15. Juni 2020
Corona IFRS
Coronavirus - Handlungsempfehlungen für Unternehmen Steuerrecht

Corona – (Mögliche) Auswirkungen auf die Rechnungslegung nach IFRS

Auswirkungen der Pandemie auf den IFRS-Abschluss – Alter Wein in neuen Schläuchen oder spezifische Vorgehensweise bei der Abbildung etwaiger Auswirkungen im Rahmen der Rechnungslegung nach IFRS?

In unserem Blogbeitrag vom 29. April 2020 hatten wir mögliche Auswirkungen der grassierenden Coronakrise auf die nationale Rechnungslegung nach HGB dargestellt. Für viele, insbesondere international agierende Unternehmen, ist die Frage der Auswirkungen auf die Rechnungslegung nach IFRS von nicht minder großem Interesse. Unterschiede können sich aus der teilweise grundlegend abweichenden Konzeption der Rechnungslegung nach IFRS ergeben.

Ausgewählte Themenkreise zur Rechnungslegung nach IFRS mit besonderer Praxisrelevanz werden nachfolgend dargestellt und näher erläutert. Hierbei werden auch die Unterschiede zur Rechnungslegung nach HGB thematisiert und Gemeinsamkeiten aufgezeigt.

Bilanzielle Berücksichtigungspflicht nach IFRS zum 31. Dezember 2019?

Für die Rechnungslegung nach HGB besteht in der Literatur größtenteils Einvernehmen darüber, dass die globale Verbreitung des Coronavirus eine wertbegründende Tatsache darstellt und damit die Auswirkungen zum 31. Dezember 2019 nicht bilanziell abzubilden sind. 

Einer weitestgehend übereinstimmenden Beurteilung folgt auch die Rechnungslegung nach IFRS. Hier liegt ein nicht zu berücksichtigendes Ereignis i. S. d. IAS 10 vor, wenn ein Ereignis lediglich Gegebenheiten anzeigt, die erst nach dem Abschlussstichtag eingetreten sind. Die Begründung zur bilanziellen Nichtberücksichtigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie im handelsrechtlichen Abschluss findet sich also auch bei der Rechnungslegung nach IFRS wieder: Die rasche Ausbreitung des Virus innerhalb des Quartals 2020 hin zu einer pandemischen Bedrohung lässt keine Rückschlüsse zu, dass die Ausbreitung in ihrer Schnelligkeit und ihrem Ausmaß bereits allein aufgrund der Gegebenheiten im Jahr 2019 zu erwarten war. In 2019 war vielmehr die Zahl der Infizierten noch überschaubar und vorwiegend regional begrenzt. Daher ist ebenso nach IFRS-Grundsätzen von einem nicht zu berücksichtigungspflichtigen Ereignis auszugehen.

Für nicht berücksichtigungspflichtige Ereignisse (häufig auch als wertbeeinflussende Ereignisse bezeichnet) können auch im IFRS-Abschluss Erläuterungen im Anhang erforderlich sein. Gem. IAS 10.21 sind beispielsweise insbesondere wesentliche wertbeeinflussende Ereignisse zu erläutern. Von einer Wesentlichkeit kann unzweifelhaft immer dann ausgegangen werden, wenn sich aus Abschlussadressatensicht aufgrund dieser wertbeeinflussenden Information eine abweichende Beurteilung des True and Fair View ergäbe. Die Erläuterung umfasst sowohl die Art des Ereignisses als auch die Schätzung der finanziellen Auswirkungen oder eine Aussage über die Unmöglichkeit einer solchen Schätzung.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Behandlung hinsichtlich der Abgrenzung zwischen Wertaufhellung/Wertbegründung sowie der Berichtspflichten im Anhang nach IFRS und HGB weitestgehend identisch ist. Auch in einem IFRS-Abschluss dürfte für nach dem 31. Dezember 2019 endende Berichtsjahre in aller Regel von einem berücksichtigungspflichtigen Ereignis ausgegangen werden. D.h. die Auswirkungen der Coronakrise wären in diesem Abschluss bilanziell zu berücksichtigen. Dies gilt auch bereits für die Quartalsberichtserstattung während des Geschäftsjahres 2020.

Wertminderungsprüfung für nicht finanzielle Vermögenswerte nach IFRS für nach dem 31. Dezember 2019 beginnende Berichtszeiträume

Die Coronakrise kann in vielerlei Hinsicht zu einer Wertminderung bilanzierter Vermögenswerte führen. Nicht finanzielle Vermögenswerte sind davon nicht weniger betroffen als finanzielle Vermögenswerte. Marktpreisminderungen oder die mit der Coronakrise vielfach ausgelöste Minderung des betrieblichen Nutzungswertes einzelner Vermögenswerte durch Wegfall/Verschiebung von Cashflows sind nur zwei gängige Beispiele, die eine Wertminderung nach sich ziehen können.

Unterscheidung in qualifizierte und nicht qualifizierte Vermögenswerte nach IAS 36

Die IFRS unterscheiden bei der Prüfung der Notwendigkeit der Abschreibung nicht finanzieller Vermögenswerte nach IAS 36 zwischen planmäßig abzuschreibenden (unqualifizierten) und (noch) nicht planmäßig abzuschreibenden (qualifizierten) Vermögenswerten. Während qualifizierte Vermögenswerte zum einen jährlich unabhängig vom Vorliegen von Wertminderungsindikatoren und zum anderen bei Vorliegen von Anhaltspunkten einer Wertminderung einem Werthaltigkeitstest zu unterziehen sind, werden unqualifizierte Vermögenswerte lediglich bei Vorliegen von Wertminderungsindikatoren einem sog. Impairment-Test zum Bilanzstichtag unterzogen.

Hinweis: Bei unqualifizierten Vermögenswerten handelt es sich typischerweise um Sachanlagevermögen oder planmäßig abzuschreibende immaterielle Vermögenswerte. Qualifizierte Vermögenswerte sind z.B. im Goodwill aus Unternehmenszusammenschlüssen, immateriellen Vermögenswerten mit unbestimmten Nutzungsdauern oder Anlagen im Bau, die noch nicht planmäßig abgeschrieben werden, zu sehen.

Coronakrise verpflichtet zur Durchführung von Werthaltigkeitstests bei Vorlage von Anhaltspunkten für eine Wertminderung

Indikatoren für eine Wertminderung (sog. triggering event) sind z.B. eine wesentliche Änderung des betrieblichen Umfeldes, in dem der Vermögenswert eingesetzt wird, signifikante negative Auswirkungen der dem Vermögenswert zuzuordnenden Cashflow ausweislich des innerbetrieblichen Berichtswesens oder auch (indirekte) staatliche Eingriffe in den Preisbildungsprozess. Die genannten Indikatoren werden bei Unternehmen verbreitet im Rahmen der Coronakrise vorliegen. Das IDW geht davon aus, dass für die Mehrzahl der Unternehmen zumindest Anhaltspunkte für eine Wertminderung einzelner Vermögenswerte vorliegen (vgl. IDW-Hinweise vom 25. März 2020, S. 1). Gleichwohl wird sich der Grad der Betroffenheit unternehmens- und branchenabhängig stark unterscheiden. Bei der Analyse der Betroffenheit wird es häufig angebracht sein Szenarioanalysen heranzuziehen, da sich die konkreten Auswirkungen derzeit nicht auf nur ein mögliches Szenario beschränken lassen. Zu unterschiedlich ist der Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität oder der Nachfrage nach Produkten einer Geschäftseinheit in verschiedenen Pandemieszenarien.

Durchführung eines Wertminderungstest nach IAS 36

Ist der erzielbare Betrag niedriger als der Buchwert, liegt eine außerplanmäßige Wertminderung vor. Dabei ist der erzielbare Betrag der höhere Wert aus Nutzungswert oder beizulegender Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten.

Hinweis: Liegt also entweder der Nutzungswert oder der beizulegende Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten über dem Buchwert, ist keine Wertminderung zu erfassen.

Der Bestimmung des Nutzungswertes liegt ein Barwertkalkül zugrunde. An dieser Stelle wird der Gedanke einer ertragswertorientierten Unternehmensbewertung aufgegriffen. Die Cashflows und Diskontierungszinssätze bei der Bestimmung des Nutzungswertes werden vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie überprüft und ggfs. korrigiert werden müssen.

Marktbasierte oder kostenbasierte Bewertungsansätze sind für die Bestimmung des Nutzungswertes nicht zulässig. Häufig können einem Vermögenswert allerdings keine Zahlungsmittelzu- und abflüsse isoliert zugeordnet werden. Dies bedingt vielfach die Notwendigkeit der Bildung einer sog. zahlungsmittelgenerierenden Einheit (cash generating unit, CGU). Eine CGU ist nach den Standards internationaler Rechnungslegung (IFRS) die kleinste identifizierbare Gruppe von Vermögenswerten, die Mittelzuflüsse erzeugt, die weitestgehend unabhängig von den Mittelzuflüssen anderer Vermögenswerte oder anderer Gruppen von Vermögenswerten sind (IAS 36.6). Schwierigkeiten bei der Ermittlung eines Nutzungswertes ergeben sich insbesondere bei der Abgrenzung der CGU, der adäquaten Ermittlung des Nutzungswertes und der Aufteilung des ermittelten Nutzungswertes der CGU auf die in der CGU erfassten Vermögenswerte.

Zur Ermittlung des Nettoveräußerungswertes ist eine abgestufte Bewertungshierarchie zu berücksichtigen. Der Nettoveräußerungswert sollte in erster Linie möglichst an einem bindenden Angebot oder an einem bereits abgeschlossenen Vertrag ausgerichtet sein. Hilfsweise kann der dem Vermögenswert zugrunde liegende, beobachtbare Preis auf einem aktiven Markt herangezogen werden. Lediglich nachrangig ist die Ermittlung nach bestmöglichen Informationen. Hier kommt insbesondere Veräußerungen ähnlicher Vermögenswerte in der Branche besondere Bedeutung zu. In Ermangelung vergleichbarer Transaktionen kann für die Ermittlung auch eine Kapitalwertberechnung durchgeführt werden.

Hinweis: Die Wertminderungsprüfung gestaltet sich nach IFRS aufwendiger als im HGB. Dies ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass im HGB eine außerordentliche Abschreibung im Anlagevermögen nur für den Fall der dauerhaften Wertminderung vorgesehen ist. Zudem wird die aufwendige Ableitung eines Wertminderungsbetrages unter Heranziehung einer CGU eher die seltene Ausnahme als die Regel darstellen.

Wertminderungsprüfung bei Finanzinstrumenten nach IFRS 9

Finanzinstrumente nach IFRS 9 finden sich in weiten Teilen der Bilanz wieder. Als Finanzinstrumente gelten alle auf rechtsgeschäftlicher Grundlage stehenden vertraglichen Ansprüche und Verpflichtungen, die unmittelbar oder mittelbar auf den Austausch von Zahlungsströmen gerichtet sind (IAS 32.AG3 – IAS 32.AG10). Allerdings wird nicht jedes Finanzinstrument zwingend nach IFRS 9 bilanziert. Es gibt eine Reihe von Ausnahmen, die einer Bilanzierung nach IFRS 9 vorgehen.

Hinweis: Zum Hauptanwendungsbereich des IFRS 9 gehören u.a. Forderungen/Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistungen, Sichteinlagen, Festgelder, bestimmte Kreditzusagen und sonstige Vermögenswerte/Verpflichtungen, die auf den Austausch von Zahlungsmitteln gerichtet sind wie z.B. Anleihen oder Schuldverschreibungen.

Expected Credit Loss-Model (ECL-Model) definiert Vorgehensweise bei der Wertminderungsprüfung

Das ECL-Model verlangt, erwartete Verluste zu schätzen und vorausschauend Informationen zu berücksichtigen. Dabei ist ein unvoreingenommener und wahrscheinlichkeitsgewichteter Ausfallbetrag, der durch die Bewertung einer Reihe möglicher Szenarien bestimmt wird, aus angemessenen und vertretbaren Informationen über vergangene Ereignisse, aktuelle Bedingungen und Prognosen zukünftiger wirtschaftlicher Bedingungen abzuleiten (vgl. IFRS 9.5.5.17).

Systematisch erfolgt die Vorgehensweise durch die Kategorisierung in verschiedene Stufen. Auf der ersten Stufe ist bereits zum Erwerbszeitpunkt der innerhalb der nächsten 12 Monate nach Erwerbszeitpunkt zu erwartende Verlust zu bestimmen. Zum Abschlussstichtag hat sich diese Beurteilung zu wiederholen. Die Berechnung erfolgt, indem die erwarteten Zahlungsströme mit der Wahrscheinlichkeit eines Ausfalles innerhalb der nächsten 12 Monate multipliziert werden. Die Ausfallwahrscheinlichkeit wird jedoch auf den gesamten Nominalbetrag und nicht lediglich auf die Zahlungen innerhalb der nächsten 12 Monate bezogen.

Ist das Kreditausfallrisiko signifikant gestiegen, erfolgt auf der zweiten Stufe die Ermittlung der Wertminderung mit der Wahrscheinlichkeit eines Ausfalles innerhalb der verbleibenden Restlaufzeit des Finanzinstrumentes. Maßgeblich ist die Beurteilung der Signifikanz des Risikoanstieges zum Abschlussstichtag. Hier hat ein Vergleich des Ausfallrisikos des aktuellen Stichtages mit dem Ausfallrisiko des vorangegangenen Abschlussstichtags zu erfolgen. Der betragsmäßige Anstieg eines potentiellen Ausfalls ist dagegen nicht entscheidend. Die Zinserfassung erfolgt innerhalb der Stufen 1 und 2 (noch) auf Basis des Bruttobuchwertes vor Wertminderung.

Bestehen objektive Hinweise auf ein Impairment, ist das Finanzinstrument der Stufe 3 zuzuordnen. Im Unterschied zur Stufe 2, erfolgt die Zinserfassung auf Basis des Nettobuchwertes nach Korrektur um die zu erwartende Wertminderung für die verbleibende Restlaufzeit des Finanzinstrumentes.

Spezifische Anforderungen im Expected Credit Loss Model durch Corona veranlasst?

Die zentrale Frage ist, welche Auswirkungen die aktuellen Geschehnisse auf die dargestellte Wertminderungsprüfung bzw. das Ausfallrisiko haben und wie die Einschätzung hinsichtlich (eines signifikanten Anstiegs) des Ausfallrisikos unternehmensseitig getroffen werden kann. Welchen Aspekten haben die Unternehmen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie bei der vorzunehmenden Beurteilung besondere Aufmerksamkeit zu schenken?

In erster Linie ergeben sich aus der Coronakrise keine eigenständigen Anforderungen an die (Folge-)Bewertung nach IFRS 9. Die Beurteilung ergibt sich systematisch umfassend aus dem Standard selbst. Gleichwohl hat die Coronakrise derart umfassende Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und beinhaltet zudem wegen der kaum vorhersehbaren weiteren Entwicklungen eine große Unsicherheit, die es erforderlich macht, einigen Einzelregelungen des Standards besondere Beachtung zu schenken.

IFRS 9, B5.5.17 stellt zunächst zur Beurteilung eines signifikanten Anstiegs des Ausfallrisikos klar, dass diesbezüglich eine ganzheitliche Beurteilung einer Reihe von quantitativen und qualitativen Indikatoren vorzunehmen ist. Die Beurteilung hat das Ausfallrisiko über die gesamte erwartete Laufzeit zu erfassen. Es gilt, zwischen Auswirkungen auf das Kreditrisiko während der erwarteten Laufzeit und nur vorübergehenden Auswirkungen auf die Liquidität zu unterscheiden. Nationale und internationale Unterstützungsprogramme für Unternehmen und Branchen sind zu berücksichtigen, wenn dadurch das Ausfallrisiko beeinflusst/gemindert wird. Dies stellt auch die ESMA (European Securities and Markets Authority) in ihrem veröffentlichten Statement vom 25. März 2020 zu den Auswirkungen von COVID-19 auf die Berechnung des Ausfallrisikos klar und gibt weitere Hinweise zur Vorgehensweise bei der Bewertung des Ausfallrisikos.

Hinweis: Das veröffentlichte Statement der ESMA ist von dem CEAOB (europäische Aufsichtstelle für Abschlussprüfer) ausdrücklich akzeptiert und ist im Austausch mit dem ISAB (Standardsetter für die Rechnungslegung nach IFRS) entstanden.

ESMA gibt Hilfestellung bei der Beurteilung

Grundlegend stellt die ESMA fest, dass die Krise nicht als eine pauschale Rechtfertigung zu einem undifferenzierten Transfer von Finanzinstrumenten in eine höhere Kategorisierung verstanden werden darf. Im Rahmen der Pandemie ergriffene staatliche/behördliche Maßnahmen, die Zahlungsaussetzungen oder -verzögerungen erlauben, erfordern oder fördern, dürfen sich nicht unreflektiert auf die Beurteilung eines signifikanten Anstieges des Ausfallrisikos auswirken. Eine Zahlungsverzögerung darf daher nicht als automatischer Auslöser für einen signifikanten Anstieg des Ausfallrisikos, mithin der Einstufung in Stufe 2 betrachtet werden. Nach IFRS 9, B5.5.20 ist zwar in einer Zahlungsverzögerung von mehr als 30 Tagen eine Vermutung für einen signifikanten Anstieg des Kreditrisikos zu sehen. Die Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Häufig werden wirtschaftliche Unterstützungsmaßnahmen geeignet sein, um diese Vermutung zu entkräften. Cashflows aus der Verwertung von Sicherheiten sind in die Bewertung des Ausfallrisikos einzubeziehen, wenn sie integraler Bestandteil der Vertragsbedingungen und nicht separat zu erfassen sind (vgl. IFRS 9, B5.5.55).

Vielfach werden Bilanzierende Schwierigkeiten haben, die Auswirkungen von COVID-19 auf das jeweilige Finanzinstrument zu erfassen. Insbesondere wird es kaum möglich sein, vernünftige und tragfähige Wirtschaftsprognosen zu erstellen. Bei der Bemessung der erwarteten Verluste wird tendenziell auch ein höheres Gewicht auf die stabileren langfristigen Entwicklungsszenarien zu legen sein. Kurzfristige und überschießende Entwicklungen sollen dadurch in ihrer Tragweite nicht übergewichtet werden. Aufgrund der bestehenden Unsicherheit kann es hilfsweise erforderlich sein, die Beurteilung auf kollektiver Basis für eine Gruppe oder Untergruppe von Finanzinstrumenten durchzuführen (vgl. IFRS 9, B5.5.1-5.5.5). Der Gruppenbildung sind gleichartige Ausfallcharakteristiken zugrunde zu legen. Diese können z.B. in der Art des Finanzinstruments, der Besicherung, der verbleibenden Restlaufzeit oder der Risikoeinstufung anhand von Ratings liegen (vgl. IFRS 9, B5.5.5).

Nicht zuletzt betont die ESMA die Wichtigkeit, alle in die Beurteilung der tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen von COVID-19 einbezogenen Informationen offenzulegen. Dies ermöglicht es den Adressaten selbst, die aufgezeichneten erwarteten Verluste zu bewerten und die zugrundeliegenden Annahmen und Beurteilungen zu verstehen. Dies beinhaltet auch, in welcher Weise zukunftsgerichtete Informationen und Unterstützungsmaßnahmen in die Bewertung miteingeflossen sind.

Corona und Auswirkungen auf das Going Concern Prinzip – Gleichklang von HGB und IFRS

Im Normalfall ist – wie in der Rechnungslegung im HGB – das Going Concern Prinzip geltende Grundlage der Rechnungslegung nach IFRS (vgl. Conceptual Framework (CF) CF.3.9). Inhaltlich bestehen drei zu beachtende Vorgaben bei der Beurteilung der Fortführungsprämisse nach IAS 1.25ff, die auch im HGB gelten:

  • Der Beurteilungshorizont für die Prognose darf einen Zeitraum von 12 Monaten nach Abschlussstichtag nicht unterschreiten.
  • Bestehen bei positiver Fortführungsprognose gleichwohl erhebliche Zweifel, ist dies im Anhang offenzulegen.
  • Ist nicht mehr von einer Fortführung mit hinreichender Sicherheit auszugehen, ist die Änderung der Bilanzierungsgrundsätze im Anhang darzulegen.

Wie im HGB stellt die Coronakrise nach den IFRS ebenfalls keine eigenständigen Anforderungen an die Beurteilung der Fortführungsprämisse. Es gelten die Anforderungen, die auch in anderen Krisensituationen an die Beurteilung gestellt werden müssen. An dieser Stelle kann auf die kurzen Ausführungen unseres eingangs erwähnten Blogbeitrags vom 29. April 2020 zu den Auswirkungen der Coronakrise auf die Fortführungsprognose nach HGB verwiesen werden.

In unserer Blogserie zu „Coronavirus: Handlungsempfehlungen für Unternehmen″ zeigen wir anhand der aktuellen Situation unternehmensbezogene Stolpersteine auf, die in Krisenzeiten zu beachten sind. Bereits erschienen sind Beiträge zu Verhandlungen, Verjährungen und Verfristungen sowie Haftungsfragen bei Absagen von Messen- und Veranstaltungen, zum Datenschutz trotz Corona und zu  Möglichkeiten von Aktiengesellschaften zur Cash-Ersparnis sowie Vermögensübertragungen zu steuergünstigen Konditionen. In weiteren Beiträgen gehen wir ein auf die Erstellung eines Notfallplans, auf Vertriebsverträge und Tips Lieferanten in Krisenzeiten und auf Auswirkungen auf Lebensmittel- und Hygieneverordnungen. Im Anschluss haben wir uns mit der streitigen (gerichtliche) Auseinandersetzung befasst, sind auf kartellrechtliche Auswirkungen sowie die Bedeutung für den Kapitalmarkt eingegangen. Näher befasst haben wir uns auch mit „infizierten″ Vertragsverhandlungen, den Änderungen in Mittel- und Osteuropa sowie mit klinischen Studien und dem neuen EU-Leitfaden für Sponsoren uns Prüfärzte. Weiter geht es mit Pflichten zur Abgabe der Steuererklärung und eventuell steuerstrafrechtlichen Haftungsrisiken, dem Moratorium für Zahlungsverpflichtungen von Verbrauchern und Kleinstunternehmern, Unterstützungsmaßnahmen für Start-ups, das Kurzarbeitergeld, sowie den Erleichterungen für Stiftungen und Vereine und GmbH-Gesellschafterbeschlüsse. Es folgten weitere Beiträge zu Kooperationen im Gesundheitswesen und zu Sachspenden an Krankenhäuser, zum Marktzugang für persönliche Schutzausrüstung und Medizinprodukte, zur Beschlagnahmemöglichkeit von Schutzausrüstung durch den Staat und zu Auswirkungen auf laufende IT-Projekte


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