30. Juli 2021
Werbung Preisermäßigung
Verbraucherverträge im Digitalzeitalter

Neue Vorgaben für die Werbung mit Preisermäßigungen

Bei Werbung mit einer Preisermäßigung ist nun genau geregelt, welcher vorherige Preis anzugeben ist.

Mit der sog. „Omnibus-Richtlinie″ (Richtlinie (EU) 2019/2161, Omnibus-RL) wurde u.a. die Preisangaben-Richtline (Richtlinie 98/6/EG) geändert. Diese Änderungen müssen die Mitgliedsstaaten bis zum 28. November 2021 in nationales Recht umsetzen. Die Änderungen sind ab dem 28. Mai 2022 anzuwenden. Die derzeitige Kabinettfassung des Entwurfes der Preisangabenverordnung der Bundesregierung (Stand 25. August 2021) nimmt dies zum Anlass, die deutsche Preisangabenverordnung grundsätzlich zu novellieren.

Neue Vorgaben für Werbung mit Preisermäßigung

Die Omnibus-RL ergänzt die Preisangaben-RL u.a. um den neuen Artikel 6a zur Bekanntgabe von Preisermäßigungen:

Artikel 6a 

(1) Bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung ist der vorherige Preis anzugeben, den der Händler vor der Preisermäßigung über einen bestimmten Zeitraum angewandt hat. 

(2) Der vorherige Preis ist der niedrigste Preis, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat. 

(3) Die Mitgliedstaaten können für schnell verderbliche Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit abweichende Regelungen treffen. 

(4) Ist das Erzeugnis seit weniger als 30 Tagen auf dem Markt, können die Mitgliedstaaten auch einen kürzeren als den in Absatz 2 genannten Zeitraum festlegen. 

(5) Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass im Falle einer schrittweise ansteigenden Preisermäßigung der vorherige Preis der nicht ermäßigte Preis vor der ersten Anwendung der Preisermäßigung ist.

Erwägungsgründe konkret zu dieser Änderung der Preisangabe-RL enthält die Omnibus-RL nicht.  Zweck auch dieser Regelung dürfte es jedoch sein, ein hohes und vor allem in den Mitgliedsstaaten vergleichbares Verbraucherschutzniveaus zu erreichen. Hierfür sahen es das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union offensichtlich als erforderlich an, den konkreten Fall der Werbung mit Preisermäßigungen zu regeln.

Konkretisierung der Vorschriften zu Sanktionen bei Verstoß gegen Preisangabenregelungen

Daneben enthält die Omnibus-RL eine Konkretisierung des bisherigen Art. 8 der Preisangaben-RL, welcher die Sanktionen von Verstößen gegen Regelungen der Preisangaben-RL betrifft. Danach wird den Mitgliedstaaten nun vorgegeben, dass folgende, ausdrücklich als nicht abschließend zu verstehende Kriterien bei der Verhängung von Sanktionen berücksichtigt werden:

  • die Art, die Schwere, der Umfang und die Dauer des Verstoßes; 
  • Maßnahmen des Händlers zur Minderung oder Beseitigung des Schadens, der Verbrauchern entstanden ist; 
  • frühere Verstöße des Händlers; 
  • vom Händler aufgrund des Verstoßes erlangte finanzielle Vorteile oder vermiedene Verluste, wenn dazu die entsprechenden Daten verfügbar sind; 
  • Sanktionen, die gegen den Händler für denselben Verstoß in grenzüberschreitenden Fällen in anderen Mitgliedstaaten verhängt wurden, sofern Informationen über solche Sanktionen im Rahmen des aufgrund der Verordnung (EU) 2017/2394 des Europäischen Parlaments und des Rates errichteten Mechanismus verfügbar sind; 
  • andere erschwerende oder mildernde Umstände im jeweiligen Fall.

Entwurf der Bundesregierung zur Novellierung der Preisanagabenverordnung

Die Regelungen der Preisangaben-RL werden in Deutschland durch die PAngV umgesetzt. Es leuchtet daher ein, dass auch die Änderung der Preisangaben-RL dort ihren Niederschlag findet.

Die nun durch die Omnibus-RL veranlassten Änderung hat die Bundesregierung ausweislich ihres kürzlich veröffentlichten Entwurfes zum Anlass genommen, die PAngV insgesamt zu novellieren. Ziel der Novellierung soll dabei vor allem die Verbesserung der Verständlichkeit und Lesbarkeit der PAngV sein. Die neuen Regelungen zur Bekanntmachung von Preisermäßigungen findet sich dort in § 11 PAngV-E:

§ 11

Zusätzliche Preisangabenpflicht bei Preisermäßigungen für Waren

(1) Wer zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, hat gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat.

(2) Im Fall einer schrittweisen, ohne Unterbrechung ansteigenden Preisermäßigung des Gesamtpreises einer Ware kann während der Dauer der Preisermäßigung der niedrigste Gesamtpreis nach Absatz 1 angegeben werden, der vor Beginn der schrittweisen Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern für diese Ware angewendet wurde.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für nach § 4 Absatz 2 lediglich zur An-gabe des Grundpreises Verpflichtete.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht bei der Bekanntgabe von

1. individuellen Preisermäßigungen oder

2. Preisermäßigungen für schnell verderbliche Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit, wenn der geforderte Preis wegen einer drohenden Gefahr des Verderbs oder eines drohenden Ablaufs der Haltbarkeit herabgesetzt wird und dies für die Verbraucher in geeigneter Weise kenntlich gemacht wird.

Der deutsche Verordnungsgeber hat sich demnach dafür entschieden, den Zeitraum für die Bestimmung des maßgeblichen Vergleichspreise auf 30 Tage, d.h. das von der Omnibus-RL vorgegeben Mindestmaß, festzulegen. Eine Ausnahme gilt nach der Begründung der Verordnung dann, wenn eine Ware weniger als 30 Tage angeboten wurde – dann ist der Zeitraum maßgeblich, in welchem die Ware bisher im Angebot ist. Zudem sieht § 11 Abs. 2 PAngV-E vor, dass bei einer schrittweisen Preisreduzierung maßgebliche Referenz der vor der ersten Reduzierung geforderte Preis ist.

Vorgaben für Werbung mit Preisermäßigungen soll Werbung mit UVP nicht unmöglich machen

Jedenfalls nach der Begründung des Verordnungsentwurfes läutet die neue Regelung – entgegen verschiedentlichen Befürchtungen – nicht das Ende der Werbung mit unverbindlichen Herstellerpreisempfehlungen (UVP) ein: Danach soll die neue Regelung einer UVP-Werbung unter Einhaltung der bisherigen Vorgaben grundsätzlich nicht entgegenstehen, solange für den Verbraucher klar erkennbar ist, dass es sich dabei um einen Preisvergleich und nicht um eine Preisermäßigung des eigenen Preises handelt.

Ob dies aber auch für Produkte gelten soll, die bereits länger, insbesondere länger als 30 Tage, im Sortiment sind und erst nachträglich in Relation zu einer UVP gesetzt werden, ist offen. Die Bezugnahme des BMWi auf Produkte, die neu im Sortiment sind, könnte so verstanden werden, dass eine UVP-Werbung für Bestandsprodukte sehr wohl an der Regelung des § 11 PAngV-E zu messen wäre.

Eine ähnliche Auffassung ergibt sich aus einer Äußerung der Kommission in einem Meeting der mitgliedsstaatlichen Expertengruppen Anfang des Jahres 2020. Dort hatte die Generaldirektion der Kommission für Justiz und Verbraucher erklärt, dass Vergleiche mit anderen als vorherigen Händlerpreisen, bspw. unverbindlichen Herstellerpreisempfehlungen, nicht in den Anwendungsbereich der Regelung fallen sollen.

Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die Rechtsprechung die Regelegung letztlich auslegen wird.

Werbeaktionen wie „1+1 gratis″, „Kaufe 3 zahle 2″ etc. sind laut Verordnungsbegründung nicht betroffen

Nicht in den Anwendungsbereich des § 11 PAngV sollen nach der Begründung des BMWi ferner Werbeaktionen wie „1+1 gratis″, „Kaufe 3, zahle 2″ etc. fallen, da es sich dabei um die Werbung mit Drauf- bzw. Dreingaben und nicht mit Preisnachlässen handle. Auch Bekanntmachungen von Preisen ohne Hinweis auf den ursprünglichen Gesamtpreis, wie die Werbung mit „Knallerpreisen″ oder „Dauerniedrigpreisen″, sollen danach nicht unter § 11 PAngV-E fallen.

Ungeklärt ist bisher das Verhältnis von § 11 PAngV-E zu der bestehenden Regelung des § 5 Abs. 4 UWG. Letztere Vorschrift statuiert die Vermutung einer Irreführung durch die Werbung mit der Herabsetzung eines Preises, wenn der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist.

Spannend ist schließlich auch die Frage, ob es im Falle einer über längere Zeit hingezogenen, schrittweisen Preisermäßigung eine zeitliche Beschränkung gibt, in der mit dem ursprünglichen Preis gemäß § 11 Abs. 2 PAngV-E geworben werden darf und wie lange dieser Zeitraum ggfls. zu bemessen sein soll.

Ausweislich der Begründung des Verordnungsgebers gilt die Regelung des § 11 PAngV-E jedenfalls nicht nur für die Preisermäßigung einzelner Waren, sondern auch für die Preisermäßigung von Warengruppen oder des gesamten Sortiments. Hier müssen die betroffenen Waren klar in Bezug genommen werden und an allen betroffenen Produkten der jeweils niedrigste Preis im Sinne der Vorschrift angegeben werden.

Referentenentwurf mit weiteren Änderungen bzgl. Preisangaben

Neben der Umsetzung der sich aus der Omnibus-RL ergebenen Änderungen und einer systematischen Überarbeitung sieht der Verordnungsentwurf u.a. Änderungen im Zusammenhang mit der Auszeichnung von Pfandbeträgen, mit der Positionierung des Grundpreises, mit Preisangaben in Schaufenstern und mit dem punktuellen Aufladen von Elektromobilen vor:

  • In § 7 PAngV-E wird klargestellt, dass Pfandbeträge bei der Berechnung des Grundpreises nicht zu berücksichtigen sind und deren Höhe neben dem Gesamtpreis anzugeben sind. Nach Auffassung des Verordnungsgebers bleibt es mangels europäischer Vorgaben dem nationalen Verordnungsgeber überlassen, ob und in welcher Höhe eine rückerstattbare Sicherheit gegenüber dem Verbraucher kenntlich zu machen ist. Damit schließt sich der Verordnungsgeber ausdrücklich der derzeit im Markt wohl ganz überwiegend praktizierten separaten Angabe des Pfandbetrages an. Dass dieser Vorstoß des Verordnungsgebers aber die anhaltende Diskussion in der Rechtsprechung zu dieser Frage beenden kann, darf bezweifelt werden. Mehr Klarheit dürfte insofern wohl eher die zu erwartende Entscheidung des BGH zu dieser Frage bringen (Az. I ZR 135/20, mit Beschluss vom 29. Juli 2021 hat der BGH die Frage nun dem EuGH vorgelegt).
  • In § 4 Abs. 1 PAngV-E entfällt nun die Vorgabe, dass der Grundpreis in „unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises″ anzugeben ist. Bestimmt wird hingegen, dass der Grundpreis unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar anzugeben ist. Diese Änderung erfolgte laut Verordnungsbegründung zur sprachlichen Anpassung an die Preisangaben-RL. Der Verordnungsgeber weist in seiner Begründung auch darauf hin, dass es seit längerem umstritten ist, ob das bisher in § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV enthaltene Gebot der Angabe des Grundpreises in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises europarechtswidrig ist. Gleichzeitig meint er aber, dass diese „Klarstellung″ wohl kaum praktische Relevanz entwickeln dürfte, da auch weiterhin die Grundsätze der Preiswahrheit und Preisklarheit einzuhalten seien. So sei es daher nach wie vor unzulässig, wenn der Grundpreis im Online-Handel nur durch einen separaten Link anwählbar oder nur durch das Mouse-Over Verfahren sichtbar ist oder wenn im stationären Handel eine Liste mit Grundpreisen an einem anderen Ort ausgehängt ist.
  • In § 10 Abs. 1 und Abs. 2 PAngV-E werden die bisherigen § 4 Abs. 1 und Abs. 2 PAngV, die die Preisangabe im Handel betreffen, sprachlich neugefasst. Laut Begründung soll dies der Klarstellung mit Blick auf die Rechtsprechung des BGH zu Schaufensterwerbung (BGH, Urteil v. 10. November 2016 – I ZR 29/15) dienen. Der Verordnungsgeber vertritt insofern die Ansicht, dass in Schaufenstern o.ä präsentierte Waren dann Angebote eines Händlers darstellen, die zwingend eine Preisangabe nach der PAngV erfordern, wenn ein Verbraucher die präsentierten Waren ohne eine zwingende fachliche Beratung allein durch das Betreten des Ladens, Aussuchen und Anprobieren z. B. der passenden Größe und den Gang zur Kasse erwerben kann. Bedürfe es hingegen für den Verkauf der Ware eines Beratungsgespräches, individueller Anpassungen oder produktspezifischer Konfigurationen für die anschließende Herstellung oder Beschaffung sowie den Kauf durch den Verbraucher, so könne eine reine Werbung vorliegen, die keine Preisangabe verlange.
  • Schließlich wurde die PAngV um eine Regelung in § 14 Abs. 2 PAngV-E ergänzt, wonach Betreiber eines öffentlich zugänglichen Ladepunktes, die Verbrauchern das punktuelle Aufladen von Elektromobilen ermöglichen, an dem jeweiligen Ladepunkt den Arbeitspreis je Kilowattstunde anzugeben haben.
  • In die Regelungen über Ordnungswidrigkeiten hat der Verordnungsgeber Bußgeldvorschriften für Verstöße gegen die Bekanntgabe einer Preisermäßigung für durch Händler angebotene Erzeugnisse ergänzt. Eine Umsetzung der Änderung zu Art. 8 der Preisangabe-RL sieht er hingegen nicht als erforderlich an, da die dort aufgeführten Zumessungskriterien für die Höhe von Geldbußen bereits nach § 17 Abs. 3 OWiG bzw. im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu berücksichtigen seien. 

Rechtzeitige Umstellung

Die anstehenden Änderungen der PAngV sind insbesondere für alle Händler relevant, die mit Preisermäßigungen oder in Schaufenstern werben, pfandpflichtige Produkte anbieten oder öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektromobile betreiben. Diese sollten den Erlass der neuen PAngV im Auge behalten und nach Verabschiedung der endgültigen Fassung ihre Werbemaßnahmen daraufhin kontrollieren, ob diese unter die neuen Regelungen fallen. Falls dem so ist, sollten rechtzeitig die erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden, um den Vorgaben der PAngV zukünftig zu entsprechen – andernfalls drohen mit Geltungsbeginn der neuen PAngV Bußgelder!

Hinweis: Der Beitrag behandelte ursprünglich den Referentenentwurf des BMWi vom 31. Mai 2021 und wurde auf Basis der Kabinettfassung des Entwurfes der Bundesregierung vom 25. August 2021 aktualisiert.

In unserer Blogserie „Verbraucherverträge im Digitalzeitalter″ zeigen wir auf, wie die Maßnahmenpakete der EU das europäische Verbraucherschutzrecht fit für das Digitalzeitalter machen sollen. Im ersten Teil fokussierten wir uns auf die hohen Bußgeldern für Unternehmer, im zweiten Teil auf Bußgelder bei Verletzungen von Verbraucherschutzvorschriften und Lauterkeitsrecht. Anschließend haben wir uns mit den Änderungen im BGB und den neuen Regelungen der Warenkaufrichtlinie beschäftigt. Weiter sind wir auf Personalized Pricing, das Dual Quality Verbot, die Verbandsklage sowie den Individualschadensersatz und das Mängelrecht bei Verträgen über digitale Produkte eingegangen. Zuletzt haben wir uns mit der Abo-Falle auseinandergesetzt.

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