23. März 2020
Aktien Corona
Coronavirus - Handlungsempfehlungen für Unternehmen Aktienrecht

Aktiengesellschaften und Corona – Möglichkeiten zur Cash-Ersparnis

Die Corona-Krise wird für die Finanzlage der meisten Unternehmen immer dramatischer. Aktiengesellschaften haben jedoch Möglichkeiten, ihre Liquidität zu stärken.

Die Corona-Krise setzt die Wirtschaft auf der Angebots- und Nachfrageseite unter Druck, bei vielen Unternehmen sinken die Umsatzerlöse auf null, während die Kosten weiter anfallen. In dieser Situation ist es von existentieller Bedeutung, die Barmittel beisammen zu halten und das Eigenkapital zu stärken. Aktiengesellschaften haben dabei Vorteile gegenüber anderen Gesellschaftsformen: Sie können Zahlungsverbindlichkeiten relativ leicht in eigene Anteile umwandeln, weil die AG als „Kapitalsammelbecken″ konzipiert ist. Auch sind die Einflussmöglichkeiten der neuen Aktionäre – und vorherigen Gläubiger – auf das Management weniger stark als beispielsweise bei der GmbH.

Umwandlung von Mitarbeitervergütung in Aktienunte

Beispielsweise könnten Vergütungsansprüche der Mitarbeiter in Aktien umgewandelt werden. Dies wird bereits von manchen Unternehmen praktiziert. Bei hohen Mitarbeiterzahlen lassen sich dadurch erhebliche Einsparungen erzielen. In der derzeitigen Situation dürften viele Mitarbeiter dazu bereit sein, um ihren Arbeitsplatz zu sichern. Eine solche Lösung kommt insbesondere bei variablen Vergütungselementen in Betracht, unter Umständen aber auch bei Teilen des Festgehalts. Zwar wird die Reinvestition in den meisten Fällen freiwillig erfolgen müssen. Teilweise lässt sich mit dem jeweiligen Tarifpartner aber auch eine Reinvestitionspflicht vereinbaren.

In aktienrechtlicher Hinsicht lässt sich die Maßnahme zügig umsetzen, wenn die AG – wie es bei den meisten börsennotierten Gesellschaften der Fall ist – über ein genehmigtes Kapital verfügt, das die Ausgabe von Aktien gegen Sacheinlage erlaubt. In diesem Fall wird die Vergütung nicht ausgezahlt, sondern der entsprechende Anspruch wird nach Abzug der Lohnsteuer als Sacheinlage in die Gesellschaft eingebracht. Infolge der Einbringung erlischt die Forderung, da die AG zugleich Gläubiger und Schuldner wird. Im Gegenzug erhalten die Mitarbeiter neue Aktien. Voraussetzung ist stets, dass die eingebrachten Forderungen werthaltig sind, was durch das Gutachten eines gerichtlich bestellten Prüfers bestätigt werden muss. Dieser prüft, ob die Gesellschaft in der Lage wäre, die Forderungen auch in bar zu erfüllen.

Die Kapitalerhöhung erfordert keinen Wertpapierprospekt, vielmehr genügt ein sogenanntes prospektbefreiendes Dokument, welches die Gründe und Einzelheiten des Angebots darlegt. Der Transaktions- und Kostenaufwand ist daher gering.

Vorteile der Umwandlung von Mitarbeitervergütung in Aktien gegenüber einer normalen Barkapitalerhöhung

Natürlich könnten Unternehmen auch über eine normale Kapitalerhöhung gegen Bareinlage nachdenken. Allerdings ist eine solche Maßnahme deutlich aufwendiger, insbesondere wenn sämtliche Aktionäre ein Bezugsrecht erhalten sollen. Auch sind die Kurse der meisten börsennotierten Unternehmen inzwischen so tief im Keller, dass die durch eine solche Maßnahme erzielbaren Beträge nicht mehr attraktiv erscheinen; die AG erhält weniger Geld für ihre Aktien und alle Aktionäre, die nicht an der Kapitalerhöhung teilnehmen, werden stärker verwässert.

Bei der Umwandlung ihrer Vergütung in neue Aktien müssen die Mitarbeiter dagegen kein Geld in die Hand nehmen und erwerben mit den Aktien die Chance, dass diese – wenn der Corona-Spuk irgendwann vorbei ist – erheblich im Wert steigen können.

Gewährung der Dividende in Form von Aktien

Viele Unternehmen werden darüber nachdenken, die Dividende zu streichen. Die Frage dürfte sich zwar erst später im Jahr stellen, weil die meisten Hauptversammlungen zurzeit nicht durchgeführt werden dürfen. Selbst wenn Vorstand und Aufsichtsrat schon Dividendenvorschläge gemacht haben, kann dies in der Hauptversammlung noch geändert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass ein Anspruch der Aktionäre auf eine Mindestdividendenzahlung bestehen kann, wenn der Einbehalt nicht notwendig ist, um die Lebens- und Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft zu sichern.

Eine interessante Möglichkeit, mit der die AG die Dividendenankündigung oder -erwartungen erfüllen und zugleich Barmittel einsparen kann, könnte es sein, den Aktionären eine Aktiendividende anzubieten. Auch die Aktiendividende ist als Sachkapitalerhöhung ausgestaltet, bei der neue Aktien gegen Einbringung des (Bar-)Dividendenanspruchs der Aktionäre ausgegeben werden. In diesem Fall haben alle Aktionäre ein Bezugsrecht auf die neuen Aktien. Möglich ist auch, vorhandene eigene Aktien gegen den Dividendenanspruch zu tauschen. Jedem Aktionär stehen im Rahmen der Aktiendividende die Optionen offen, dass er sich die Dividende ausschließlich in bar auszahlen lässt, diese in Form von Aktien erhält oder sich für eine Mischung aus Barauszahlung und Aktiendividende entscheidet. Auch in diesem Fall ist der Aufwand mangels Prospektpflicht im Vergleich zu prospektpflichtigen Transaktionen und im Verhältnis zu den eingesparten Barmitteln relativ gering (und wird tendenziell noch günstiger, je öfter das Unternehmen seinen Aktionären die Aktiendividende anbietet).

Die vorstehenden Maßnahmen haben neben der Einsparung von Liquidität noch einen weiteren positiven Effekt: Sie erhöhen nämlich das Eigenkapital der Gesellschaft. Es handelt sich jeweils um Kapitalerhöhungen, in deren Zuge die eingebrachten Vergütungs- bzw. Dividendenforderungen bilanziell in Eigenkapital umgewandelt werden.

In unserer Blogserie zu „Coronavirus: Handlungsempfehlungen für Unternehmen″ zeigen wir anhand der aktuellen Situation unternehmensbezogene Stolpersteine auf, die in Krisenzeiten zu beachten sind. Bereits erschienen sind Beiträge zu Verhandlungen, Verjährungen und Verfristungen sowie Haftungsfragen bei Absagen von Messen und Veranstaltungen, zum Datenschutz trotz Corona und zu Möglichkeiten von Aktiengesellschaften zur Cash-Ersparnis sowie Vermögensübertragungen zu steuergünstigen Konditionen. In weiteren Beiträgen gehen wir ein auf die Erstellung eines Notfallplans, auf Vertriebsverträge und Tipps für Lieferanten in Krisenzeiten und auf Auswirkungen auf Lebensmittel- und Hygieneverordnungen. Im Anschluss haben wir uns mit der streitigen (gerichtlichen) Auseinandersetzung befasst, sind auf kartellrechtliche Auswirkungen sowie die Bedeutung für den Kapitalmarkt eingegangen. Näher befasst haben wir uns auch mit „infizierten″ Vertragsverhandlungen, den Änderungen in Mittel- und Osteuropa sowie mit klinischen Studien und dem neuen EU-Leitfaden für Sponsoren uns Prüfärzte. Weiter geht es mit Pflichten zur Abgabe der Steuererklärung und eventuell steuerstrafrechtlichen Haftungsrisiken, dem Moratorium für Zahlungsverpflichtungen von Verbrauchern und KleinstunternehmernUnterstützungsmaßnahmen für Start-ups, das Kurzarbeitergeld, sowie den Erleichterungen für Stiftungen und Vereine und GmbH-Gesellschafterbeschlüssen. Es folgten weitere Beiträge zu Kooperationen im Gesundheitswesen und zu Sachspenden an Krankenhäuser, zum Marktzugang für persönliche Schutzausrüstung und Medizinprodukte, zur Beschlagnahmemöglichkeit von Schutzausrüstung durch den Staat und zu Auswirkungen auf laufende IT-Projekte. Zuletzt haben wir auf die Haftung bei betrieblichen Corona-Schutzimpfungsprogrammen hingewiesen.


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