25. Juni 2020
Corona Umwandlung
Coronavirus - Handlungsempfehlungen für Unternehmen Corporate / M&A Steuerrecht

Coronavirus – Mehr Zeit für Umwandlungen – Update #1

Vier Monate mehr Zeit räumt der Gesetzgeber Unternehmen bei Umwandlungen ein. Auch steuerlich ist nunmehr für sämtlich Umwandlungsarten ein verlängerter Rückwirkungszeitraum von zwölf Monaten vorgesehen.

Das Maßnahmenpaket zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie eröffnet neue Gestaltungsmöglichkeiten für Unternehmen und verschafft Luft für die Umsetzung bereits geplanter Umwandlungen. Nachlaufend wurden auch die flankierenden steuerlichen Regelungen angepasst und ein Gleichlauf von Umwandlungsrecht und Umwandlungssteuerrecht hergestellt.

+++ Update +++ 25. Juni 2020 +++ Update ++

Grundsätzlich besteht ein beschränkter Zeitraum für Vorbereitung und Anmeldung von Umwandlungen

Der Zeitplan bei Verschmelzungen und Spaltungen wird nicht selten von einer wichtigen Anlage zur Handelsregisteranmeldung bestimmt: der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers. Für diese Bilanz gelten die handelsrechtlichen Vorschriften über die Aufstellung, Prüfung und Feststellung.

Gemäß § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG darf der Stichtag der Schlussbilanz nicht mehr als acht Monate vor der Anmeldung der Umwandlung zur Eintragung in das Handelsregister liegen. Das gilt unmittelbar für Verschmelzungen und über den Verweis in § 125 UmwG auch für Spaltungen. Diese Regelung ermöglicht es den beteiligten Unternehmen bei sorgfältiger Planung in der Regel, die Bilanz aus dem ohnehin aufgrund der gesetzlichen Vorschriften aufzustellenden Jahresabschluss der Gesellschaft als Schlussbilanz für die geplante Umwandlung zu verwenden. Das vermeidet den Aufwand für eine ansonsten notwendige Zwischenbilanz.

Es bedeutet aber auch, dass jeweils nur ein beschränkter Zeitraum für die Vorbereitung und Anmeldung der Umwandlung zur Verfügung steht.

Lockerung für Anmeldungen im Jahr 2020

Für einen begrenzten Zeitraum wird diese Regelung nun dahingehend gelockert, dass der Stichtag maximal zwölf Monate zurückliegen darf:

Am Freitag, den 27. März 2020, wurde das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Es sieht unter anderem vor, dass es mit Wirkung ab 28. März 2020 abweichend von § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG für die Zulässigkeit der Eintragung der Umwandlung im Handelsregister genügt, wenn die Schlussbilanz auf einen höchstens zwölf Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden ist.

Die dazugehörige Übergangsregelung bestimmt, dass dies nur für Anmeldungen gelten soll, die im Jahr 2020 vorgenommen werden. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ist ermächtigt, die Regelung bis höchstens zum 31. Dezember 2021 zu verlängern, wenn dies aufgrund fortbestehender Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in der Bundesrepublik Deutschland geboten erscheint. Dazu bedarf es einer Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates.

Zur Begründung stellt der Gesetzgeber in den Vordergrund, dass die derzeit geltenden Einschränkungen der Versammlungsfreiheit dazu führen können, dass Gesellschafterversammlungen nicht oder nur verspätet abgehalten werden können. Da es sich bei der Achtmonatsfrist um eine zwingende Frist handelt, könnten die Registergerichte ohne gesetzliche Regelung nicht selbständig abhelfen, sondern müssten die Anmeldung ablehnen, sofern sie mit einer Bilanz auf einen mehr als acht Monate zurückliegenden Stichtag eingehen, auch wenn diese gerade erst festgestellt wurde.

In Kombination mit den sonstigen Erleichterungen, die das Gesetz für die Abhaltung von Gesellschafterversammlungen vorsieht, verschafft die Verlängerung der Frist auf zwölf Monate den Unternehmen etwas Luft, um geplante Umwandlungen trotz der aktuell vorrangigen Themen noch rechtzeitig auf den Weg bringen zu können.

Neue Gestaltungsmöglichkeiten

Neue Gestaltungsmöglichkeiten können sich in folgenden Fällen ergeben:

  • Entspricht das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr, könnte die Anmeldung einer Umwandlung auf Basis der Bilanz zum 31. Dezember 2019 noch bis 31. Dezember 2020 statt wie bisher bis 31. August 2020 erfolgen.
  • Endet das Geschäftsjahr beispielsweise zum 30. September, könnte die Bilanz zum 30. September 2019 noch bis 30. September 2020 als Schlussbilanz im Rahmen einer Umwandlung dienen.
  • Dem Wortlaut der Regelung nach könnten auch Bilanzen zum 30. Juni 2019 nunmehr noch bis 30. Juni 2020 einer Umwandlung als Schlussbilanz zugrunde gelegt werden, obwohl die übliche Achtmonatsfrist bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes abgelaufen war.

Sonstige Fristen weiterhin zu beachten

In jedem Fall weiterhin zu beachten ist allerdings die Monatsfrist vor der geplanten Gesellschafterversammlung für die Einbindung des Betriebsrats (§ 5 Abs. 3 UmwG, ggf. in Verbindung mit § 125 UmwG). Bei Aktiengesellschaften gilt auch weiterhin die Frist für das Auslegen der Entwürfe zur Einsicht der Aktionäre (§ 62 Abs. 3 UmwG). Auch die besonderen Vorschriften zur Aktualität der Zwischenbilanz bei der Aktiengesellschaft werden durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht nicht geändert. Das bedeutet, dass die Erweiterung der Acht- auf eine Zwölfmonatsfrist bei der Aktiengesellschaft nur helfen kann, wenn die Aktionäre wirksam auf ihr Recht aus § 63 Abs. 1 Nr. 3 UmwG verzichten, was durch notarielle Erklärung aller Aktionäre möglich ist (§ 63 Abs. 2 Satz 5 UmwG in Verbindung mit § 8 Abs. 3 UmwG).

Verlängerung der steuerlichen Rückwirkung für alle Umwandlungsarten

Die umwandlungsrechtliche Fristverlängerung in § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG findet aufgrund der umwandlungssteuerlichen Anknüpfung in § 2 Abs. 1 S. 1 UmwStG ohne weiteres auf die Verschmelzung, Aufspaltung und Abspaltung von Körperschaften Anwendung.

Für die Verschmelzung, Aufspaltung und Abspaltung von Personenhandelsgesellschaften sowie die Ausgliederung aus Körperschaften und Personenhandelsgesellschaften bedarf es mangels Anknüpfung an § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG hingegen einer Sonderregelung für die steuerliche Rückwirkung. Ohne Sonderregelung tritt die steuerliche Wirksamkeit grundsätzlich zu dem Zeitpunkt ein, zu dem das wirtschaftliche Eigentum an dem übertragenen Vermögen auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht (spätestens im Zeitpunkt der Handelsregistereintragung). Abweichend von diesem Grundsatz darf gem. §§ 20 Abs. 6 S. 1 und 2, 24 Abs. 4 2. HS UmwStG als steuerlicher Übertragungsstichtag der Stichtag der handelsrechtlichen Schlussbilanz i.S.d. § 17 Abs. 2 UmwG auf Antrag zu Grunde gelegt werden. Dieser Stichtag darf nach eindeutigem Gesetzeswortlaut höchstens acht Monate vor der Anmeldung der Umwandlung zur Eintragung in das Handelsregister liegen. Mit dem Corona-Steuerhilfegesetz hat der Gesetzgeber nunmehr auch für die vorgenannten Fälle in § 27 Abs. 15 UmwStG geregelt, dass an die Stelle des Zeitraums von acht Monaten ein Zeitraum von zwölf Monaten tritt, wenn die Anmeldung zur Eintragung im Jahr 2020 erfolgt.

Die temporäre Verlängerung gilt darüber hinaus auch für Einbringungsvorgänge im Wege der Einzelrechtsnachfolge (bei Abschluss des Einbringungsvertrags im Jahr 2020) und für Formwechsel gemäß § 9 S. 3 UmwStG (§ 25 S. 2 UmwStG), obgleich hierfür keine handelsrechtlichen Schlussbilanzen zu erstellen sind.

Entsprechend der Ermächtigung des Bundesministerium der Justiz wurde auch das Bundesministerium der Finanzen dazu ermächtig, eine Firstverlängerung bis höchstens zum 31. Dezember 2021 im Wege der Rechtsverordnung herbeizuführen.

Fazit: Durch die Lockerung der Stichtagsregelung mehr Zeit für die Umwandlung

Unternehmen, die angesichts der Corona-Krise und den Einschränkungen der Versammlungsfreiheit schon schwarz sahen für bereits geplante Umwandlungsmaßnahmen, können aufatmen und erhalten durch die Lockerung der Stichtagsregelung mehr Zeit für die Umsetzung. Darüber hinaus eröffnen sich ggf. neue Möglichkeiten für die Rückbeziehung von Umwandlungen auf einen früheren Zeitpunkt.

Da auch die steuerlichen Vorschriften zum Rückwirkungszeitraums entsprechend angepasst wurden, kann es auch nicht zu ungewollten Verwerfungen zwischen Umwandlungsrecht und Umwandlungssteuerrecht kommen.

In unserer Blogserie zu „Coronavirus: Handlungsempfehlungen für Unternehmen″ zeigen wir anhand der aktuellen Situation unternehmensbezogene Stolpersteine auf, die in Krisenzeiten zu beachten sind. Bereits erschienen sind Beiträge zu Verhandlungen, Verjährungen und Verfristungen sowie Haftungsfragen bei Absagen von Messen- und Veranstaltungen, zum Datenschutz trotz Corona und zu  Möglichkeiten von Aktiengesellschaften zur Cash-Ersparnis sowie Vermögensübertragungen zu steuergünstigen Konditionen. In weiteren Beiträgen gehen wir ein auf die Erstellung eines Notfallplans, auf Vertriebsverträge und Tips Lieferanten in Krisenzeiten und auf Auswirkungen auf Lebensmittel- und Hygieneverordnungen. Im Anschluss haben wir uns mit der streitigen (gerichtliche) Auseinandersetzung befasst, sind auf kartellrechtliche Auswirkungen sowie die Bedeutung für den Kapitalmarkt eingegangen. Näher befasst haben wir uns auch mit „infizierten″ Vertragsverhandlungen, den Änderungen in Mittel- und Osteuropa sowie mit klinischen Studien und dem neuen EU-Leitfaden für Sponsoren uns Prüfärzte. Weiter geht es mit Pflichten zur Abgabe der Steuererklärung und eventuell steuerstrafrechtlichen Haftungsrisiken, dem Moratorium für Zahlungsverpflichtungen von Verbrauchern und Kleinstunternehmern, Unterstützungsmaßnahmen für Start-ups, das Kurzarbeitergeld, sowie den Erleichterungen für Stiftungen und Vereine und GmbH-Gesellschafterbeschlüsse. Es folgten weitere Beiträge zu Kooperationen im Gesundheitswesen und zu Sachspenden an Krankenhäuser, zum Marktzugang für persönliche Schutzausrüstung und Medizinprodukte, zur Beschlagnahmemöglichkeit von Schutzausrüstung durch den Staat und zu Auswirkungen auf laufende IT-Projekte


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