23. April 2020
Corona Vermieter
Coronavirus: Schutzschirm für die deutsche Wirtschaft Private Equity Restrukturierung und Insolvenz

Mietverhältnisse in der Krise – Wie Vermieter jetzt helfen können!

Auch gewerbliche Mieter sind von der COVID-19-Pandemie betroffen: Umsätze fallen weg, Mietzinsen laufen weiter auf. Wir klären, was Vermieter tun können.

Von der COVID-19-Pandemie sind derzeit besonders Mieter betroffen, deren Einnahmen infolge der staatlich angeordneten Schließungen von Ladenlokalen und Geschäften nahezu oder sogar völlig weggebrochen sind. Sie wenden sich häufig in erster Linie an ihre Vermieter, um einen Mieterlass oder andere Zahlungserleichterungen zu vereinbaren und so ihre angespannte Liquiditätslage zu entlasten.

Für Vermieter stellt sich jedoch oft die Frage, ob und wie sie helfen können, ohne selbst Haftungsgefahren oder Sanktionsrisiken ausgesetzt zu sein.

Vermieter können helfen: Stundungen, Mietreduzierungen, Erlass von Mietzinsen oder Abtretung staatlicher Hilfen

Um den Mieter finanziell zu unterstützen und das Mietverhältnis langfristig aufrechtzuerhalten, bieten sich für Vermieter zahlreiche Möglichkeiten, ihren Mietern entgegenzukommen. So können beispielsweise Stundungen, Mietreduzierungen oder auch der Erlass von Mietzinsen vereinbart werden. Der Vermieter kann sich anstelle der Mietzinszahlung – soweit möglich – die Ansprüche auf staatliche Hilfen abtreten lassen. Dem Mieter verschafft dies die nötige Zeit bis die staatlichen Hilfen erfolgen. Dem Vermieter verschafft diese Lösung einen solventen Schuldner.

Möglich ist auch die Kopplung der genannten Vereinbarungen an die aktuelle wirtschaftliche Lage des Mieters. So kann beispielsweise die Mietzinszahlung solange ausgesetzt werden, bis eine Besserung der finanziellen Lage eintritt oder die staatlich angeordnete Schließung aufgehoben wird. Aus wirtschaftlicher Sicht kann es sinnvoll sein, keine „Komplett-Lösung″ für mehrere Monate zu vereinbaren, sondern von Monat zu Monat neu zu prüfen und zu entscheiden, welche Unterstützungsmaßnahmen für den jeweiligen Mieter Sinn machen.

Keine Anstiftungs- oder Beihilfehandlung zur Insolvenzverschleppung durch Vermieter, wenn er dem Mieter in der Krise hilft

Befindet sich der Mieter infolge der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in der Krise oder befand er sich sogar schon davor in einer finanziell schlechten Lage, so stellt sich immer die Frage, ob nicht bereits Insolvenzreife eingetreten ist und Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen.

Dies spielt vor allem deshalb eine Rolle, weil eine verspätete oder fehlende Insolvenzantragstellung zu einer strafrechtlichen Haftung der Geschäftsleitung wegen Insolvenzverschleppung führt. Leistet ein Dritter aktiv Unterstützung hierzu oder veranlasst er die Insolvenzverschleppung sogar, so droht eine Strafbarkeit wegen Anstiftung oder Beihilfe zur Insolvenzverschleppung.

Für Vermieter gibt es hier in zweierlei Hinsicht allerdings Entwarnung. Zum einen hat der Staat mit dem Gesetz zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 1. März 2020 bis 20. September 2020 (COVInsAG) reagiert, um die Unternehmen zu schützen, die von den Auswirkungen des Corona-Virus besonders betroffen sind. Die Voraussetzungen sind, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und dass eine Aussicht auf Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit besteht. Sind diese erfüllt, droht weder eine Strafbarkeit des Mieters noch des Vermieters.

Zum anderen genügt das bloße Entgegenkommen des Vermieters beispielsweise in der Form einer Stundung oder eines Mieterlasses noch nicht für eine Anstiftungs- oder Beihilfehandlung im Sinne des Strafrechts. Es müssen vielmehr noch weitere Umstände hinzutreten, um ein strafrechtlich relevantes Verhalten auszulösen. Ein solches liegt dann vor, wenn der Vermieter den Mieter aktiv dazu drängt, keinen Insolvenzantrag zu stellen oder die Antragstellung absichtlich verzögert, um noch so viel Geld wie möglich vom Mieter für ausstehende Mietschulden zu erhalten.

Zivilrechtliche Haftungsrisiken des Vermieters denkbar, aber höchst unwahrscheinlich

Liegt eine verspätete Insolvenzantragstellung vor oder werden trotz Insolvenzreife noch Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet, so können unter gewissen Umständen neben der Geschäftsleitung auch Dritte verpflichtet sein, für Schäden, die den Gesellschaftsgläubigern entstehen, zu haften.

Eine solche Haftung setzt allerdings ein eigenes vorwerfbares Verhalten des Dritten voraus. Eine Haftung gesellschaftsfremder Dritter soll beispielsweise dann möglich sein, wenn diese die Geschäftsführer zu verbotswidrigen Zahlungen trotz Insolvenzreife drängen oder sie dabei unterstützen. Die Rechtsprechung hat bislang eine Haftung eines Dritten auch dann anerkannt, wenn dieser aus eigensüchtigen Motiven die Antragstellung hinausschieben lässt, um noch möglichst viel Geld aus der Insolvenzmasse zu erhalten.

Vor diesem Hintergrund ist die Gefahr der Haftung von Vermietern aufgrund von Unterstützungsmaßnahmen für ihre Mieter als gering einzustufen. In Anbetracht der Corona-Krise ist das vordergründige Ziel derartiger Maßnahmen, die Mieter zu unterstützen und die Mietverhältnisse langfristig, das heißt auch für die Zeit nach der Krise aufrechtzuerhalten.

Sofern darüber hinaus auch die Voraussetzungen des COVInsAG für die Aussetzung der Antragspflicht erfüllt sind, kommt schon keine Pflichtverletzung des Mieters in Betracht. Er ist dann gerade nicht verpflichtet, zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 einen Insolvenzantrag zu stellen. Auch sind Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, dann nicht verbotswidrig. Bietet der Vermieter in dieser Situation Stundungen oder andere liquiditätsstützende Maßnahmen an, so können diese auch für sich keinen Haftungstatbestand begründen.

Worauf müssen Vermieter sonst noch achten?

Sofern Vermieter Mietzinsen stunden und diese dann zu einem späteren Zeitpunkt bezahlt werden, so gilt es aus Sicht des Vermieters, das Insolvenzanfechtungsrisiko zu berücksichtigen. Die Regeln zur Insolvenzanfechtung ermöglichen es dem späteren Insolvenzverwalter, Zahlungen des Mieters an den Vermieter zurückzuverlangen, ohne dass der Vermieter seinerseits seine Gegenleistung zurückerhält.

Im Anwendungsbereich des COVInsAG gelten verspätete Mietzinszahlungen im Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 30. September 2020 allerdings als nicht gläubigerbenachteiligend und sind daher von einem späteren Insolvenzverwalter in der Regel nicht anfechtbar. Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Vermieter bekannt war, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Mieters ungeeignet sind, die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Alles in allem bieten die rechtlichen Rahmenbedingungen Vermietern eine Vielzahl an Möglichkeiten, ihre Mieter in dieser schwierigen Situation zu unterstützen, ohne eigene Haftungsgefahren fürchten zu müssen. Allerdings sollten auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stets berücksichtigt werden, vor deren Hintergrund genau geprüft werden sollte, ob eine langfristige Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses möglich und lohnenswert ist. 

In unserer Blogreihe „Coronavirus: Schutzschirm für die deutsche Wirtschaft″ informieren wir Sie über die getroffenen Hilfsmaßnahmen, deren Wirksamkeit und die sonst zu berücksichtigenden unternehmerischen „Stolpersteine″, die das Coronavirus mit sich gebracht hat. Bisher erfolgt sind Beiträge zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und wie dies bei M&A-Transaktionen hilft, zum CorInsAG, zum Kurzarbeitergeld und der Kurzarbeitergeldverordnung sowie den Auswirkungen auf Kreditverträge. Es folgten Beiträge zu den steuerlichen Auswirkungen, zur EU-Beihilfemöglichkeiten, zum Schutz vor Kündigungen von Wohn- und Geschäftsräumen und Mietverhältnissen allgemein sowie zum Wirtschaftsstabilisierungsfond und damit verbundenen, offenen Fragen zum WSF. Weiter beschäftigten wir uns mit dem Erlass des BMI zu bauvertraglichen Fragen, mit Finanzhilfen für Unternehmen, den Fördermöglichkeiten und mit den steuerliche Maßnahmen, mit Cash-Pooling und dem Gesetz zum Darlehensnehmerschutz sowie den alternativen Wegen zur Abhaltung von Gesellschafterversammlungen und Aufsichtsratssitzungen.


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