Aktuell tragen Mieter die CO2-Kosten allein. Ab 2023 sollen Vermieter – gestaffelt nach der Klimabilanz des Gebäudes – an den Kosten beteiligt werden.
In einem gemeinsamen Spitzengespräch am Samstagabend, den 2. April 2022, haben sich Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sowie Bundesbauministerin Klara Geywitz nun doch noch auf eine Art „Teilung“ der CO2-Kosten zwischen Vermietern* und Mietern sowohl bei den Wohn- als auch bei den Nichtwohngebäuden einigen können. Dabei sollen Gebäude zukünftig offenbar – je nach der ihnen zugrunde liegenden Nutzung – unterschiedlich beurteilt werden.
Wohngebäude bzw. gemischt genutzte Gebäude sollen mittels eines sog. Stufenmodelles in insgesamt zehn Kategorien eingeordnet werden; anhand der spezifischen CO2-Emissionen des vermieteten Gebäudes sollen die produzierten CO2-Kosten künftig dann anteilig entsprechend der Verantwortungsbereiche „fair“ zwischen den Beteiligten nach dem Prinzip „Je schlechter die Energiebilanz, desto höher ist der zu tragende Kostenanteil für die Vermieter“ aufgeteilt werden. Bei Nichtwohngebäuden wie z.B. Gewerberäumen soll hingegen eine pauschale 50:50-Aufteilung erfolgen. Doch handelt es sich hierbei dann wirklich um die stets betonte „faire“ Aufteilung?
Die CO2-Kosten-Verteilung – der ewige Streit geht in eine neue Runde
Der ewige Streit um die Kostenverteilung beim CO2-Preis geht in die nächste Runde. Nachdem sich die alte Regierung unter Beteiligung der SPD im Jahre 2021 nach wochenlangem Hin und Her zunächst darauf verständigt hatte, dass alle Mieter und Vermieter sich die CO2-Kosten für Heizöl und Gas (befristet bis 2024) „schlicht teilen“ sollen, scheiterte dieser Vorschlag im Ergebnis dennoch. Zu undifferenziert, keine punktgenauen Anreize für den Klimaschutz etc. Es folgte eine erneute kritische Überprüfung der eigentlich bereits vorliegenden Verständigung – die insbesondere von dem zuständigen Wohnungsbau-Ausschuss der Länderkammer gefordert wurde.
Diese Überprüfung führte nun zumindest bei Wohngebäuden und gemischt genutzten Gebäuden zu einer etwas differenzierteren Betrachtung. Dabei gilt grds.: Je besser der Standard des Gebäudes, umso weniger Kosten trägt der Vermieter künftig im Hinblick auf eine CO2-Bepreisung. Wenn das Gebäude mindestens dem sehr effizienten Standard (EH 55) entspricht, müssen die Vermieter schließlich überhaupt keine CO2-Kosten mehr tragen. Hierdurch sollen insbesondere weitergehende Anreize für eine entsprechende Modernisierung der Gebäude geschaffen werden. Ob die von der Regierung gesetzten Ziele mit einer solchen Differenzierung indes erreicht werden, erscheint fraglich. Erste Verfassungsrechtler haben bereits vor dem Hintergrund des Eingriffs in Art. 14 GG (der u.a. „Eigentum“ gewährleistet und vor entsprechenden hoheitlichen Eingriffen schützt) verfassungsrechtliche Bedenken.
Noch fragwürdiger ist sodann die Tatsache, dass Gebäude – je nach ihrer Nutzung – unterschiedlichen Regelungen unterliegen sollen. Denn bei „Nichtwohngebäuden“ greift pauschal und beständig die 50:50-Aufteilung, die bereits im Koalitionsvertrag als Möglichkeit festgelegt wurde. Als Begründung für die abweichende Behandlung der Gebäude wird angeführt, dass aufgrund der Heterogenität dieser Gebäude erforderliche Datengrundlagen zur Einordnung und Erfassung der Gebäude fehlen würden, um bereits jetzt eine valide Berechnung der Abstufungen für Nichtwohngebäude vornehmen zu können. Zumindest stellt der Gesetzgeber diesbezüglich aber auch in Aussicht, dass diese Daten in den kommenden zwei bis drei Jahren bereitgestellt werden.
Es ist bereits absehbar, dass diese spezifischen Regelungen, die zum 1. Januar 2023 in Kraft treten sollen, neben dem Verfassungsgericht auch diverse andere Gerichte beschäftigen wird.
Ein erster Blick lässt erkennen, dass schon die Frage des „Nichtwohngebäudes“ auslegungs- bzw. klärungsbedürftig sein dürfte. Führt bspw. die an den Hausmeister vermietete Wohnung zu einer Einordnung als „gemischt genutztes Gebäude“ und damit zu dem Stufenplan? Ist die 50:50-Regelung vor dem Hintergrund dieser schwammigen Einordnung überhaupt haltbar, falls andere Gebäude ohnehin „fairer“ behandelt werden? Es ist kaum vorstellbar, dass sich der gewerbliche Vermieter eines Gebäudes, das dem sehr effizienten Standard EH 55 nahezu entspricht, diesen Standard aber gerade so nicht erreicht, mit einer 50:50-Aufteilung begnügen wird – wenn der Wohnraummieter keine Kosten zu tragen hat.
Zumindest für Nichtwohngebäude wie z.B. Gewerberäume wird sich darüber hinaus noch die Frage der Relevanz der vorliegenden Regelungen stellen. Denn derzeit ist bspw. vorgesehen, dass die Mietparteien sich auf einen anderweitigen Ausgleich einigen können – z.B. über die Mietkosten. Dies dürfte zunächst einmal dazu führen, dass zahlreiche Vermieter ihren Mietern zukünftig Post senden werden, um diesen anderweitigen Ausgleich mittels abweichender Regelungen im Mietvertrag und über die Mietkosten durchzusetzen.
Da zudem geplant ist, die Regelungen für Wohngebäude bzw. gemischt genutzte Gebäude in zwei bis drei Jahren auch auf Nichtwohngebäude anzuwenden, ist insgesamt eine saubere Regelung notwendig, die alle Eventualitäten unmittelbar mitumfasst.
Dies gilt insbesondere auch für nunmehr im Raume stehende neu abzuschließende Mietverträge.
Augen auf bei Vertragsabänderungen: Schriftformverstöße denkbar
Neben der sauberen Regelung im Hinblick auf alle zukünftigen Eventualitäten ist zudem darauf zu achten, dass mit einem etwaigen „anderweitigen Ausgleich“, z.B. über die Mietkosten, keine Schriftformverstöße i.S.d. § 550 BGB im Rahmen von Gewerberaummietverhältnissen produziert werden. Solche Schriftformverstöße führen dazu, dass selbst langfristig abgeschlossene Mietverträge plötzlich ordentlich kündbar werden. Dabei hat der BGH (BGH, Urteil v. 25. November 2015 – XII ZR 114/14) gerade im Hinblick auf Änderungen des Mietzinses bereits beschlossen:
Jeder Cent schadet.
Selbst marginale Anpassungen führen mithin zu ungewollten Ergebnissen. Hierauf ist dementsprechend – neben der sauberen vertraglichen Regelung im Hinblick auf alle zukünftigen Eventualitäten – besonderes Augenmerk zu legen.
In unserer Serie „Environment and Climate Change“ sind wir eingegangen auf neue Gesetze im Energierecht, den Inhalt des 12. Deutschen Energiekongresses, haben uns mit dem Mieterstrom, mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes und der H2-Politik und der Herstellerhaftung in Russland befasst sowie die Konsultation und das Feedback zur BNetzA-Konsultation Wasserstoffnetze dargestellt. Weiter beschäftigt haben wir uns mit der Wasserstoffstrategie der Bundesregierung, der Einwegkunststoffverbotsverordnung, dem „Green Deal“, den Auswirkungen der EU-Taxonomie auf die Immobilienwirtschaft und der Wasserstoffstrategie in Ungarn. Anschließend sind wir auf das Fit-for-55-Maßnahmenpaket und die Entwicklungen in der nationalen Wasserstoffstrategie der Türkei, auf die Beschaffungen des Bundes, die Auswirkungen der Sondierungsgespräche auf die Immobilienbranche sowie auf die 10 Punkte des BMWK für nachhaltigen Wettbewerb eingegangen. Zuletzt beschäftigt haben wir uns mit dem Ausschluss fossiler Brennstoffe durch Bauplanungsrecht und mit dem Jobrad.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.