2. März 2012
Ihre Konzession bitte
Öffentliches Wirtschaftsrecht

Keine Rettung vor den Gerichten

Die Vermeidung der Anwendung des Vergaberechts auf die Organisation des Rettungsdienstes und sonstige Dienstleistungskonzessionen findet derzeit große Anteilnahme der beteiligten Kreise und der Politik. Wie wir berichtet haben, hat der EuGH entschieden, dass das Konzessionsmodell als Dienstleistungskonzession nicht dem formalen Vergaberecht unterliegt, weshalb vielerorts dieses Modell gewählt wird. Das Konzessionsmodell schützt zwar vor der Anwendung der VOL/A. Die Vergabe findet aber mitnichten im rechtsfreien Raum statt.

Der EuGH hat in seiner Entscheidung ausdrücklich betont, dass das nationale Gericht zu prüfen hat, ob die Grundregeln des AEU-Vertrags, insbesondere die daraus fließende Transparenzpflicht beachtet wurden, wenn an dem zu vergebenden Vertrag ein grenzüberschreitendes Interesse besteht. Der Vergabesenat des OLG München sah daraufhin den Rechtsweg zu den Nachprüfungsinstanzen für nicht eröffnet und verwies das Verfahren an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht in Regensburg. Auf die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte der BGH nun mit seinem Beschluss vom 23.01.2012 die Gelegenheit, sich zur Anwendbarkeit des Vierten Teils des GWB auf Dienstleistungskonzessionen sowie zum zulässigen Rechtsweg zu äußern.

Keine Anwendbarkeit von GWB-Vergaberecht auf Dienstleistungskonzessionen

Der BGH lässt keinen Zweifel daran, dass Dienstleistungskonzessionen nicht vom Begriff des öffentlichen Auftrags nach § 99 Abs. 1 GWB, insbesondere nicht vom Begriff des Dienstleistungsauftrags, umfasst sind. Ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren nach § 102 GWB kommt daher bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen nicht in Betracht. Entschieden hatte der BGH dies bereits für die 2009 geänderte Fassung des § 99 GWB (Beschl. v. 08.02.2011 – X ZB 4/10) (dazu auch hier). Im vorliegenden Streitfall konnte der BGH dies nun auch für die bis dato geltende Fassung klarstellen.

Kein einheitlicher Rechtsweg bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen

Für die Bestimmung des Rechtswegs zur Überprüfung der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen erklärt der BGH dieselben Grundsätze für anwendbar, die bei der Vergabe von Aufträgen unterhalb der Schwellenwerte gelten. Danach hängt der Rechtsweg von der Zuordnung des streitigen Rechtsverhältnisses zum öffentlichen oder bürgerlichen Recht ab. Indem der BGH für die Zuordnung auf die Rechtsform des staatlichen Handelns abstellt, tritt er ausdrücklich der Rechtsprechung des BVerwG zu Aufträgen, die die vergaberechtlichen Schwellenwerte nicht erreichen, bei. Zugleich wendet er sich damit gegen die Auffassung des OVG Münster, das eine Übertragung dieser Rechtsprechung des BVerwG auf Dienstleistungskonzessionen abgelehnt hat und den Verwaltungsrechtsweg eröffnet sieht, ohne nach der Natur des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses zu fragen.

Ausgehend von dem Beschluss des BGH ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nunmehr eröffnet, wenn eine Dienstleistungskonzession in der Gestalt eines privatrechtlichen Vertrags vergeben wird. Umgekehrt ist der Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten, wenn die Konzession in öffentlichen-rechtlicher Form, z.B. als öffentlich-rechtlicher Vertrag vergeben wird. Hiervon ging der BGH im vorliegenden Streitfall aus, da das Verhältnis zwischen dem die Dienstleistungskonzession vergebenden Zweckverband und dem Rettungsdienst aufgrund gesetzlicher Regelung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag auszugestalten war. Demnach hatte das OLG München das Verfahren zurecht an das örtlich und sachlich zuständige erstinstanzliche Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit verwiesen.

Interessant bleibt der Fall weiterhin, da sich das Verwaltungsgericht jetzt mit der Frage auseinander setzen muss, welche Maßstäbe für die Vergabe der Dienstleistungskonzession zur Anwendung kommen.

Die Entscheidung hat weit über die Vergabe von Rettungsdiensten hinaus Bedeutung. Denn Dienstleistungskonzessionen kommen in den unterschiedlichsten Bereichen zur Anwendung kommen, z.B. in der Wasser- und Energieversorgung, bei der Breitbandverkabelung usw. Parallel ist die Diskussion um die von der EU-Kommission vorgeschlagene Richtlinie, die auch Dienstleistungskonzessionen erfasst, in vollem Gange. Insbesondere die Kommunen leisten erbitterten Widerstand. Auch der Bundestag soll sich nunmehr auf Antrag der SPD-Fraktion kritisch mit dem Thema befassen.

Das Thema Dienstleistungskonzession bleibt spannend.

Tags: BGH Dienstleistungsauftrag Dienstleistungskonzession Konzessionsvertrag Nachprüfungsverfahren öffentlich-rechtlicher Vertrag Rechtsweg Rettungsdienst