Patronatserklärungen weisen vielseitige Gestaltungsmöglichkeiten auf. Will man sie als Sanierungsmittel verwenden, kommt es entscheidend auf ihren Inhalt an.
Ein beliebtes Mittel zur Sanierung von Unternehmen in der Krise sind Patronatserklärungen. Diese können auf die jeweilige Situation des Unternehmens maßgeschneidert werden.
Der Begriff der Patronatserklärung beschreibt als Sammelbegriff eine Fülle unterschiedlicher Unterstützungserklärungen. Meist begegnet einem die Patronatserklärung im Konzernverbund. Hier zielt die Erklärung der Muttergesellschaft bzw. des Gesellschafters (Patron) üblicherweise darauf ab, für die nötige finanzielle Ausstattung einer Tochtergesellschaft, die Schuldner eines Dritten ist, zu sorgen. Auf diese Weise soll die Bonität der patronierten Gesellschaft (Protegé) – entweder durch Erklärungen gegenüber dem Gläubiger oder gegenüber dem Schuldnerunternehmen – verbessert werden. Im Falle der drohenden Insolvenzreife können die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung dadurch vermieden oder beseitigt werden.
Verschiedene Erscheinungsformen – Nicht jede Patronatserklärung taugt als Sanierungsmittel
Allgemein unterscheidet man zwischen weichen und harten sowie zwischen externen und internen Patronatserklärungen.
Unter einer weichen Patronatserklärung versteht man eine allgemein gehaltene reine Wissenserklärung des Patrons. Denkbar ist etwa die Erklärung einer Konzernmutter, jederzeit hinter ihrer Tochtergesellschaft zu stehen. Solche Zusagen und Bestätigungen bezeichnet man auch als Good–Will-Erklärungen. Aus der Erklärung ergibt sich keine Verpflichtung des Patrons zur finanziellen Ausstattung des Protegés. Als Sanierungsinstrument ist sie damit ungeeignet.
Demgegenüber sind harte Patronatserklärungen solche, die den Patron zur Herstellung oder Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Protegés verpflichten. Begründet wird hier eine vertragliche Verpflichtung der Muttergesellschaft zur Ausstattung ihrer Tochter mit den erforderlichen (finanziellen) Mitteln. Deshalb spricht man in diesem Zusammenhang auch häufig von einem Patronatsvertrag oder einer Patronatsvereinbarung. Inhalt und Umfang der Verpflichtung können dabei frei vereinbart werden. Es kommt daher entscheidend auf die Formulierung der Patronatserklärung an.
Externe harte Patronatserklärung als Kreditsicherungsmittel
Mit der externen harten Patronatserklärung verpflichtet sich der Patron gegenüber dem Gläubiger des Protegés, die Zahlungsfähigkeit des Protegés sicherzustellen, sodass dieser jederzeit in der Lage ist, die gesicherten Verbindlichkeiten zu erfüllen. Die Erfüllung der Ausstattungspflicht kann in der Regel nur der Gläubiger verlangen. Der Protegé erlangt keinen Wertzuführungs- oder Zahlungsanspruch gegen den Patron.
Zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit des Protegés hat der Patron mehrere Möglichkeiten. Er kann dem Protegé z.B. Barmittel direkt zuführen oder Forderungen gegen ihn stunden oder erlassen. Möglich ist auch die Gewährung von Darlehen oder die Zuführung von Eigenkapital an die patronierte Gesellschaft, auch in Form von Sachmitteln.
Verpflichtung zur Wertzuführung an den Protegé, auch nach Kündigung
Der Patron haftet zunächst nicht unmittelbar für die Verbindlichkeiten. Er trägt lediglich das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Protegés. Erfüllt dieser seine Zahlungsverpflichtung trotz vorhandener Mittel nicht, resultiert daraus keine Pflichtverletzung des Patrons. Werden hingegen die zugeführten Mittel bei der Tochtergesellschaft durch andere Gläubiger gepfändet oder nicht zur Befriedigung des durch die Patronatserklärung gesicherten Gläubigers verwendet, sondern anderweitig weitergeleitet, trifft den Patron grundsätzlich eine Nachschusspflicht, um die Zahlungsunfähigkeit der patronierten Tochtergesellschaft zu verhindern. Hier ist besondere Sorgfalt bei der Vertragsgestaltung geboten.
Achtung: Enthält die Patronatserklärung eine Kündigungsmöglichkeit, befreit die Kündigung nur vor künftiger Haftung. Bereits entstandene Verpflichtungen bleiben trotz Kündigung gegenüber dem Protegé bestehen.
Interne harte Patronatsvereinbarung als Sanierungsmittel
Die interne harte Patronatsvereinbarung betrifft das Verhältnis zwischen Patron und Protegé. Das Versprechen des Patrons zur Wertzuführung richtet sich hier an den Protegé, nicht an dessen Gläubiger. Derart ausgestaltet stellt die interne harte Patronatserklärung ein Finanzierungs- oder Sanierungsmittel dar. Als solche kann sie zur Vermeidung der Insolvenzantragspflicht dienen.
Der Inhalt der Ausstattungsverpflichtung gegenüber dem patronierten Unternehmen ist meist ein anderer als der gegenüber den Gläubigern. Die Patronatserklärung beinhaltet oftmals sog. Liquiditätszusagen oder -garantien oder aber Verlustdeckungszusagen. Diese können beschränkt werden, z.B. auf einen Sanierungszweck oder bestimmten Zeitraum oder Umfang. Darüber hinaus ist auch denkbar, dass sich der Patron nur zur Erfüllung bestimmter Verbindlichkeiten des Protegés verpflichtet. Maßgeblich für den Inhalt ist auch hier die zwischen Patron und Protegé getroffene Vereinbarung.
Keine Insolvenzantragspflicht aufgrund Patronatserklärung
Durch entsprechende Ausgestaltung der Patronatsvereinbarung kann die Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO vermieden werden. Auch hier ist zwischen interner und externer harter Patronatserklärung sowie zwischen den Insolvenzgründen der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit zu unterscheiden.
Vermeidung von Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit
Eine Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne liegt nach § 19 Abs. 2 S. 1 InsO dann vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, dass die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Der Überschuldungstatbestand beinhaltet demzufolge zwei zentrale Komponenten: die rechnerische Überschuldung und die Fortbestehensprognose.
Begründung einer positiven Fortbestehensprognose
Zielt man auf die rechtliche Beseitigung der Überschuldung, kann mit einer Patronatserklärung unter bestimmten Voraussetzungen eine positive Fortbestehensprognose begründet werden. Diese umfasst drei Elemente: Ein Fortführungskonzept und Fortführungswille, mittelfristig eine positive Ertragskraft und schließlich eine Durchfinanzierung des Unternehmens bis zum Ende des nächstens Geschäftsjahres.
Soweit aufgrund einer internen Patronatserklärung ein Liquiditätszufluss realistisch erwartet werden kann, kann die darauf basierende Liquiditätsplanung die Basis für eine Durchfinanzierung sein.
Voraussetzung hierfür ist jedoch ein vollständiger Verzicht des Patrons auf den Rückzahlungsanspruch oder dessen Stundung über einen längeren Zeitraum. Zu berücksichtigen ist, dass bei einer befristeten Ausstattungszusage, die zeitlich unter dem Prognosezeitraum liegt, die positive Fortbestehensprognose meist zu verneinen sein wird.
Aber auch die externe Patronatserklärung kann für die Prognosedurchführung von Bedeutung sein. Hier sind Zuwendungen Dritter dann zu berücksichtigen, wenn sie rechtlich gesichert sind und ihre Durchführung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Diese Wahrscheinlichkeit steigt, je geringer die gesicherten Forderungen des Gläubigers sind. Kündbare externe Patronatserklärungen sind so lange zu berücksichtigen, wie ihre Kündigung nicht zu erwarten ist.
Entgegenwirken der rechnerischen Überschuldung
Die Prüfung, ob eine rechnerische Überschuldung vorliegt, erfolgt durch die Aufstellung eines stichtagsbezogenen Status des Vermögens und der Schulden. Auf der Aktivseite sind bei der Aufstellung der Überschuldungsbilanz sämtliche Vermögenswerte des Schuldners einzustellen, die im Insolvenzfall für die Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung stehen. Hierbei sind auch Zahlungsansprüche aufgrund einer Patronatserklärung zu berücksichtigen.
Voraussetzung für das Ansetzen des Anspruchs des Protegés auf der Aktivseite ist, dass der Patron leistungsfähig und der Anspruch damit werthaltig ist. Ist die Patronatserklärung betragsmäßig limitiert, kann die bilanzielle Überschuldung zudem nicht beseitigt werden, sofern der Betrag die Höhe der Unterdeckung nicht erreicht. Bei der Vertragsgestaltung muss insbesondere darauf geachtet werden, dass die Passivierung des Rückzahlungsanspruchs den Anspruch auf der Aktivseite nicht direkt wieder ausgleicht.
Da die externe Patronatserklärung keine eigenen Ansprüche des Protegés gegen den Patron begründet, ist sie für sich genommen zur Vermeidung der Überschuldung nicht geeignet. Wirksamkeit entfaltet sie erst, wenn der Patron seine eingegangenen Verpflichtungen durch Liquiditätsausstattung der patronierten Tochtergesellschaft tatsächlich erfüllt.
Entgegenwirken der Zahlungsunfähigkeit
Patronatserklärungen können auch der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO entgegenwirken.
Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seinen fälligen Zahlungspflichten nachzukommen. Der BGH hat dies dahingehend konkretisiert, dass regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist, wenn die Liquiditätslücke des Schuldners 10% oder mehr beträgt, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.
Interne Patronatserklärungen sind bei der Ermittlung des geldwerten Vermögens des Protegés zu berücksichtigen, sofern sie eine Verpflichtung zur Ausstattung mit Liquidität enthalten und der Anspruch gegen den Patron vollwertig ist. Keine Auswirkungen entfaltet hingegen die externe Patronatserklärung. Dem Protegé steht in diesem Fall kein eigener Anspruch gegen den Patron auf Liquidität zu. Für die Beseitigung der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit ist die Patronatserklärung als solche ungeeignet. Erst mit Wiederaufnahme der Zahlungen kann diese beseitigt werden.
Aktuell: Die Patronatserklärung unter dem COVInsAG
Die Patronatserklärung bietet sich als Sanierungsmittel für Unternehmen an, die noch mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen haben.
Aktuell gilt, dass die Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung ausgesetzt ist. Dies ändert sich ab dem 1. Januar 2021. Um die Verpflichtung zur Stellung eines Insolvenzantrags zu umgehen, kann eine Patronatserklärung abgegeben werden. Vorteilhaft ist, dass Gesellschafterdarlehen, welche im Zeitraum der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gewährt werden, in gewissem Rahmen privilegiert sind. Eine Rückgewähr eines solchen Darlehens, worunter auch die Patronatserklärung fallen kann, gilt nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 COVInsAG als nicht gläubigerbenachteiligend. Zu beachten ist, dass eine Besicherung eines solchen Darlehens nicht privilegiert ist.
Unsere Beitragsreihe informiert rund um die Restrukturierung eines Unternehmens innerhalb und außerhalb einer Insolvenz. Den Auftakt machte eine Einführung in die Unternehmensinsolvenz und -restrukturierung. In den folgenden Beiträgen beleuchteten wir die Haftung von Geschäftsführern bei Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung sowie das Insolvenzgeld und die Insolvenzgeldvorfinanzierung in der Praxis. Des Weiteren widmeten wir uns der Reform zum neuen Insolvenzanfechtungsrecht, der Insolvenzantragspflicht und den Insolvenzgründen für Unternehmen. Anschließend berichteten wir über die Entscheidung des EuGH zum Beihilfecharakter der Sanierungsklausel sowie die Vorverlagerung des Zeitpunkts der Zahlungsunfähigkeit. Daraufhin setzten wir uns mit dem Ablauf des Insolvenzantrags und des Insolvenzeröffnungsverfahrens und dem Insolvenzantrag durch Gläubiger auseinander. Danach wurde die Insolvenzforderung vs. Masseforderung, Verkürzung des Schutzes durch D&O – Versicherungen und Forderungen und Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz betrachtet. Weiter erschienen Beiträge zum Insolvenzantrag bei drohender Zahlungsunfähigkeit – Entmachtung des Gesellschafters oder Haftungsfalle für die Geschäftsführung, zu Gläubigerrechten in der Krise oder Insolvenz des Schuldners, zu Gläubigerausschuss und Gläubigerversammlung sowie zu Pensionsansprüchen des beherrschenden GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers in der GmbH-Insolvenz. Es folgten Beiträge zum Schutz vor der Insolvenzanfechtung durch Bargeschäfte und der Steuerfreiheit für Sanierungsgewinne. Anschließend erschien ein Beitrag zum Wahlrecht des Insolvenzverwalters sowie Beiträge zum fehlenden Fiskusprivileg in der vorläufigen Eigenverwaltung, der ESUG Evaluation und zur Mindestbesteuerung in der Insolvenz. Auch erschienen Beiträge zur Aufrechnung in der Insolvenz, zu Aus- und Absonderungsrechten und zum Insolvenzplanverfahren sowie zum Lieferantenpool. Weiter haben wir zu Folgen und Wirkungen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, über das Konzerninsolvenzrecht und die Treuepflichten in der Krise sowie Cash Pooling als Finanzierungsinstrument im Konzern berichtet. Zuletzt klärten wir über die Haftung von Geschäftsführern und Vorständen für Zahlungen in der Krise, über das französische Insolvenzverfahren, die Procédure de Sauvegarde und Sauvegarde financière accélérée, sowie die Forderungsanmeldung und Haftung von Geschäftsleitern für Verletzungen von Steuerpflichten auf. Ebenfalls zeigen wir die Grundlagen von Sanierungskonzepten und Sanierungsgutachten auf und gehen auf das Verhältnis von Kurzarbeiter- und Insolvenzgeld ein. Zuletzt haben wir uns mit dem Datenschutz im Asset-Deal beschäftigt.