12. Mai 2020
Corona Marke
Coronavirus - Handlungsempfehlungen für Unternehmen Markenrecht

COVID-19: Der neue Trend: „Corona-Marken″ – Chancen und Risiken

Wie wahrscheinlich ist die Eintragung von Anmeldungen mit Bezug zu "COVID" & "Corona"? Was ist zu beachten, wenn Sie aus "Corona-Marken" angegriffen werden?

Wie fast alle Bereiche des Wirtschaftslebens ist auch der Gewerbliche Rechtsschutz und insbesondere das Markenrecht gegenwärtig stark von der COVID-19 Pandemie betroffen.

Eine Vielzahl von „Corona-Marken″ – also Marken, die einen Bezug zu der COVID-19 Pandemie haben – sind in den letzten Monaten bei den Markenämtern weltweit angemeldet worden.

Weltweit zahlreiche Markenanmeldungen zu Corona oder COVID

Das Deutsche Patent und Markenamt (DPMA) veröffentlichte in den letzten Monaten knapp 70 „Corona″-Markenanmeldungen, das Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) immerhin über 50 Anmeldungen, die unmittelbar die Begriffe „Corona″ oder „COVID″ enthielten.

In den Vereinigten Staaten gingen seit Januar etwa 700 Markenanmeldungen beim US-Patent- und Markenamt ein, die entweder die Begriffe „Corona″ oder „COVID″ enthalten oder aber auf andere Weise einen inhaltlichen Bezug zur COVID-19 Pandemie haben.

In China wurde für die hohe Anzahl von knapp 500 Markenanmeldungen in diesem Kontext sogar eine Fast-Track-Verfahren für die Bearbeitung dieser Anmeldungen durch das chinesische Markenamt eingerichtet.

Beispiele für solche „Corona″-Markenanmeldungen sind die Unionsmarkenanmeldungen „Coronavirus Killer″ eines deutschen Anmelders (angemeldet für Desinfektionsmittel) und „CORONAVIRUS″ eines spanischen Anmelders (angemeldet u.a. für „alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)″).

Aber auch zahlreiche „Corona-Bildmarken″ wurden als Unionsmarken angemeldet. Zum Beispiel

EU 018226083 (u.a. für medizinischen Mundschutz und Bekleidung) und

EU 018230080 (u.a. für Tracing-Apps) wurden angemeldet

(Bilderquelle: EUIPO Markenregister, Urheber unbekannt).

Erwähnenswert ist, dass bei den Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen der „Corona-Markenanmeldungen″ ein Schwerpunkt im Bereich der medizinischen Ausstattung und Pharmaprodukte sowie auf Bekleidung und im weitesten Sinne „Unterstützungsdienstleistungen für den Alltag″ wie z.B. Lieferdienste für Waren liegt.

Unter den Anmeldern befinden sich namhafte Unternehmen, genauso aber auch einige „Glücksritter″ und sicherlich auch einige unseriöse Anmelder, die sich durch „Corona-Anmeldungen″ lediglich eine „überzeugendere″ Ausgangsituation für Abmahnungen schaffen wollen.

Corona-Markenanmeldungen als Chancen und Risiken für Unternehmen

Für Unternehmen ist das Thema „Corona-Markenanmeldungen″ momentan in zweierlei Hinsicht relevant:

Zum einen sehen zahlreiche Anmelder – zumindest auf den ersten Blick – mögliche wirtschaftliche Chancen in der Monopolisierung von Begriffen in Bezug auf die COVID-19 Pandemie. Vielleicht wollen sie sich durch entsprechende Markenanmeldungen aber auch nur gegen die Monopolisierung der Corona-Begriffe durch Dritte absichern.

Zum anderen kommt bei Unternehmen bereits vermehrt die Frage auf, ob bei der Benutzung der Begriffe „Corona″ und „COVID″ mit Abmahnungen zu rechnen ist. Es zeichnet sich ab, dass die Unsicherheit zu dieser Frage angesichts der steigenden Anzahl von „Corona-Markenanmeldungen″ weiterhin zunehmen wird.

„Corona-Marken″ – eintragungsfähig oder nicht?

Ob Markenanmeldungen eingetragen werden oder nicht, bemisst sich an dem Vorliegen etwaiger absoluter oder relativer Eintragungshindernisse:

Die zuständigen Markenämter prüfen von Amtswegen, ob zu beachtende absolute Schutzhindernisse bestehen. Die als Marke angemeldeten Zeichen dürfen nicht rein beschreibend für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen sein und müssen auch Unterscheidungskraft aufweisen. Beschreibende und nicht unterscheidungskräftige Begriffe sollen nicht monopolisierbar und frei für die Benutzung sein.

Vor diesem Hintergrund wird es die Markenanmeldung „Coronavirus Killer“ für Desinfektionsmittel wohl schwer haben, zur Eintragung zu gelangen. Bei Bildmarken verhält es sich dies schon anders. Wenn diese Wortelemente enthalten (Wort-/Bildmarken), die lediglich beschreibend sind, werden diese Zeichen, wenn überhaupt, durch die grafischen Bestandteile geprägt. Sind diese unterscheidungskräftig, steht einer Eintragung meist nichts im Wege.

Absolute Eintragungshindernisse liegen regelmäßig auch vor, wenn die einzutragenden Zeichen täuschenden Charakter haben (Art. 7 Abs. 1 lit. g UMV, § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG) oder gegen die öffentliche Ordnung oder gar die guten Sitten verstoßen (Art. 7 Abs. 1 lit. f UMV, § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG).

Auch diese Eintragungshindernisse könnten „Corona-Markenanmeldungen″ oft entgegenstehen. Zum Beispiel könnte eine Marke täuschenden Charakter haben, wenn sie den Anschein erweckt, eine bestimmte Ware oder Dienstleistung schütze gegen die Infektion mit dem Coronavirus, dies aber tatsächlich nicht zutrifft.

Wenn Markenanmeldungen – wie etwa solche mit dem Bestandteil „CORONA-PARTY″ – einen Bezug zwischen einer Pandemie mit hunderttausenden Opfern und Vergnügungsveranstaltungen herstellen, könnte dies durchaus gegen anerkannte Moralvorstellungen und daher gegen die guten Sitten verstoßen.

Das EUIPO legte in Bezug auf die „Moralklausel″ der Unionsmarkenverordnung (Art. 7 Abs. 1 lit. f UMV) in der Vergangenheit einen vergleichsweise strengen Maßstab an (vgl. die EUIPO Entscheidungen zu der Anmeldung „Fack Ju Göhte″, z.B. Fünfte Beschwerdekammer, 1. Dezember 2016, R 2205/2015-5 – im Vorlauf zu den Entscheidungen von EuG und EuGH).

Es existieren aber auch einige ältere Marken mit dem Bestandteil „Corona″ aus der Zeit vor dem Auftreten von COVID-19. Bekanntestes Beispiel hierfür dürfte die Wortmarke „Corona″ der Cerveceria Modelo de México für Bier sein. Inhaber solcher älteren Marken können gegen neue Corona-Markeninhaber Widerspruch einlegen und damit relative Eintragungshindernisse geltend machen. Ist eine ältere Marke zudem bekannt, steigen die Erfolgschancen eines solchen Widerspruchs, gerade in Bezug auf Waren und Dienstleistungen die entfernter oder gar unähnlich sind.

Anmeldung von „Corona-Marken″ begegnet zahlreichen Bedenken

„Corona-Markenanmeldungen″ werden – wie dargestellt – nur eingetragen werden, wenn sie unterscheidungskräftig und nicht nur beschreibend für die gewünschten Waren und Dienstleistungen sind. Aufgrund der COVID19-Pandemie und der umfangreiche Benutzung des Begriffs „CORONA″ wird dieser wohl für sehr viel mehr Waren und Dienstleistungen als rein beschreibend anzusehen sein als vor der Pandemie.

Eintragungsfähig werden hingegen Zeichen sein, die darüber hinaus einen nicht rein beschreibenden und unterscheidungskräftigen Bestandteil enthalten, wie z.B. die Kombination mit einem unterscheidungskräftigen Bildelement, zumindest soweit eine solche Eintragung nicht gegen die guten Sitten verstößt und nicht täuschenden Charakter hat. Der Markenschutz umfasst dann aber gerade nicht den beschreibenden Bestandteil.

Zudem bestehen im nicht-beschreibenden Bereich oft ältere Marken, von denen Gefahr im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens ausgeht.

Die Monopolisierung der Begriffe „Corona″ und „COVID″ im Rahmen der derzeit herrschenden Pandemie gestaltet sich damit aus markenrechtlicher Sicht schwierig.

Eher geringes Abmahn-Risiko bei der Benutzung des Begriffs „Corona″

Unternehmen, die im Zusammenhang mit dem Vertrieb ihrer Waren und Dienstleistungen Begriffe wie „Corona″ oder „COVID″ benutzen, stehen vor der Frage, inwieweit sie sich dem Risiko ausgesetzt sehen, dass sie wegen einer Markenverletzung abgemahnt werden.

Zunächst einmal kann man von der Tatsache, dass eine „Corona-Markenanmeldung″ für bestimmte Waren und Dienstleistungen angemeldet wurde, nicht automatisch auf ein rechtliches Risiko einer Abmahnung schließen. Abmahnungen aus Markenanmeldungen, die noch nicht eingetragen sind, sind grundsätzlich unwirksam, da das Ausschließlichkeitsrecht des Markeninhabers erst mit der Eintragung entsteht.

Sollte es eine „Corona-Markenanmeldung″ trotz der oben beschriebenen Schwierigkeiten doch zur Eintragung schaffen, könnte sich für Unternehmen das tatsächliche Risiko einer Abmahnung möglicherweise erhöhen. Bei der beschreibenden Benutzung der Begriffe „Corona″ und „COVID″ sollte das rechtliche Risiko aber eher gering sein.

Insoweit ist der Schutzbereich der Marke, aus der abgemahnt wird, genau zu prüfen. Oft wird sich dieser dann wohl auf andere unterscheidungskräftige und nicht beschreibende Bestandteile als „Corona″ oder „COVID″ beziehen.

„Abmahnunternehmen″ könnten versuchen, mit ihren „Corona-Markenanmeldungen″ oder, wenn es soweit kommt, „Corona-Markeneintragungen″ vorzugeben, Ansprüche wegen Verletzung aufgrund der Benutzung der Begriffe „Corona″ oder „COVID″ zu haben, obwohl sich ihr Markenschutz tatsächlich nicht auf diese Begriffe erstreckt. Diese Praxis von „Abmahnunternehmen″ ist bekannt. Gerade bei der beschreibenden Benutzung der Begriffe „Corona″ und „COVID″ im Geschäftsverkehr sollte also ein nicht allzu großes rechtliches Risiko durch solche Abmahnungen bestehen.

Bei dem Erhalt einer entsprechenden Abmahnung gilt es, zu prüfen, inwieweit die Abmahnung berechtigt ist. Sollte sich herausstellen, dass eine unberechtigte Abmahnung eingegangen ist, können Unternehmen auch von der Verteidigung in den „Angriffsmodus″ wechseln und selbst das abmahnende Unternehmen abmahnen.

Vorsichtiger sollten Unternehmen in den Bereichen sein, in denen die Begriffe „Corona″ und „COVID″ nicht beschreibend und gar unterscheidungskräftig sind. Dort kann die Benutzung dieser Begriffe tatsächlich eine Markenverletzung darstellen. So wird man zum Beispiel wohl eher nicht Bier unter dem Namen „Corona″ zum Verkauf anbieten wollen.

Einheitliche Erteilungspraxis wünschenswert

Es bleibt abzuwarten, in welcher Weise die Markenämter mit der ganzen Bandbreite der „Corona-Markenanmeldung″ umgehen werden. Interessant wird dabei insbesondere sein, wie weit die Markenämter den Bereich des beschreibenden Charakters der Begriffe „Corona″ und „COVID″ einschätzen werden. Dabei wäre insgesamt eine möglichst einheitliche Erteilungspraxis wünschenswert.

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass in dem 23. Liaison-Meeting des EUIPO am 6. Mai 2020 Markenanmeldungen mit Bezug auf Corona bereits Diskussionsgegenstand waren. Solche Liaison-Meetings des EUIPO dienen dem Austausch von Markenexperten, wie den Vertretern der nationalen Markenämter der EU, Vertretern der Europäischen Kommission sowie Vertreter von Nutzerverbänden mit dem EUIPO. Dies dient unter anderem der Zusammenarbeit zwecks besserer Abstimmung von Verfahren und Instrumentarien (Artikel 152 UMV). Die große Anzahl der „Corona-Markenanmeldung″ hat also wohl bereits dazu geführt, dass Bedarf an einer Abstimmung hinsichtlich der Erteilungspraxis gesehen wurde. Es bleibt abzuwarten, wie diese Erteilungspraxis aussehen wird.

Es könnte aber davon auszugehen sein, dass der Welle der Anmeldung von „Corona-Marken″ eher eine Welle der Markenzurückweisungen als eine Welle der Eintragungen folgen wird.

In unserer Blogserie zu „Coronavirus: Handlungsempfehlungen für Unternehmen″ zeigen wir anhand der aktuellen Situation unternehmensbezogene Stolpersteine auf, die in Krisenzeiten zu beachten sind. Bereits erschienen sind Beiträge zu Verhandlungen, Verjährungen und Verfristungen sowie Haftungsfragen bei Absagen von Messen- und Veranstaltungen, zum Datenschutz trotz Corona und zu  Möglichkeiten von Aktiengesellschaften zur Cash-Ersparnis sowie Vermögensübertragungen zu steuergünstigen Konditionen. In weiteren Beiträgen gehen wir ein auf die Erstellung eines Notfallplans, auf Vertriebsverträge und Tips Lieferanten in Krisenzeiten und auf Auswirkungen auf Lebensmittel- und Hygieneverordnungen. Im Anschluss haben wir uns mit der streitigen (gerichtliche) Auseinandersetzung befasst, sind auf kartellrechtliche Auswirkungen sowie die Bedeutung für den Kapitalmarkt eingegangen. Näher befasst haben wir uns auch mit „infizierten″ Vertragsverhandlungen, den Änderungen in Mittel- und Osteuropa sowie mit klinischen Studien und dem neuen EU-Leitfaden für Sponsoren uns Prüfärzte. Weiter geht es mit Pflichten zur Abgabe der Steuererklärung und eventuell steuerstrafrechtlichen Haftungsrisiken, dem Moratorium für Zahlungsverpflichtungen von Verbrauchern und Kleinstunternehmern, Unterstützungsmaßnahmen für Start-ups, das Kurzarbeitergeld, sowie den Erleichterungen für Stiftungen und Vereine und GmbH-Gesellschafterbeschlüsse. Es folgten weitere Beiträge zu Kooperationen im Gesundheitswesen und zu Sachspenden an Krankenhäuser, zum Marktzugang für persönliche Schutzausrüstung und Medizinprodukte, zur Beschlagnahmemöglichkeit von Schutzausrüstung durch den Staat und zu Auswirkungen auf laufende IT-Projekte


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