21. März 2018
Reach Compliance
Öffentliches Wirtschaftsrecht

REACH Compliance: Noch 71 Tage – alle Daten beisammen?

Der Ablauf der letzten Registrierungsfrist steht kurz bevor. Bei Streitigkeiten über die Datenteilung sollte die Einleitung eines Datasharing-Disputs erwogen werden.

Am 31. Mai 2018 läuft die letzte Registrierungsfrist für vorregistrierte Stoffe im Mengenband bis zu 100 Tonnen ab. Sämtliche Stoffe, die in einer Menge von einer Tonne und mehr im Europäischen Wirtschaftsraum hergestellt oder in diesen importiert werden, müssen bis zu diesem Zeitpunkt bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) registriert sein. Andernfalls besteht eine Vermarktungsverbot.

Noch nicht alle Registrierungen erfolgt

Die Kommission geht davon aus, dass insgesamt etwa 30.000 Substanzen registriert werden. Derzeit wurden Registrierungsdossiers für gut 18.000 Stoffe eingereicht. Zahlreiche Registrierungsdossiers sind daher wohl noch in Bearbeitung. Darüber hinaus wird mit zahlreichen weiteren Registranten für bereits registrierte Stoffe gerechnet.

Datenteilung in Theorie und Praxis

Für die Registrierungen gilt der Grundsatz: „One Substance, One Registration“. Registranten des gleichen Stoffs haben die für die Registrierung erforderlichen Daten grundsätzlich gemeinsam zu nutzen und ein einheitliches Dossier einzureichen. Hierdurch sollen zum einen die Kosten für die Registranten reduziert und zum andern unnötige Tierversuche vermieden werden.

Zur Kostenteilung bestimmt die REACH-Verordnung, dass diese „in gerechter, transparenter und nicht-diskriminierender Weise“ erfolgen soll. Wie dies auszusehen hat, wurde in der Durchführungsverordnung zur Datenteilung konkretisiert.

Dennoch gestaltet sich die Datenteilung in der Praxis oft schwierig: der federführende Registrant reagiert nicht auf Anfragen, es werden überhöhte Kostenforderungen gestellt, die geforderten Kosten sind nicht nachvollziehbar, es ist kein Rückerstattungsmechanismus vorgesehen, es werden Kosten für Daten verlangt, die der Registrant nicht vorlegen muss, etc.

Streitbeilegungsmechanismus der ECHA kann helfen

Die notwendige Datenteilung kann Registranten im Hinblick auf die heraneilende Registrierungsfrist vor erhebliche Schwierigkeiten stellen. Helfen kann hierbei der in Art. 30 Abs. 3 REACH-Verordnung vorgesehene Streitbeilegungsmechanismus. Dieser greift sowohl bei bereits registrierten als auch bei noch nicht registrierten Stoffen.

Im ersten Fall verschafft die ECHA dem informationsbegehrenden Registranten Zugang zu dem Registrierungsdossier durch Übermittlung des Tokens und der Studienzusammenfassungen. Im zweiten Fall darf der informationsbegehrende Registrant das Registrierungsverfahren fortsetzen, ohne die Informationserfordernisse zu erfüllen; dem Registranten, der die Datenteilung verhindert hat, wird hingegen die Fortsetzung des Registrierungsverfahrens untersagt.

Voraussetzung für eine solche Entscheidung der ECHA ist, dass der informationssuchende Registrant alles dafür getan hat, um eine Einigung zur Daten- und Kostenteilung zu erreichen, und seine Bemühungen durch Vorlage entsprechender Dokumente belegen kann. Bereits im Vorfeld ist daher auf eine Dokumentation der Kommunikation zu achten. Die Kommunikation sollte möglichst schriftlich erfolgen. Es sollte auf vorherige Abstimmungen und die einschlägigen Vorschriften der REACH- und Datenteilungsverordnung Bezug genommen werden. Sofern die Abstimmung mündlich erfolgt, sollten Gesprächsvermerke erstellt und der anderen Partei übersendet werden. Zudem sind die Verhandlungen auch während des anhängigen Disputs fortzusetzen.

Zu beachten ist jedoch, dass der dargelegte Streitbeilegungsmechanismus nur für Studien mit Wirbeltierversuchen gilt. Sofern keine Einigung über die gemeinsame Nutzung von Studien erzielt werden kann, die nicht auf Wirbeltierversuchen basiert, muss der informationsbegehrende Registrant die Studie selbst durchführen. In diesem Fall können gegen den die Datenteilung verhindernden Registranten lediglich Sanktionen durch die jeweiligen Mitgliedsstaaten verhängt werden.

Die Einreichung eines Datenteilungsdisputs ist über ein Webformular der ECHA möglich. Das Verfahren ist kostenfrei. Die Entscheidungen werden – sofern sie nicht vertraulich sind – auf der Webseite der ECHA veröffentlicht. Gegen Entscheidungen der ECHA kann ein Widerspruch bei dem Board of Appeal eingelegt werden.

Sofern bisher keine Einigung über die Datenteilung für Studien mit Wirbeltierversuchen erzielt werden konnte, sollte die Einleitung eines Datenteilungsdisputs erwogen werden. Vorab ist stets zu prüfen, ob bereits alle erforderlichen Anstrengungen unternommen wurden, um eine Einigung zu erzielen. Hierbei ist u. a. zu berücksichtigen, dass der Dateninhaber gemäß den Vorgaben der REACH-Verordnung einen Monat Zeit hat, um die Kosten zu belegen.

Empfehlung für Ablauf der Registrierungsfrist

In der Regel entscheidet die ECHA innerhalb von zwei Monaten über Datenteilungsdispute. Aufgrund des durch den Ablauf der letzten Registrierungsfrist zu erwartenden Verfahrensanstiegs ist mittlerweile wohl eher mit längeren Entscheidungsfristen zu rechnen. Bei nun eingeleiteten Datenteilungskonflikten ist daher zwar nicht mehr mit einer rechtzeitigen Entscheidung vor Ablauf der Registrierungsfrist zu rechnen. Die Einleitung des Streitbeilegungsmechanismus kann aber zum einen zu einer Einigung beitragen. Zum anderen besteht in diesem Fall die Möglichkeit– ohne die Datenanforderungen hinsichtlich der Studien mit Tierversuchen erfüllen zu können –, das Registrierungsdossier unter Hinweis auf den anhängigen Disput zu übermitteln.

Der zum Zeitpunkt des Ablaufs der Registrierungsfrist noch anhängige Datenteilungskonflikt gehört zu einem der Szenarien, die in den im Dezember 2017 veröffentlichten Empfehlungen der Directors Contact Group (DCG) behandelt werden. Sofern der Registrant den Datenteilungskonflikt verliert, wird zwar seine Registrierung abgelehnt, mit der Folge, dass bis zur Einreichung der vollständigen Registrierung der Stoff nicht hergestellt bzw. importiert werden darf. Während der Schwebezeit kann dies jedoch einen Zeitgewinn darstellen, beispielsweise auch um den Lagerbestand aufzustocken.

Ausweislich der DCG-Empfehlungen sollten noch weitere Informationen veröffentlicht werden, wie mit anhängigen Datenteilungskonflikten umzugehen ist; bisher ist dies jedoch nicht geschehen.

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