23. März 2020
Corona Kündigung
Coronavirus: Schutzschirm für die deutsche Wirtschaft Real Estate

Schutz vor Kündigungen von Wohn- und Geschäftsräumen

Die Bundesregierung hat einen Gesetzesentwurf zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie vorgelegt, der kurzfristig verabschiedet werden soll.

Die Bundesregierung erwartet aufgrund der zur Einschränkung der COVID-19-Pandemie erlassenen Maßnahmen, insbesondere der Anordnung von Quarantäne und der Schließung einer Vielzahl von Einrichtungen und Betrieben, erhebliche Einkommensverluste bei Personen und Unternehmen.

Moratorium für Verbraucher und Kleinstunternehmer

Der Gesetzesentwurf sieht u.a. für Verbraucher und Kleinstunternehmer bis zum 30. Juni 2020 ein Leistungsverweigerungsrecht für alle wesentlichen Dauerschuldverhältnisse vor, die bis zum 8. März 2020 geschlossen wurden und wegen der Folgen der COVID-19-Pandemie nicht erfüllt werden können.

Ausschluss der Kündigung für Wohn- und Geschäftsräume

Für Mietverhältnisse gilt dagegen eine Sonderregel, wonach der Vermieter nicht berechtigt ist, das Mietverhältnis – sei es Wohn- oder Geschäftsraum – allein aus dem Grund zu kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.

Steht dem Mieter ein Leistungsverweigerungsrecht zu?

Nein. Die Zahlungspflichten des Mieters werden nicht berührt. Zahlt er nicht, kommt er daher in Verzug und schuldet damit auch Verzugszinsen. Damit kann der Vermieter auch grundsätzlich auf die Mietsicherheit zugreifen. Für die Mietvertragsparteien kann es daher sinnvoll sein, über die Frage der Mietzahlungen eine gesonderte Vereinbarung zu schließen.

Wie lange gilt der Kündigungsausschluss?

Der Ausschluss des Kündigungsrechts gilt bis zum 30. Juni 2022. Etwaige Mietrückstände müssen daher bis spätestens zum 30. Juni 2022 ausgeglichen werden, andernfalls steht dem Vermieter wieder das Kündigungsrecht zu.

Kann der Vermieter aus sonstigen Gründen das Mietverhältnis beenden?

Ja. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt. Der Vermieter kann daher das Mietverhältnis insbesondere wegen einer sonstigen Vertragsverletzung des Mieters kündigen. Ebenso kann der Vermieter unbefristete Geschäftsraummietverträge unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen kündigen.

Muss der Mieter beweisen, dass er wegen der COVID-19-Pandemie nicht zahlen kann?

Ja. Allerdings genügt es, wenn der Mieter den Zusammenhang glaubhaft macht. Mietern ist daher zu raten, ihre wirtschaftliche Situation und deren Ursachen genauestens zu dokumentieren. Kann ein Mieter nachweisen, dass sein Geschäft im engen zeitlichen Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie eingebrochen und durch die laufenden Kosten seine Liquidität aufgebraucht ist, so wird dies der Vermieter kaum widerlegen können. Anders wird dies aber bei Mietern sein, die ihr Geschäft trotz COVID-19-Pandemie fortführen können, so etwa im Lebensmitteleinzelhandel, oder die über hohe Liquiditätsreserven verfügen. Der Gesetzesentwurf ist kein Freifahrtschein für zahlungsunwillige Mieter.

Können die Parteien von der gesetzlichen Regelung abweichen?

Nein. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich der Gesetzesentwurf nur auf den Ausschluss des Kündigungsrechts des Vermieters wegen Nichtleistung der Miete bezieht. So können die Parteien insbesondere Vereinbarungen über die vorübergehende Aussetzung der Miete treffen.

Gilt das Gesetz auch für Pachtverträge?

Ja. Für Pachtverträge gelten die Regelungen ebenfalls.

Regelt das Gesetz auch die Folgen von Betriebsschließungen?

Nein. Der Gesetzesentwurf bezieht sich allein auf die Folgen eines erwarteten Einnahmeausfalls bzw. -rückgangs. Allerdings geht der Gesetzesentwurf im Grundsatz davon aus, dass der Mieter aufgrund der allgemeinen Regelungen des Mietrechts nicht berechtigt ist, wegen der COVID-19-Pandemie die Miete zu mindern.

Können Mieter bei Betriebsschließungen die Miete mindern?

Diese Frage wird die Gerichte vermutlich noch in größerem Umfang beschäftigen.

Bisher ist durch die Rechtsprechung lediglich entschieden, dass Betriebsschließungen, welche an besondere Eigenschaften der Mietsache anknüpfen, z.B. bei Brandschutzmängeln oder einer fehlenden Baugenehmigung, einen Mangel begründen und den Mieter folglich zur Mietminderung berechtigen. Umgekehrt begründen Betriebsschließungen, die an die Person oder den Betrieb des Mieters anknüpfen regelmäßig keinen Mangel der Mietsache und lassen daher die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung unberührt.

Die jetzige Situation, dass die Schließung von Geschäftsräumen angeordnet wird, um die Auswirkungen einer Pandemie einzuschränken, hat es noch nicht gegeben. Es handelt sich hierbei um ein von beiden Seiten nicht vorhergesehenes Risiko. Es scheint daher nicht ausgeschlossen, dem Mieter über das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Anpassung der Miete zu ermöglichen.

Können Mieter bei Betriebsschließungen kündigen?

Auch diese Frage wird vermutlich noch die Gerichte beschäftigen werden. Allerdings dürfte bis auf ganz wenige Ausnahmefälle, etwa wenn andernfalls die Existenz des Mieters bedroht ist, eine Kündigung eines langfristigen Mietverhältnisses wegen einer nur vorübergehenden Betriebsschließung ausgeschlossen sein.

Etwaige Verlängerung der Maßnahmen

Der Gesetzesentwurf ist grds. zu begrüßen, da er der Sicherung der Wohnung und der Geschäftsräume oberste Priorität einräumt. Allerdings wäre sicherlich ein großer Teil der Vermieter auch ohne staatlichen Eingriff in die Vertragsautonomie bereit gewesen, ihren Mietern Zahlungsaufschub zu gewähren. Ob die gesetzliche Regelung genügt, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. Es ist zu befürchten, dass die bloße Aussetzung der Kündigungsmöglichkeit bei Nichtzahlung der Miete bis zum 30. Juni 2020 nicht ausreicht, um die Folgen der jetzigen Einschränkungen des Geschäftslebens zu kompensieren. So sieht auch das Gesetz bereits vor, dass der Zeitraum bis zum 30. September 2020 verlängert werden kann, wenn zu erwarten ist, dass das soziale Leben und die Erwerbstätigkeit einer Vielzahl von Menschen durch die COVID-19-Pandemie weiterhin in erheblichem Maße beeinträchtigt bleibt.

Keine Entlastung für Vermieter

Anders als noch der Vorentwurf des Gesetzes, sieht der jetzige Entwurf nicht mehr die generelle Stundung von Zahlungspflichten unter Darlehensverträgen vor. Vielmehr gilt diese Möglichkeit nur noch für Verbraucher. Professionelle Vermieter bleiben daher unter von ihnen abgeschlossenen Darlehensverträgen verpflichtet, auch wenn sie selbst keine Mieteinnahmen mehr erzielen. Dies dürfte einige Vermieter in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber hierauf nicht doch noch reagiert.

In unserer Blogreihe „Coronavirus: Schutzschirm für die deutsche Wirtschaft″ informieren wir Sie über die getroffenen Hilfsmaßnahmen, deren Wirksamkeit und die sonst zu berücksichtigenden unternehmerischen „Stolpersteine″, die das Coronavirus mit sich gebracht hat. Bisher erfolgt sind Beiträge zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und wie dies bei M&A-Transaktionen hilft, zum CoVInsAG, zum Kurzarbeitergeld und der Kurzarbeitergeldverordnung sowie den Auswirkungen auf Kreditverträge. Es folgten Beiträge zu den steuerlichen Auswirkungen, zur EU-Beihilfemöglichkeiten, zum Schutz vor Kündigungen von Wohn- und Geschäftsräumen und Mietverhältnissen allgemein sowie zum Wirtschaftsstabilisierungsfond und damit verbundenen, offenen Fragen zum WSF. Weiter beschäftigten wir uns mit dem Erlass des BMI zu bauvertraglichen Fragen, mit Finanzhilfen für Unternehmen, den Fördermöglichkeiten und mit den steuerliche Maßnahmen, mit Cash-Pooling und dem Gesetz zum Darlehensnehmerschutz sowie den alternativen Wegen zur Abhaltung von Gesellschafterversammlungen und Aufsichtsratssitzungen.


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Tags: Coronavirus Geschäftsraum Kündigung Wohnung