25. Februar 2020
Coronavirus MAC-Klausel
Coronavirus - Handlungsempfehlungen für Unternehmen Mergers & Acquisitions (M&A)

Infektion von M&A-Transaktionen durch das Coronavirus?

Das Coronavirus macht auch vor M&A-Transaktionen keinen Halt. MAC-Klauseln können greifen oder sollten entsprechend gestaltet werden.

Das Coronavirus hat derzeit Europa fest im Griff, während aus China berichtet wird, dass dort die Wirtschaft bereits wieder anläuft. In Europa und Amerika sind die Börsen deutlich eingebrochen und wichtige Bereiche der Industrie sind von der Krise schwer betroffen. Das Coronavirus ist daher auch in der Rechtsberatung allgegenwärtig. Dies betrifft zum einen arbeitsrechtliche Fragestellungen, zum anderen die Relevanz des Virus bei Lieferbeziehungen, aber auch gesellschaftsrechtliche Unternehmenstransaktionen, also M&A.

Coronavirus stellt Akteure vor neue Herausforderungen bei M&A-Deals

Bei Unternehmenstransaktionen ist für Verkäufer und Käufer die Geschäftslage des zu erwerbenden Unternehmens, also des Targets, entscheidend. Produktions- und Lieferunterbrechungen aufgrund des Coronavirus haben hierauf natürlich Einfluss.

Die entstehenden Unsicherheiten sind für Transaktionen mit neuen Herausforderungen verbunden. Dies gilt nicht nur für die Frage, ob sich ein Kauf oder Verkauf zum aktuellen Zeitpunkt überhaupt anbietet, also welche Aussichten das Geschäftsmodell des Targets aktuell hat. Daneben ist auch zu prüfen, welche möglichen Auswirkungen das Coronavirus auf laufende Transaktionen hat. Besteht aufgrund der bisherigen Vertragslage zum Beispiel ein Rücktrittsrecht des Käufers, wenn das Target aufgrund des Coronavirus aktuell oder zukünftig erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen muss? Gerade bei laufenden Transaktionen wird man darüber nachdenken müssen, ob und wenn ja in welcher Form man die (potentiellen) Auswirkungen des Coronavirus vertraglich abbildet.

MAC-Klauseln und Coronavirus

Vertraglich vereinbarte Rücktrittsrechte ergeben sich häufig aus Material Adverse Change-Klauseln, kurz MAC-Klauseln. Diese gewähren dem Käufer ein Rücktrittsrecht, wenn sich zwischen Unterzeichnung des Vertrags, also dem Signing, und dem Vollzug des unterzeichneten Vertrags, also dem Closing, Dinge ereignen, die die Kennzahlen des Targets schwerwiegend beeinträchtigen. Da man sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aber oft kaum ausmalen kann, welche Dinge passieren können, die solch schwerwiegenden Einfluss auf die Kennzahlen des Targets haben, sind MAC-Klauseln häufig sehr abstrakt gefasst.

Üblicherweise gelten folgende Ereignisse als MAC-Events: Militärische Konflikte, Naturkatastrophen oder sonstige Ereignisse, die die Industrie schwerwiegend beeinträchtigen. Ob dabei das Coronavirus als Naturkatastrophe, vergleichbar mit einem schweren Erdbeben oder einem verheerenden Hurrikan, eingestuft werden kann oder nicht, hängt von der Ausgestaltung der individuellen MAC-Klausel und der Beurteilung im Einzelfall ab.

Schwerwiegende Beeinträchtigungen jetzt und in Zukunft

Darüber hinaus besteht auch auf der Folgenseite oft erheblicher Beurteilungs- und Argumentationsspielraum. Selbst wenn sich der Ausbruch des Coronavirus als MAC-Event einstufen ließe, so bliebe doch vielfach offen, wann die daraus folgende Beeinträchtigung der Unternehmenskennzahlen als schwerwiegend einzustufen ist.

Um dies rechtssicher festzuzurren, bedarf es einer klaren Definition der Schwellenwerte, bei der unter anderem festgelegt werden sollte, ob auch zu erwartende (also noch nicht sichere) Einbußen in den folgenden Quartalen als schwerwiegende Beeinträchtigungen anzusehen sind. Selbst wenn eine MAC-Klausel im Unternehmenskaufvertrag vereinbart wurde und diese mit überzeugender Argumentation als Rechtsgrund für die Ausübung eines Rücktrittsrechts angesehen werden könnte, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass die Transaktion deshalb auch tatsächlich abgebrochen wird. Häufig dient sie dem Käufer vielmehr als Anlass, um den Kaufpreis nachzuverhandeln. Der strategische Wert des Targets bleibt zumeist bestehen, so dass das Interesse des Käufers am Target ebenfalls trotz eines MAC-Events erhalten bleibt – jedenfalls bei einer entsprechenden Kaufpreisanpassung.

International unterschiedlich verbreitet

Ob eine MAC-Klausel im Vertrag vereinbart ist, unterliegt regionalen Schwankungen. So zeigt die CMS M&A-Study 2019, dass in Europa nur in ca. 15% der M&A-Kaufverträge eine MAC-Klausel zu finden ist – in den USA allerdings in 97% aller M&A-Kaufverträge (in 2018 und Q1 2019 laut der Private Target Mergers & Acquisitions Deal Points Study der amerikanischen Bar Association). In Europa sind diese Zahlen über die letzten Jahre sehr konstant geblieben – dies hängt sicher auch mit der aktuell starken Position der Verkäufer zusammen, die die mit MAC-Klauseln einhergehenden Unsicherheiten nicht ohne weiteres auf sich nehmen möchten.

Vertragsgestaltung: MAC-Klauseln auf Folgen des Coronavirus anpassen

Solange das Coronavirus wütet, ist den Käufern eines Unternehmens zu raten, dies bei der Formulierung einer MAC-Klausel zu beachten und die Definition eines MAC-Events entsprechend anzupassen. So könnte idealer Weise die massenhafte Ausweitung eines Krankheitserregers direkt in den MAC-Beispielskatalog mit aufgenommen werden, ebenso ein starker Auftragsrückgang beim Target oder ein Einbruch des Aktienmarkts.

Daneben sollte die Klausel aber auch bei Störungen im Umfeld des Targets (Kunden/ Lieferanten) ausgeweitet werden – ansonsten könnte es passieren, dass bspw. an dem Kaufvertrag für ein Unternehmen festgehalten werden müsste, sofern die Geschäftszahlen des Unternehmens selbst noch nicht eingebrochen sind, obwohl eine solche Beeinträchtigung im Branchenumfeld absehbar ist Die Schwellenwerte, ab denen das Rücktrittsrecht der MAC-Klausel greift, sind ebenfalls eindeutig festzulegen, um auch auf der Rechtsfolgenseite Rechtssicherheit zu schaffen.

Eine entsprechende Ausweitung der MAC-Klausel durch den Käufer wird der Verkäufer wegen der damit einhergehenden Transaktionsunsicherheit abwehren wollen. Zur Auflösung der unterschiedlichen Interessenlage zwischen Käufer und Verkäufer kann eventuell die Vereinbarung einer angemessenen „Break up fee″ beitragen, wie sie oftmals bei MAC-Klauseln verhandelt werden. Zieht der Käufer die MAC-Klausel und tritt zwischen Signing und Closing von der Transaktion zurück, so hätte er dem Verkäufer eine mit der Break up fee im Vorhinein festgelegte Summe zu bezahlen.

In unserer Blogserie zu „Coronavirus: Handlungsempfehlungen für Unternehmen″ zeigen wir anhand der aktuellen Situation unternehmensbezogene Stolpersteine auf, die in Krisenzeiten zu beachten sind. Bereits erschienen sind Beiträge zu Verhandlungen, Verjährungen und Verfristungen sowie Haftungsfragen bei Absagen von Messen- und Veranstaltungen, zum Datenschutz trotz Corona und zu  Möglichkeiten von Aktiengesellschaften zur Cash-Ersparnis sowie Vermögensübertragungen zu steuergünstigen Konditionen. In weiteren Beiträgen gehen wir ein auf die Erstellung eines Notfallplans, auf Vertriebsverträge und Tips Lieferanten in Krisenzeiten und auf Auswirkungen auf Lebensmittel- und Hygieneverordnungen. Im Anschluss haben wir uns mit der streitigen (gerichtliche) Auseinandersetzung befasst, sind auf kartellrechtliche Auswirkungen sowie die Bedeutung für den Kapitalmarkt eingegangen. Näher befasst haben wir uns auch mit „infizierten″ Vertragsverhandlungen, den Änderungen in Mittel- und Osteuropa sowie mit klinischen Studien und dem neuen EU-Leitfaden für Sponsoren uns Prüfärzte. Weiter geht es mit Pflichten zur Abgabe der Steuererklärung und eventuell steuerstrafrechtlichen Haftungsrisiken, dem Moratorium für Zahlungsverpflichtungen von Verbrauchern und Kleinstunternehmern, Unterstützungsmaßnahmen für Start-ups, das Kurzarbeitergeld, sowie den Erleichterungen für Stiftungen und Vereine und GmbH-Gesellschafterbeschlüsse. Es folgten weitere Beiträge zu Kooperationen im Gesundheitswesen und zu Sachspenden an Krankenhäuser, zum Marktzugang für persönliche Schutzausrüstung und Medizinprodukte, zur Beschlagnahmemöglichkeit von Schutzausrüstung durch den Staat und zu Auswirkungen auf laufende IT-Projekte


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