16. April 2020
Home-Office Geschäftsgeheimnis
Coronavirus - Handlungsempfehlungen für Unternehmen Gewerblicher Rechtsschutz

COVID19: Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Home-Office          

Bei der Arbeit im Home-Office gelten erhöhte Sorgfaltspflichten beim Schutz von Geschäftsgeheimnissen – Unternehmen sind für deren Einhaltung verantwortlich.

In Zeiten von COVID19 und den derzeit geltenden Beschränkungen bekommt die Arbeit via Home-Office eine ganz neue Bedeutung. Viele Unternehmen können in Zeiten der Corona-Krise einzig durch die Möglichkeit der Beschäftigung der Mitarbeiter im Home-Office die Aufrechterhaltung des regelmäßigen Geschäftsbetriebs sicherstellen. Vor diesem Hintergrund ist das Home-Office für viele Unternehmen derzeit ein Vorteil von unschätzbarem Wert, der noch vor nicht allzu langer Zeit undenkbar schien.

Dennoch bringt die Beschäftigung der Mitarbeiter im Home-Office nicht nur Vorteile mit sich. Neben datenschutzrechtlichen Fragestellungen besteht auch für vertrauliche Informationen von Unternehmen wie beispielsweise Kundenlisten, Innovationsideen und Vertriebsstrategien im Home-Office ein erhöhtes Risiko für den unberechtigten Zugriff Dritter.

Diesem Risiko müssen Unternehmen entgegenwirken. Tun sie dies nicht, könnten sie für die betreffenden vertraulichen Informationen den gesetzlichen Schutz als Geschäftsgeheimnisse verlieren. Damit könnten die Unternehmen auch nicht mehr rechtlich gegen Verletzer dieser Geschäftsgeheimnisse vorgehen und müssten hinnehmen, wenn sich Dritte an diesen „bedienen″. Was Unternehmen bei der Beschäftigung via Home-Office zu tun haben, erfahren Sie im Folgenden.

Voraussetzung für gesetzlichen Schutz: angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen

Damit Unternehmen Schutz für Ihre vertraulichen Informationen als Geschäftsgeheimnisse genießen, müssen sie sogenannte „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen″ ergreifen. § 2 Nr. 1 b) GeschGehG stellt dies als Voraussetzung für das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses auf.

Trifft ein Unternehmen solche angemessenen Geheimhaltungsmaßnehmen nicht, gelten die betreffenden vertraulichen Informationen auch nicht als Geschäftsgeheimnisse. Dann bestehen aber auch keine gesetzlichen Ansprüche und damit kein Schutz gegenüber Datendieben und Betriebsspionen.

Die Angemessenheit von Geheimhaltungsmaßnahmen bemisst sich nach dem Grad der Wichtigkeit der vertraulichen Information und der Höhe des Risikos, dass diese Information „in falsche Hände gerät″. Je wichtiger eine vertrauliche Information und je höher das Risiko ist, dass diese vertrauliche Information an unberechtigte Dritte gelangt, desto mehr und strengere Geheimhaltungsmaßnahmen sind also erforderlich.

Arbeit im Home-Office – Risiko für Geschäftsgeheimnisse nicht nur in Zeiten von Corona

Die Arbeit im Home-Office wirft auch losgelöst von dem Thema Geschäftsgeheimnisse eine Vielzahl – vor allem arbeitsrechtlicher – Fragestellungen auf, die ebenfalls vorab zu klären sind. Lediglich genannt seien Rechtsfragen im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Einführung der Home-Office-Arbeit, der Tragung der Einrichtungs- sowie laufenden Kosten, der Sicherstellung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, der Erfassung von Arbeitszeiten oder auch dem Beschäftigtendatenschutz.

Ein weiterer, sehr bedeutender Umstand wird daneben aber oft übersehen: So sind die Risiken für die vertraulichen Informationen eines Unternehmens bei der Arbeit im Home-Office im Vergleich zur Arbeit im Betrieb deutlich erhöht: Virenschutz ist gar nicht vorhanden oder aber veraltet, vertrauliche Dokumente werden für Dritte zugänglich und nicht gesichert verwahrt und geschäftliche Telefonate werden mitgehört – durch andere Personen oder gar private Sprachassistenten wie Alexa, Siri oder Google Home. Die Liste möglicher Einfallstore für Datendiebe und Betriebsspione ist lang.

Erhöhte Sorgfaltspflichten im Home-Office

Aufgrund dieses erhöhten Risikos müssen Unternehmen als angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen ihren Mitarbeitern erhöhte Sorgfaltspflichten auferlegen. Dazu gehören zum Beispiel die Verpflichtung zur Benutzung eines aktuellen Virenscanners, zur sicheren Verwahrung von Dokumenten und zum Ausloggen beim Verlassen des Laptops oder Computers. Entsprechende Verhaltenspflichten kann der Arbeitgeber seiner Belegschaft zwar in aller Regel einseitig gestützt auf sein Direktionsrecht auferlegen. Ist allerdings ein Betriebsrat gebildet, kommt diesem ein Mitbestimmungsrecht zu, wenn die fraglichen Pflichten das Verhalten der Arbeitnehmer untereinander regeln sollen (sog. Ordnungsverhalten, Bsp.: Vorgaben zur Offenlegung vertraulicher Informationen gegenüber Kollegen) oder aber technische Überwachungseinrichtungen betroffen sind (Bsp.: Pflicht zur Nutzung bestimmter Softwaretools, die eine Überwachung der Arbeitnehmer ermöglichen). Beides ist im Bereich der Geheimnisschutz-Compliance häufig der Fall.

Das Auferlegen entsprechender erhöhter Sorgfaltspflichten zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen wirkt auf zwei Ebenen:

  1. Zum einen wird das Bewusstsein des Mitarbeiters für die Sensibilität von vertraulichen Informationen und die bestehenden Risikolagen im Home-Office geschärft.
  2. Zum anderen treffen Unternehmen mit entsprechenden Verpflichtungen Maßnahmen, die Teil der gesetzlich vorausgesetzten „angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen″ sind.

Besagte Verpflichtungen können also (Teil-)Voraussetzung dafür sein, dass die betroffenen vertraulichen Informationen überhaupt erst als Geschäftsgeheimnisse geschützt sind. Entsprechend besteht auch nur dann gesetzlicher Schutz, auf den sich Unternehmen im Verletzungsfall – auch, wenn dieser im Home-Office passiert – berufen können.

So stellen Unternehmen den Geheimnisschutz im Home-Office sicher

Werden Mitarbeiter im Home-Office tätig sollte mit diesen, soweit möglich, hierüber eine gesonderte Home-Office-Vereinbarung abgeschlossen, was allein zur Regelung der vielzähligen Rechtsfragen empfehlenswert ist. Diese Home-Office-Vereinbarung sollte den Mitarbeitern auch ausdrücklich erhöhte Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Sicherung vertraulicher Informationen und Geschäftsgeheimnisse auferlegen.

Auch wenn keine zweiseitige Home-Office-Vereinbarung abgeschlossen werden kann, sind aber solch erhöhte Sorgfaltspflichten aufzustellen (etwa in Form einer Arbeitsanweisung o.ä.). Der Inhalt dieser Sorgfaltspflichten sollte dabei nicht allgemein formuliert, sondern auf den konkreten Einzelfall abgestimmt sein.

Zudem sollten Unternehmen ihren Mitarbeitern Leitfäden oder Informationsschreiben zur Verfügung stellen, in denen diese erhöhten Sorgfaltspflichten praktisch – bestenfalls mit anschaulichen Beispielsfällen – erklärt werden.

In allen Fällen sind die Mitbestimmungsrechte eines etwaig vorhandenen Betriebsrats zu beachten.

Wichtig ist aber, dass dieser Handlungsbedarf nicht auf die Arbeit via Home-Office in Corona-Zeiten beschränkt ist, sondern immer besteht, wenn Mitarbeiter via Home-Office tätig werden (dürfen). Die Corona-Krise ist – wenn man so will – der aktuelle Anlass, nicht aber die Ursache des Regelungsbedarfs für die Arbeit der Mitarbeiter im Home-Office.

In unserer Blogserie zu „Coronavirus: Handlungsempfehlungen für Unternehmen″ zeigen wir anhand der aktuellen Situation unternehmensbezogene Stolpersteine auf, die in Krisenzeiten zu beachten sind. Bereits erschienen sind Beiträge zu Verhandlungen, Verjährungen und Verfristungen sowie Haftungsfragen bei Absagen von Messen- und Veranstaltungen, zum Datenschutz trotz Corona und zu  Möglichkeiten von Aktiengesellschaften zur Cash-Ersparnis sowie Vermögensübertragungen zu steuergünstigen Konditionen. In weiteren Beiträgen gehen wir ein auf die Erstellung eines Notfallplans, auf Vertriebsverträge und Tips Lieferanten in Krisenzeiten und auf Auswirkungen auf Lebensmittel- und Hygieneverordnungen. Im Anschluss haben wir uns mit der streitigen (gerichtliche) Auseinandersetzung befasst, sind auf kartellrechtliche Auswirkungen sowie die Bedeutung für den Kapitalmarkt eingegangen. Näher befasst haben wir uns auch mit „infizierten″ Vertragsverhandlungen, den Änderungen in Mittel- und Osteuropa sowie mit klinischen Studien und dem neuen EU-Leitfaden für Sponsoren uns Prüfärzte. Weiter geht es mit Pflichten zur Abgabe der Steuererklärung und eventuell steuerstrafrechtlichen Haftungsrisiken, dem Moratorium für Zahlungsverpflichtungen von Verbrauchern und Kleinstunternehmern, Unterstützungsmaßnahmen für Start-ups, das Kurzarbeitergeld, sowie den Erleichterungen für Stiftungen und Vereine und GmbH-Gesellschafterbeschlüsse. Es folgten weitere Beiträge zu Kooperationen im Gesundheitswesen und zu Sachspenden an Krankenhäuser, zum Marktzugang für persönliche Schutzausrüstung und Medizinprodukte, zur Beschlagnahmemöglichkeit von Schutzausrüstung durch den Staat und zu Auswirkungen auf laufende IT-Projekte


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