richten

Nachdem Schleswig-Holstein im September ein Glücksspielgesetz unter dem Vorbehalt einer zwischenzeitlichen Einigung über einen neuen Glücksspielstaatsvertrag verabschiedet hatte (vgl. dazu unseren früheren Beitrag hier im Blog), haben die übrigen 15 Bundesländer gestern einem neuen Staatsvertrag unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die Europäische Kommission beschlossen. Faktisch überlassen die Länder damit Brüssel die Entscheidung über die Neuordnung des deutschen Glücksspielrechts.

Schleswig-Holstein hatte bereits im Vorfeld der gestrigen Ministerpräsidententagung in Berlin angekündigt, dem Glücksspielstaatsvertragsentwurfs der anderen Länder doch noch zuzustimmen, wenn dieser von der Europäischen Kommission abgesegnet würde. Die Länder haben nun übereinstimmend erklärt, den bereits unterzeichneten Glücksspielstaatsvertrag den Länderparlamenten nur zur Ratifizierung vorzulegen, wenn die Kommission nicht erneut Einwände gegen den Entwurf erhebt. Da Brüssel das Gesetz aus Schleswig-Holstein bereits durchgewunken hatte, obliegt der Kommission nun faktisch die Entscheidung zwischen dem liberaleren Modell aus Kiel und der nur eingeschränkten Öffnung des Glücksspielmarktes, wie von den anderen Ländern favorisiert: erhebt die Europäische Kommission keine Bedenken gegen den Staatsvertragsentwurf, ist das liberalere Modell aus Schleswig-Holstein dank des darin enthaltenen Aufhebungsvorbehalts Makulatur. Spricht sich Brüssel demgegenüber erneut gegen den Entwurf der 15 Bundesländer aus, ist zu erwarten, dass die Mehrheit der Länder auf die Linie Schleswig-Holsteins einschwenken wird.

Der alte Glücksspielstaatsvertrag läuft zum 1. Januar 2012 aus. Bisher hat der Vorstoß Baden-Württembergs keine Nachahmer gefunden, die Weitergeltung des europarechtswidrigen Vertragswerks in der Gestaltung von Landesrecht vorzusehen. Ab dem 1. Januar 2012 wird daher in den meisten Bundesländern ein ungeregelter Zustand eintreten. Es ist zu erwarten, dass die Gerichte behördliches Einschreiten gegen private Anbieter stets für unzulässig erklären werden.

Mit dem Ende des bisherigen Glücksspielstaatsvertrags wird auch die von dem Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen online und offline angebotenen Glücksspielen ein Ende finden. Das Bundesverwaltungsgericht hatte in verschiedenen Entscheidungen vom 1. Juni diesen Jahres die Auffassung vertreten, dass zwar die das Monopol betreffenden Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags wegen ihrer Unvereinbarkeit mit dem Europarecht unanwendbar seien, nicht aber auch diejenigen Regelungen, die sowohl für den staatlichen Monopolisten, wie auch für private Anbieter gelten. Zu der zweiten Gruppe von Bestimmungen, die unabhängig von der Europarechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols weiter Geltung beanspruchen können, zählte nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts auch das generelle Verbot von Glücksspielen im Internet.

Die alles entscheidende Stellungnahme aus Brüssel darf mit Spannung erwartet werden…

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